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Kurt Ceipek
 

Das ORF-TV-Duell zwischen Alexander Van der Bellen und Norbert Hofer unter der Leitung von Ingrid Thurnher bescherte dem öffentlich-rechtlichen Sender ein Image-Fiasko. Auch Wochen nach der Wahl bleibt vor allem Thurnhers Tempelberg-Vorwurf an Hofer – es habe den von ihm beschriebenen Vorfall gar nicht gegeben – ein medialer Aufreger ersten Ranges.

Dass sich der Beitrag sehr schnell als – milde ausgedrückt – „schlecht recherchiert“ entpuppte, bescherte dem ORF die Peinlichkeit, den Fehler in der ZIB 1 am Tag nach dem TV-Duell eingestehen zu müssen. Aus der Welt geschafft war er damit allerdings nicht und wie viele Wählerstimmen der Vorwurf der Lüge dem Präsidentschaftskandiaten Hofer gekostet hat, wird nie zu eruieren sein.

Mittlerweile hat das Nachrichtenmagazin „Profil“ enthüllt, dass ORF-Moderator und stellvertretender Chefredakteur Armin Wolf darauf gedrängt habe, das Thema in der Diskussion anzuschneiden. Er hatte den Vorfall federführend recherchiert – allerdings höchst unzureichend, wie eingangs erwähnt. Laut „Profil“-Informationen habe Ingrid Thurnher im Vorfeld abgelehnt, diese Frage an Hofer zu stellen. Schon vor dem „Profil“-Artikel soll es in der ORF-Redaktionssitzung am Tag nach der Diskussion heftige Vorwürfe gegen Armin Wolf gegeben haben.

Nach Erscheinen des Profil-Beitrags versuchte Wolf sich halbherzig zu rechtfertigen. Auf Twitter schrieb er: „Die Profil-Behauptung ist nachweislich falsch. Die Entscheidung, das Thema im ,TV-Duell’ zu behandeln, kam nicht von mir.“ Den Nachweis suchte man allerdings vergeblich.

Den musste wohl Ingrid Thurnher beisteuern, die freiwillig erklärte oder zu erklären hatte, sie sei „von niemandem gedrängt“ worden. ORF-Insider argwöhnen, sie habe Wolf den Gefallen dieser Feststellung getan, um den ORF-internen Streit nicht weiter ausufern zu lassen.

Mittlerweile war der Vorfall auch schon Thema der Sitzung des ORF-Publikumsrates, wo Walter Marschitz, Mitglied dieses Gremiums, von einem „journalistischen Supergau“ sprach und Aufklärung über das Zustandekommen der Entscheidung forderte, warum das Thema Tempelberg im „TV-Duell“ angeschnitten worden ist. Der journalistische Grundsatz von „check“, „re-check“ und „double-check“ sei nicht beachtet worden. So einen Beitrag in einer wahlentscheidenden Diskussion zu bringen, könne kein kleiner Redakteur entscheiden, zeigte sich Marschitz überzeugt.

Davon fühlte sich ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz angegriffen und rechtfertigte sich: „Ich war in die Entscheidung nicht involviert. Das ist ganz sicher nicht die Aufgabe des Generaldirektors.“ Er fühlte sich aber auch gleich bemüßigt, die ins Kreuzfeuer geratenen ORF-Journalisten in Schutz zu nehmen. Es sei „nicht zu akzeptieren, dass unsere Journalisten von irgendjemandem zum Rücktritt aufgefordert werden.“

Für einen kritischen ORF-Beobachter drängt sich da schon die Frage auf: Warum darf man ORF-Mitarbeiter oder -Chefs, die unglaubliche Fehler begangen haben, nicht zum Rücktritt auffordern?