ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


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Werner Reichel (Öffentlich-rechtlich: Sa, 09.09.2017, 11:30)
Der Wahlkampf als journalistischer Offenbarungseid

Neben Netflix, Facebook, Twitter, Instagram oder YouTube wirken ORF, ARD oder ZDF wie Mediendinosaurier. Sie passen nicht mehr in die moderne digitale Medienwelt. Sie sind zu groß, zu plump, zu gefräßig. Sie sind aus der Zeit gefallen. Lindenstraße vs. Game of Thrones.

Was seinerzeit für die Installierung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gesprochen hat, der Aufbau von zerstörten oder nicht vorhanden Sendernetzwerken, die Frequenzknappheit oder die hohen Kosten für den Betrieb von TV-Sendern, ist alles längst Geschichte. Obwohl diese Rundfunkechsen gigantische Mengen an Gebühren verschlingen, produzieren sie nichts, was ihre Existenz noch rechtfertigen würde: drittklassige Fiction, die nur noch bei Rentnern halbwegs ankommt, TV-Serien und Krimis, deren politisch korrekte Heils-Botschaften so hintergründig wie ein Vorschlaghammer sind, Informationssendungen, deren einziger Zweck es ist, die herrschende Klasse weiter an der Macht zu halten und die Folgeschäden ihrer linken Politik zu verschleiern und umzudeuten.

Der Grund, warum diese personell aufgeblähten Anstalten noch existieren: sie sind ein wichtiger Teil des neosozialistischen Herrschaftssystems. Die staatlichen Sender und Internetangebote sind die Lautsprecher und die Propagandamaschinerie eines morsch gewordenen Systems. Tag für Tag hauchen sie Poltizombies wie Merkel, Schulz, Kern, Van der Bellen oder Lunacek Leben ein. Was in Österreich beim Pleiten-Pech-und-Pannen-Wahlkampf der SPÖ selbst für die Profis vom Staatsfunk mittlerweile eine riesige Herausforderung darstellt. Auch in Deutschland wird die Aufgabe, die gewaltigen und zum Teil irreparablen Schäden von Merkels Politik (offene Grenzen, Energiewende, Griechenlandrettung etc.) noch irgendwie schön zu senden, immer schwieriger.

Die Staatssender waren schon immer politische Erziehungsanstalten und Propagandainstrumente. Früher war es nur nicht so offensichtlich, weil die Bürger mit dem politischen System und der herrschenden Klasse noch grundsätzlich zufrieden waren, die Gesellschaften im Großen und Ganzen funktioniert haben. Die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Medien war auch damals nicht unabhängig und objektiv, aber noch weitgehend mit den Alltagserfahrungen der Bürger kompatibel. Das hat sich in den vergangenen Jahren geändert, vor allem seit dem Herbst 2015.

Die repräsentative Demokratie und die traditionellen Parteien stecken angesichts der dramatischen Fehlentwicklungen in einer tiefen Krise. Viele Bürger haben das Vertrauen in den Staat, seine Institutionen und seine Vertreter verloren, sie fühlen sich im Stich gelassen.  Statt über diese Krise zu berichten, aktuelle Missstände aufzudecken, Fehlentwicklungen aufzuzeigen, den tiefen Spalt zwischen Regierenden und Regierten zu thematisieren, die  Machthaber zu kritisieren oder Kritiker zu Wort kommen zu lassen, machen die staatlichen Sender das Gegenteil: Sie propagieren die Politik der herrschenden Klasse, hetzen gegen deren Kritiker, filtern und unterdrücken Informationen, vermischen Meinung mit Nachrichten, schüren Ängste, hetzen gegen Dissidenten. Man braucht sich gegenseitig, bildet eine Schicksalsgemeinschaft, schließlich sind die Medienanstalten selbst ein politischer Akteur und Machtfaktor, der die Regierungen nur so lang stützt, so lange sie nicht den Pfad der politisch korrekten Tugend verlassen. 

Angesichts der krisenhaften Entwicklungen in ganz Europa erleben die staatlichen Mediendinosaurier jedenfalls eine Renaissance. Jetzt können sie sich bei ihren Herren bzw. bei Mutti nützlich machen, sie vor dem Absturz bewahren, die Unzufriedenheit und steigende Wut der Bevölkerung dämpfen und in andere Richtungen lenken (Kapitalismus, AfD, „Nazis“, Trump etc.) und so ihre Nützlichkeit beweisen. Macht man seine Arbeit brav und zur Zufriedenheit der herrschenden Klasse, ist die nächste Erhöhung der Gebühren oder Haushaltsabgaben praktisch fix.

Diese Anstalten sind keine Stütze der Demokratie - Demokratieabgabe, Public Value, Qualitätsjournalismus blablabla -, sondern eine Gefahr für sie. Die Staatssender beeinflussen die öffentliche Meinung nach den Vorgaben der Mächtigen, sie fungieren als politisch Erziehungsanstalten für das Stimmvieh.  Das beweisen die deutschen und österreichischen Anstalten in den derzeit laufenden Wahlkämpfen täglich neu.

Im ORF-Sommergespräch gibt der Urlaubsfreund des SPÖ-Chefs und amtierenden Bundeskanzlers den braven Stichwortgeber und funktioniert die Sendung zu einer einstündigen Werbeveranstaltung für die SPÖ um. Kritische oder unangenehme Fragen – von denen es Dutzende gegeben hätte – werden nicht gestellt. Ein Sittenbild. Besser kann man die Verfilzung von SPÖ und Staatsfunk, und was das für Land bedeutet, gar nicht ins Bild setzen.

Kerns größter Herausforderer, Sebastian Kurz, kam eine Woche zuvor in der selben Sendereihe kaum zu Wort, weil ihm der Moderator ständig ins Wort fiel. Am Ende dieses Sommer-„Gesprächs“ hatte ORF-Mann Tarek Leitner fast die gleiche Redezeit wie Sebastian Kurz. Der ORF schlägt sich ganz offen auf die Seite der SPÖ, die in Österreich seit knapp 50 Jahren fast ununterbrochen an der Macht ist. Man macht sich nicht einmal mehr die Mühe, so zu tun, als ob man noch objektiv und unabhängig wäre.

Das ZDF funktioniert eine Diskussionssendung zum Tribunal gegen AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel um. Moderatorin Marietta Slomka ist die Anklägerin, auch sie fällt Weidel permanent ins Wort und das nach parteipolitischen Präferenzen gut ausgewählte Saal-Publikum johlt vor Freude, als Weidel das Studio entnervt verlässt, weil sie unter diesen Umständen keine ihrer politischen Botschaften rüberbringen kann. Im staatlichen ZDF-Studio kam angesichts dieser menschenverachtenden Inszenierung beinahe Lynchstimmung auf.

Die „Hexe“ Weidel konnte aus der künstlichen Umgebung und der „heilen“ Welt des ZDF-Studios vertrieben werden, die zurückgebliebenen Einheitspolitiker konnten danach das machen, was sie von Anfang an vorhatten: Scheindebatten zur Unterhaltung und Ablenkung der Zuschauer führen, während draußen in der realen Welt die staatliche Ordnung zu bröckeln beginnt. Denn alle entscheidenden Zukunftsfragen sind in Deutschland wie in Österreich „alternativlos“.

Was Slomka im ZDF und Leitner im ORF gemacht haben, Partei zu ergreifen und ihre Gegner nicht zu Wort kommen zu lassen, sie daran zu hindern, ihre Argumente und ihre Kritik öffentlich vorzubringen, ist nichts anderes als Zensur. Es ist das Gleiche, wie Textteile in Zeitungen oder Büchern zu schwärzen, sprich kritische Stimmen und unliebsame Meinungen zu unterdrücken. Staatsfernsehen wie in einer finsteren Diktatur. 

ORF und ZDF haben jegliche Scham verloren, der öffentlich-rechtliche Auftrag ist angesichts solcher Propaganda-Sendungen nur noch eine Farce. Man ist ganz offen parteiisch und hetzt gegen jene, die den poltisch-korrekten Meinungskorridor verlassen haben. All diese TV-Diskussionen bieten nur noch Scheindebatten, weil sie sich immer in einem genau abgegrenzten und überwachten Meinungsrahmen bewegen dürfen, wer ihn sprengt, wird fertiggemacht. Was und wie diskutiert werden darf, bestimmt die politmediale Herrschaftsklasse. 

Die öffentlich-rechtlichen Sender haben auf das falsche Pferd gesetzt. Nur mit besonders ausgewogener Berichterstattung und besonders hohen journalistischen Standards hätte man eine echte Existenzberechtigung, zumal man den Bürgern schwer auf der Tasche liegt. Die Staatssender haben sich für einen anderen Weg entschieden. Sie haben sich mit den Herrschenden gemein gemacht, haben stets ihre Geschäfte besorgt, ihre Ziele propagiert und ihre Fehler gedeckt. Sie waren niemals einfach nur Rundfunksender, sie waren niemals Vierte Gewalt, sie waren immer schon fester und wichtiger Teil dieses Systems und werden auch mit ihm untergehen. 

In Deutschland wird sich nach der Wahl wohl nichts ändern. Die sozialistische CDU-Kanzlerin wird auch nach dem 24. September gemeinsam mit irgendeiner ihrer Blockparteien Deutschland weiter in Richtung Abgrund steuern. Nicht zuletzt deshalb, weil sie sich auf ihre Medienanstalten verlassen kann.

In Österreich könnten sich die politischen Verhältnisse hingegen tatsächlich ändern. Sollte eine konservativ-rechte Koalition an die Macht kommen, wäre eine ihrer dringlichsten Aufgaben, den ORF komplett umzubauen oder noch besser zuzusperren. Es wäre eine Investition in die Zukunft des Landes, ein Befreiungsschlag für Österreich und für die kränkelnde Demokratie, die stickige Medienlandschaft würde endlich durchlüftet und die öffentlichen Debatten neu belebt.