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Kurt Ceipek (Ideologie: So, 14.01.2018, 00:59)
Es geht nichts über beste Interviewerausbildung

Folgende Anweisungen, Fragen und Diskussionen könnten bei der jüngsten Interviewer- und Moderatorenweiterbildung für ORF-Journalisten im ORF-Schulungszentrum zu hören gewesen. Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Personen oder Aussagen wären natürlich reiner Zufall.

Der Ausbilder: „Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen uns jetzt auf die veränderten Bedingungen in Interviews mit Regierungsmitgliedern einstellen und rigoros umstellen. Neue Zeiten erfordern einen neuen Ton und eine etwas schärfere Wortwahl. So wie die Frau Glawischnig oder der Herr Häupl interviewt worden sind, geht das künftig nicht mehr. Vom Herrn Bundeskanzler Kern will ich da gar nicht reden.“

Die Aus- und Weiterzubildenden: „Jawoll“, „hört hört“, „na super“ und „bitte Beispiele!“

Der Ausbilder: „Bei Interviews mit blauen Regierungsmitgliedern soll auf jeden Fall darauf geachtet werden, Begriffe wie Neonazi, Faschist, gewöhnlicher Nazi, Rechtsradikale, Hetzer, Populisten oder Sozialabbau einzubauen und dem Interviewpartner als von ihm praktizierte Tatsache unterzujubeln. Und natürlich die Worte ‚Rassist’ und ‚Antisemit’ oder ‚islamophob’ nicht zu vergessen. Sehr gut kommt auch immer der Begriff ,Burschenschafter’. Der ist schon sehr gut negativ besetzt, aber da geht noch mehr.“

Ein Auszubildender: „Aber kann man das verallgemeinern? Es gibt ja unter diesen Burschenschaftern auch ganz vernünftige und ziemlich gescheite Leute.“

Der Ausbilder: „Wie kommen Sie auf diese Idee? Burschenschafter sind Feindbilder und das muss ausgebaut werden.“

Der Auszubildende: „... aber ...“

Der Ausbilder: „Von welcher Uni kommen Sie denn? Sind Sie womöglich kein Publizist oder Politologe? Waren sie wenigstens Mitglied des VSStÖ oder der GRAS?“

Der Auszubildende: „Ich war auf der Universität in Leoben und – na ja – ich war Mitglied einer ganz harmlosen Verbindung. Wir haben uns vor allem getroffen, Bier getrunken und eine Hetz gehabt.“

Der Ausbilder: „Sie sind im falschen Sender. Auf wiederschaun. Oder nein, holen Sie sich gleich in der Personalabteilung ihre Papiere. Sie können sich ja mit Ihrer hervorragenden Ausbildung im ORF bei Servus TV oder Oe24 bewerben.“

Der Auszubildende irritiert: „Da bekomme ich ja viel weniger bezahlt.“

Der Ausbilder: „Man kann halt nicht alles haben.“

Der Auszubildende packt seine Unterlagen zusammen und geht.

Der Ausbilder: „So, mach ma weiter. Wichtig ist auch die Anrede des Interviewpartners. Wenn Sie zum Beispiel den Minister Norbert Hofer interviewen, sagen Sie nie ,Herr Bundesminister’ sondern nur ,Herr Hofer’. Bei dem ist das besonders wichtig, weil das erinnert so trefflich an das Lied vom Wolfgang Ambros ,Der Hofer war’s vom Zwanzgerhaus, der schaut ma so verdächtig aus.“

Eine erfahrene ORF-Interviewerin: „Aber den Genossen Kern haben wir immer als ‚Herr Bundeskanzler’ oder ‚verehrter Herr Bundeskanzler’ angesprochen. Glauben Sie nicht, dass das den ORF-Kunden auffällt?“

Der Ausbilder: „Natürlich! Das soll ja auffallen. Wichtig ist auch, dass man das VPFP-Regierungsmitglied immer mit überheblichem Tonfall anredet und sie spüren lässt, dass man sie für Dodln hält.“

Eine Emanze unter den Kursteilnehmern: „Ministerinnen auch?“

Der Ausbilder: „Die ganz besonders. Die lassen sich am leichtesten verunsichern.“

Nach einer Nachdenkpause und einem Schluck aus einer Flasche (vielleicht eh nur Mineralwasser): „Zum Hofer fällt mir noch etwas ein. Er hat irgendwann einmal gesagt, ‚Sie werden noch was erleben’ oder so ähnlich. Das kann man auch immer gut in Gespräche einbauen.“

Der Ausbilder weiter: „Wichtig ist auch, wenn zwei Regierungsmitglieder etwas unterschiedliches sagen, müssen wir sofort einen Konflikt in der Regierung melden und aufblasen.“

Ein Auszubildender: „Und wenn die sich weiterhin so hartnäckig weigern, wenigstens ein bisserl öffentlich zu streiten oder wenigstens zu diskutieren ...?“

Der Ausbilder: „Dann muss man ihnen das auch vorwerfen. Vielleicht könnte man öfter den Begriff ‚rechtspopulistische Einheitspartei’ in die Interviewfragen aufnehmen.“

Der Ausbilder nimmt noch einen Schluck. „Ja, und nicht vergessen: Wenn Sie die Gefahr sehen, dass Ihr Interviewpartner etwas Sympathisches und womöglich sogar was Gescheites sagt – sofort ins Wort fallen und ein neues Thema anschneiden oder zumindest anschnauzen: ‚Das war aber nicht meine Frage.’ Das kommt beim Zuseher oder -hörer auch immer gut, selbst dann, wenn er vorher gar nicht zugehört hat.“

Die Seminarteilnehmer machen eifrig Notizen.

Der Ausbilder: „Wir machen jetzt noch ein Thema, bei dem Sie Ihre Kreativität entfalten können. Ich nenne ein Beispiel. Der Herr Innenminister hat neulich das Wort ‚konzentriert’ in den Mund genommen. Daraus konnten wir ihm vortrefflich eine Verbindung zu Konzentrationslagern der Nazis andichten. Das haben wir sogar international gut drübergebracht. In diesem Bereich stecken enorme Entwicklungschancen.“

Eine Auszubildende: „Ich glaub das versteh ich jetzt nicht ganz.“

Der Ausbilder: „Na jedes Wort das auch nur im Entferntesten mit Drittem Reich, Hitler, Fremdenfeindlichkeit, Diktatur oder ähnlichem zu tun hat, muss sofort herausgepickt, zugespitzt und als Waffe gegen den VPFP-ler verwendet werden. Und nicht vergessen: Dann immer auch Kurz und Strache bei nächster Gelegenheit fragen, warum sie solche Hetzer nicht gleich aus der Regierung geworfen oder wenigsten zum Rücktritt aufgefordert haben.“

Eine Auszubildende: „Können Sie uns ein paar Beispiele für solche Worte nennen?“

Der Ausbilder: „Na beispielsweise die Worte ‚Arbeit’, ‚macht’, ‚frei’ oder ähnliches. Und die Frau Minister Hartinger oder wie die heißt redet so viel über Arbeit, die kann man damit sicher fertig machen. Aber da muss uns noch mehr einfallen. Irgendwas müssen diese Minister ja reden. Wenn Ihnen ein passendes Wort unterkommt – beispielsweise ‚Autobahn’, weil mit denen hat ja bekanntlich der Hitler angefangen – dann müssen wir das ausnützen.“

Der Ausbilder lächelt zufrieden. „So, ich glaube das reicht für heute. Für unseren Kurs heute in einer Woche bringen Sie bitte noch ein paar solche Beispiele. Vielleicht gelingt es uns dann doch, dass wir diese Regierung rechtzeitig sprengen, bevor sie anfangen, uns reformieren oder womöglich finanziell beschneiden zu wollen. Danke Kolleginnen und Kollegen.“