ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Werner Reichel (Öffentlich-rechtlich: Mo, 15.05.2017, 07:28)
Auch die Zeit des ORF ist vorbei

In Österreich geht eine Ära zu Ende. Das rot-schwarze Proporzsystem mit der Sozialpartnerschaft und den politischen Netzwerken, die alle gesellschaftlichen Bereiche durchdringen, ist am Ende. Die Versuche von Christian Kern, der zunehmend zur tragischen Figur wird, diesem innerlich verfaulten Machtapparat wieder Leben einzuhauchen, sind kläglich gescheitert. Die Republik steht vor einem Neustart.

Teil des absterbenden Systems war und ist der ORF. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war sogar ein extrem wichtiger Teil, eine unverzichtbare Stütze des rot-schwarzen Netzwerkes. Als es in Österreich nur FS1, FS2, keine anderen Rundfunksender und vor allem kein Internet gab, hatte der ORF eine enorme politische und propagandistische Macht, die er stets für seine Zwecke, die sich weitgehend mit jenen der SPÖ deckten, einzusetzen wusste. Der ORF war ein nicht zu unterschätzender politischer Machtfaktor. Das öffentlich-rechtliche TV war und ist - abgesehen vom für die Bundespolitik unbedeutenden Landeshauptleute-TV - seit Ende der 1960er Jahre fest in roter Hand, selbst unter Gerd Bacher. Die ÖVP hatte sich in der Medienpolitik Jahrzehnte lang von der der SPÖ über den Tisch ziehen lassen. Die Sozialisten waren sich stets bewusst, wie wichtig der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die Erhaltung und den Ausbau ihrer politischen Macht ist. Dementsprechend war die rote Medienpolitik.

Der ORF hat über die Jahre die österreichische Politik und Gesellschaft geprägt, hat mit seiner ideologischen Schlagseite die Wahlergebnisse zugunsten der linken Reichshälfte massiv beeinflusst und den Grünen, die seit langem eine Satellitenpartei der SPÖ sind, eine Bedeutung verschafft, die ihnen aufgrund ihrer bescheidenen Wahlergebnisse niemals zugestanden wäre. Dass Österreich seit 1970 mit Ausnahme der Schüssel-Jahre ausschließlich von SPÖ-Kanzlern regiert worden ist, wäre ohne den mächtigen ORF nicht denkbar gewesen. Die SPÖ hat dem ORF viel zu verdanken, der ORF hat der SPÖ viel zu verdanken.

Aus diesem Grund haben SPÖ und ORF über viele Jahre erfolgreich – nachzulesen in meinem Buch „Die roten Meinungsmacher“ -  die Liberalisierung des Rundfunks verhindert und sogar eine Verurteilung durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Kauf genommen. SPÖ und ORF sind eine Zweckpartnerschaft, eine Symbiose eingegangen. Linke Hofberichterstattung wurde gegen Sonderrechte und Privilegien eingetauscht. Ein österreichisches Erfolgsmodell.

Jetzt bricht das alte politische System wie ein Kartenhaus zusammen. Zu offensichtlich sind die Schäden, die dieses System in den vergangenen Jahren verursacht hat. Da hilft auch keine noch so gute ORF-Propaganda. Die ÖVP wird nun von Sebastian Kurz komplett umgebaut. Die alte ÖVP der Bünde und mächtigen Länderchefs ist Geschichte. Rot und Grün stecken angesichts des politischen Klimawandels in einer tiefen Krise und sind intern zerstritten. Nichts ist mehr wie noch vor zehn Jahren.

Es wäre geradezu absurd, dass der ORF als einziger Überlebender dieses System ungestört weitermacht und weiter seine eigenen und die Interessen der schrumpfenden Linksparteien bedient. Es wäre geradezu absurd, wenn der ORF entgegen seinem gesetzlich festgeschriebenen Auftrag und entgegen dem Mehrheitswillen der Bevölkerung weiter rotgrüne Propaganda betreibt und weiter die nichtlinken Parteien mies behandelt und dafür auch noch fette Gebühren kassiert.

Und einen Gedanken sollte man ganz schnell verwerfen, vor allem die Kurz-ÖVP und die FPÖ: Den ORF reformieren zu wollen. Das ist nicht möglich. Von den rund 3.000 Mitarbeitern stehen geschätzte 2.800 politisch links bis sehr weit links. Auch wenn viele Opportunisten unter den Redakteuren sind, die nur allzu gerne ihr Fähnchen in den Wind hängen würden, um auch weiterhin hohe Gagen und andere Privilegien genießen zu können.

Schon einmal ist die ÖVP mit ihrem Versuch kläglich gescheitert, den ORF von seinem linken Kurs abzubringen. Das konservative Führungsduo Monika Lindner und Werner Mück hatten gegen die geballte Macht der linken Redaktionen keine Chance. Damals entdeckten die ORF-Redakteure ganz plötzlich ihr „Unabhängigkeit“, nachdem sie über Jahrzehnte mit großem Eifer und mehr oder weniger ungestört rote Hofberichterstattung betrieben hatten. Anführer des linken Aufstandes gegen die damaligen ORF-Chefs war Armin Wolf, der sich in einer öffentlichen Brandrede im Jahr 2006 darüber beschwerte, dass nun ÖVP und FPÖ „auch(!) ihre Leute an die Schaltstellen hieven“ wollten. Das war bis dahin das ausschließliche Privileg der SPÖ und so sollte es nach den Vorstellungen von Wolf und seinen Genossen auch bleiben. Die linken Redakteure waren erfolgreich, der ORF blieb auch unter der konservativen Schüssel-Regierung tiefrot.

Zu verkrustet sind die ORF-Strukturen und in den Redaktionen sitzen fast ausschließlich linke Redakteure: Jeder Versuch, hier etwas zu ändern, wäre ein extrem mühsamer und langer Prozess, mit noch dazu höchst ungewissem Ausgang. Das Beste wäre es deshalb, den Staatsfunk nicht umzubauen, nicht zu privatisieren, sondern einfach zuzusperren. Die wertvollen Immobilen, die Sendeanlagen und technischen Geräte könnte man für gutes Geld verscherbeln. Der ORF ist für Österreich, für die Medienlandschaft, für die Gesellschaft und für die Demokratie nicht mehr notwendig, so wie der öffentlich-rechtlich Rundfunk generell ein Auslaufmodell ist.

Gegründet wurden die staatlichen Rundfunkanstalten nach dem Zweiten Weltkrieg in ganz Europa. Damals gab es tatsächlich ein paar Argumente für diese Konstruktionen. Die Produktion und Distribution von Fernseh- und Radioprogrammen war sehr teuer, ebenso wie der Aufbau nationaler Sendernetzwerke. Aufgrund der ausschließlich terrestrischen Verbreitung konnte zudem nur eine beschränkte Anzahl von Programmen ausgestrahlt werden. In der damaligen Situation hatten Sender, die zumindest theoretisch frei von politischen und wirtschaftlichen Einflüssen sind und in denen maximale innere Pluralität herrscht, ihre Berechtigung. Doch trotz aller gesetzlichen Konstruktionen und allen Gremien, Beiräten und sonstigen Kontrollorganen, die öffentlich-rechtlichen Sender waren stets vom guten Willen der herrschenden Politiker abhängig. Zudem änderten sich im Laufe der Zeit die technischen Rahmenbedingungen grundlegend, durch die Satelliten-Technik und vor allem durch das Internet.

Das TV-Zeitalter ist zu Ende, das neue Leitmedium das Internet, wo es für jede Zielgruppe und alle Interessen Angebote in allen Qualitätsstufen gibt. Die Argumente, die Linke und ORF-Mitarbeiter für den Erhalt „ihres“ Staatsfunks ins Treffen führen, sind nur Vorwände um dieses – nicht mehr ganz so – mächtige Propagandainstrument weiter am Leben zu halten.

Wird der ORF zugesperrt, es würde keine Lücke entstehen. Jene ORF-Angebote, die noch von relativ vielen Menschen genutzt werden, könnten innerhalb kürzester Zeit von privaten Anbietern ersetzt werden. Etwa das beliebte Bundesländer-TV, die Barbara-Karlich-Nachmittagsbespaßung für Senioren oder die quotenstarken Übertragungen der alpinen Skirennen. All das können Privatsender genauso gut auch ohne teure, aufgeblähte Redaktionen und Gebührenfinanzierung produzieren. Fernseh-Nachrichten und Informationssendungen mit starkem Linksdrall werden auch jetzt schon Puls 4 angeboten.

Sprich, man könnte den ORF abdrehen, ohne dass dadurch eine Lücke in der Medienlandschaft entstehen oder gar die Demokratie Schaden nehmen würde. Im Gegenteil. Es wäre für das freie Spiel der politischen Kräfte von großem Vorteil, wenn es keinen durch Zwangsgebühren finanzierten, von der Politik abhängigen Sender gäbe, der ohne Rücksichtnahme auf Qualität, Quoten und Zuseher-Akzeptanz ungehemmt linke Propaganda betreiben kann.

Sollte es der Regierung ein Anliegen sein, könnte sie einen Sender und/oder eine Webseite betreiben, auf dem/denen sie – ähnlich der Wienerzeitung - Entscheidungen verlautbart, Pressekonferenzen und Nationalratssitzungen überträgt. Ein offizielle Pinwand ohne journalistischen Anspruch, die nur wenig Personal benötigt. Man kann der neuen und vermutlich konservativen Regierung nur raten, den ORF abzudrehen, eine Reform würde am erbitterten Widerstand der linken Belegschaft ohnehin scheitern.