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Werner Reichel
 

Samstag kurz nach neun. Ich stehe in der Küche, mache mir einen Kaffee und drehe das Radio auf. Ö1. Es laufen die Nachrichten.  Die Moderatorin spricht von zwei „Zwischenfällen“. Ich erfahre, dass ein Somalier unter „Allahu Akbar“-Rufen in Brüssel zwei Soldaten mit einem Messer attackiert hat. Der zweite „Zwischenfall“ hat sich in London ereignet. Vor dem Buckingham Palace. Hier hat ein „Angreifer“ Polizisten ebenfalls mit einem Messer attackiert. Worte wie Islamismus, Islam, blutige Terrorwelle oder gar Krieg fallen in den Berichten nicht, es werden auch keine Verbindungen zu anderen „Zwischenfällen“, die sich mittlerweile täglich in Europa ereignen, hergestellt.  Einfach Zwischenfälle. Mit Angreifern.

Auf die Nachrichtensendung folgen die „Hörbilder“. Es wird, wie an jedem anderen Tag auch auf Ö1, die NS-Vergangenheit aufgearbeitet. Diesmal geht es um einen Wiener Rechtsanwalt, der sich Teile der umfangreichen Bibliothek, darunter auch das wertvolle Autograph eines Gustav-Mahler-Liedes, des jüdischen Intellektuellen Guido Adler angeeignet hat.  Die Macher dieses spannenden Radio-Features nehmen dabei eine Position ein, die dem Hörer vermittelt, sie hätten dieses Unrecht nicht tatenlos mitangesehen, sie hätten dagegen angekämpft, sie könnten die damaligen menschenverachtenden Vorgänge nicht verstehen und nachvollziehen.

Wie konnte das nur geschehen, warum sind damals so wenige Menschen dagegen aufgetreten, warum haben alle den Mund gehalten haben die Entwicklungen und Ereignisse ignoriert und den Kopf in den Sand gesteckt? Diese Fragen schwingen während des ganzen "Hörbildes" im Hintergrund mit.

Die Sendung ist aus. Mir fallen die Ö1-Nachrichten mit den beiden „Zwischenfällen“ ein. Vielleicht, in einigen Jahrzehnten, werden Historiker und Journalisten ähnliche Beiträge über die 2010er Jahre und jene Menschen produzieren, die damals von der rasanten Ausbreitung einer menschenverachtenden, blutigen, totalitären Ideologie nichts mitbekommen haben wollen, obwohl es damals durchaus auch Menschen gab, die davor gewarnt haben und die dafür marginalisiert und kriminalisiert worden sind. Auch sie werden nicht begreifen können, wie damals Menschen diese Entwicklungen ignorieren und ihren Kopf in den Sand stecken konnten.