ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Kurt Ceipek (Personal: So, 15.04.2018, 17:30)
Wie der ORF mit berechtigter Kritik umgeht

Medien müssen Kritik vertragen, schließlich sind sie ja selbst nicht zimperlich beim Kritisieren. Noch viel mehr gilt das für öffentlich-rechtliche Medien wie den ORF. Gerade der dürfte Kritik nicht nur zur Kenntnis nehmen müssen, sondern sollte Missstände bei berechtigtem Tadel auch ehebaldigst abstellen.

Wie der ORF auf Kritik reagiert, hat sich in den letzten Stunden und Tagen wieder einmal gezeigt. Da wird sofort zurückgeballert. Der Anlass: FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger hatte in einem Interview mit den Salzburger Nachrichten vom ORF „objektivere Berichterstattung“ gefordert.

Wirklich eine bodenlose Gemeinheit, vom ORF, der ja zur Objektivität gesetzlich verpflichtet ist, so etwas zu fordern. Wo doch der ORF ohnehin nichts anderes tut, als objektiv zu berichten. Glaubt man zumindest im ORF.

Für die Mehrheit jener ORF-Konsumenten, die in den letzten Wochen die Berichterstattung vor und nach der Ungarn-Wahl über sich ergehen ließen, schien diese Kritik mit Sicherheit völlig berechtigt. Selbst wenn Viktor Orban bei vielen Linken in ganz Europa zum Lieblingsfeind Nummer 1 (neben dem als Zielscheibe ebenbürtigen Sebastian Kurz) gewachsen ist, dann hat die Ungarn-Berichterstattung alle Grenzen des Erträglichen gesprengt. Das mündete darin, dass Orban-Wähler – also die Hälfte der Ungarn – indirekt zu Idioten gestempelt wurden. Es war pure Hetze gegen Ungarn auf allen Kanälen des ORF.

Der Vorwurf der „Hetze“ kam auch prompt, aber nicht gegen den ORF sondern vom ORF. „Ein ORF-Stiftungsrat, der gegen sein eigenes Unternehmen hetzt und einen untadeligen Kollegen erkennbar bedroht, wird uns als Redakteurssprecher der ORF-Korrespondenten selbstverständlich beschäftigen", erklärte ORF-Brüssel-Büroleiter Peter Fritz.

Steger stellte auch zur Diskussion, das für ein kleines Land wie Österreich sehr üppige (und kostspielige) Netz an ORF-Auslandsbüros zu durchforsten. Da sprang ORF-General Alexander Wrabetz mutig auf die Barrikaden und verkündete, dass das Korrespondentennetz von derzeit 16 auf 18 Auslandsbüros im Jahr 2020 aufgestockt werde. Dass solche Korrespondenten im Zeitalter der elektronischen Medien fast immer ein Anachronismus sind, sieht er vermutlich anders.

Und für seine aus ORF-Sicht besonders gut gelungene Ungarn-Berichterstattung wurde Ungarn-Korrespondent Ernst Gelegs blitzartig mit einer Verlängerung des Korrespondentenvertrags in Budapest bis 2021 belohnt. Wie man die üblichen ORF-Gepflogenheiten kennt, wäre mit einer vorzeitigen Abberufung von Gelegs aus dem „verhassten“ Orban-Land eine sechsstellige Abfertigung fällig. Macht nix. Angesichts der Zwangsgebühren von jährlich mehr als 600 Millionen Euro fällt so etwas in den Bereich der „Peanuts“.

Auch mit den Facebook- und Twitter-Auftritten von ORF-Mitarbeitern befasste sich Norbert Steger, der gute Chancen hat, nächster Vorsitzender des ORF-Stiftungsrates zu werden. Unverschämterweise verlangte Steger von den ORF-Aushängeschildern, nicht gegen die jüngst erlassenen Social-Media-Richtlinien zu verstoßen, weil solche Verstöße geahndet werden müssten.

Die wütende Reaktion von Dieter Bornemann, Redakteursratsvorsitzender des ORF, ließ nicht lange auf sich warten: „Dieser direkte Angriff auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk von einem Aufsichtsorgan ist ein neuerlicher Tiefpunkt der Medienpolitik.“

Natürlich wollte auch Armin Wolf zeigen, dass er sich nicht einschüchtern lassen kann. „Ein Partei-Stiftungsrat will ORF-Korrespondenten 'streichen', deren Berichterstattung ihm nicht gefällt. Tolle Idee 'Objektivität' von Parteienvertretern bewerten zu lassen. Könnte aus Ungarn stammen“, meinte Wolf mit der ihm eigenen Bescheidenheit. Dazu ergänzte er seine Sicht der rechtlichen Lage: „Der ORF-Stiftungsrat ist weder für die Streichung von Korrespondenten noch für die Verwarnung oder Entlassung von ORF-Journalisten zuständig.“

Dazu ist anzumerken, dass man Gesetze mit der Mehrheit der Volksvertreter ändern kann und soll, wenn das notwendig erscheint. Und einen gewissen Einfluss auf Personalentscheidungen sollte sogar ein zahnloser Stiftungsrat als DAS Aufsichtsgremium des ORF in der Praxis schon haben.

PS: Ernst Gelegs hat sich für seinen absurden Hetze-Vorwurf entschuldigt. Wir dürfen mit Spannung erwarten, ob auch die in solchen Fällen üblichen 10.000 Euro an Entschuldigungsgeld fließen werden.