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Kurt Ceipek (oe1 Sa, 19.03.2016, 12:00)
Mittagsjournal

Wenn ein bürgerlicher Politiker im ORF interviewt wird, dann wird der Ton der Interviewer merklich schärfer, da wird häufig in die Antwort hineingeredet und der Interviewte auf fallweise unverschämte Weise getadelt. Das könnte man als ORF-Konsument noch hinnehmen, wüsste man nicht, wie sanft, behutsam und wohlwollend grüne und rote Politiker in Interviews behandelt werden und ohne Widerrede zu Wort kommen dürfen.

Das zeigte sich wieder deutlich in einem Interview mit ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka der Klaus Webhofer „Im Journal zu Gast“ Rede und Antwort stand.

Ein Unterschied wird in den letzten Wochen aber immer deutlicher erkennbar: Während bürgerliche Politiker früher auch unverschämte verbale Attacken bemüht ruhig über sich ergehen ließen, und dabei oft gar nicht gut aussahen, setzen sich immer mehr ÖVP-Politiker jetzt heftig zur Wehr. ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner tadelte jüngst in der ZiB2 den ORF als „Bestellfernsehen“ und VP-Jungstar Sebastian Kurz ließ kürzlich den wie immer überheblich und arrogant auftretenden Armin Wolf nach einem Interview recht armselig zurück.

So sagte ORF-Interviewer Webhofer in einer Frage an Lopatka wörtlich: „Sie haben das Image eines Quertreibes, ja sogar Krawallmachers in der Koalition. Glauben sie das ist für die Außenwirkung der gesamten Koalitionsarbeit aber auch ihrer Partei von Vorteil?“

Lopatka blieb ruhig und sachlich. Diese Fragestellung enthalte gleich mehrere Unterstellungen. „Wo habe ich Krawall gemacht?“. Webhofer: „Sie haben im Nationalrat den Bundeskanzler wie einen Schulbuben behandelt, indem sie ihm eine Checkliste mit auf den Weg gegeben haben.“ Lopatka: Der Kanzler habe bei seinem Solo-Auftritt in der ORF-TV-Sendung „Im Zentrum“ verraten, dass er die Methode habe, mit einer Checkliste zu arbeiten. Er habe den Bundeskanzler auch daran erinnert, dass er seine Position in der Flüchtlingsfrage diametral verändert habe. „Im Zentrum konnte ihm ja keiner widersprechen, weil er ja allein war. Darauf wird man im Parlament ja noch hinweisen dürfen.“

Webhofer versuchte noch einmal die Stimmung der angeblichen öffentlichen Meinung gegen Lopatka einzusetzen: „Dass ihnen der Vorwurf gemacht wird, dass sie der erfolgreichste Oppositionspolitiker sind, obwohl sie in der Regierung sitzen, das wissen sie schon.“ Lopatka dazu: „Sie haben jetzt den Herrn Schmid zitiert. Der ist Zentralsekretär der SPÖ. Genau der hat das gesagt.“

Webhofer ließ nicht locker: „Den Sozialminister Stöger kritisieren sie auch sehr häufig. Lopatkas Einwurf: „Stöger ist erst seit wenigen Wochen Sozialminister.“ Webhofer unwirsch: „Ein Zitat war: ,Mir graut vor dem reformunwilligen Sozialminister.’ Ist das die richtige Sprache?“ Lopatkas trockene Antwort an den schon hörbar beleidigten ORF-Interviewer: Zuerst habe Stöger in der Öffentlichkeit gesagt, „ihm graust davor, an der Mindestsicherung etwas ändern zu müssen“. Diese Wortwahl habe Stöger als erster gewählt.

Webhofer: „Sie haben Stöger persönlich angegriffen. Das ist schon ein Unterschied. Finden sie nicht?“ Lopatka: „Ich habe zur Sache gesprochen. Mir graut vor jedem Minister, der nicht bereit zu notwendigen Reformen ist.“

Wenn es so weiter geht dürfen ORF-Seher und -Hörer noch unterhaltsame Interviews erwarten, in denen sich auch die Interviewer nicht mehr alles erlauben können.