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Andreas Unterberger (ORF2 Fr, 02.12.2016, 19:30)
Zeit im Bild

Das Innenministerium habe die Verdächtigungen "widerlegt", dass Alexander van der Bellen zusammen mit Peter Pilz in Spionage-Aktionen verwickelt gewesen sei. So tönt es aus der ZiB. Tatsache ist freilich, dass das Innenministerium gar nichts "widerlegt" hat. Es hat lediglich einst (unter Minister Strasser) in einer Anfragebeantwortung gesagt, dass es "keine Erkenntnisse" über Kontakte zwischen den grünen Politikern und einem angeblichen Stasi-Spion habe. Was letztlich gar nichts heißt. Denn mit absoluter Sicherheit hat das Wiener Innenministerium zu 99,9 Prozent aller Spionage-Aktivitäten "keine Erkenntnisse".

Es geht dabei um diesbezügliche Vorwürfe, die der langjährige Generaldirektor Michael Sika in einem Buch gegen Van der Bellen und Pilz erhoben hat, die bis heute von den Betroffenen nie geklagt worden sind und die von Norbert Hofer jetzt in einer Fernsehdiskussion zitiert worden sind.

Nun: Da Sika keine Beweise vorgelegt hat, ist der Spionage-Vorwurf nicht sonderlich ernst zu nehmen. Es bleibt die ohnedies bekannte Tatsache, dass dem Ostblock damals die friedensbewegten Aktivitäten von Pilz, Van der Bellen, dem Institut in Schlaining und dem schwedischen Institut SIPRI auch ganz ohne Spionage-Auftrag ganz eindeutig sehr willkommen gewesen sind, weil sie immer die Verteidigungsanstrengungen des Westens unterminiert haben (denen nebstbei gesagt auch Österreich seine Unabhängigkeit zu verdanken hatte).

Aber darum geht es hier gar nicht, sondern nur um das Wording, mit dem der ORF das für den grünen Kandidaten offensichtlich unangenehme Sika-Zitat eilfertig zu dementieren versucht hat. Es geht darum, dass zwischen „widerlegt“ und „keine Erkenntnisse“ eindeutig ein dramatischer Unterschied besteht. Die Bedeutung der beiden Formulierungen gleichzusetzen, ist schlicht falsch. Das ist für jeden klar, der die deutsche Sprache halbwegs beherrscht.

Gehen wir einmal davon aus, dass das im ORF auch der Fall ist. Dann kann man nur einen Schluss ziehen: Man hat bewusst unrichtig umformuliert, um dem grünen Kandidaten noch einmal durch eine ganz bewusste Falschmeldung zu helfen. Man lässt im Dienste seiner eigenen politischen Mission auch ungeniert weiter das Vertrauen in die Glaubwürdigkeit und Wahrhaftigkeit des Senders erodieren. Von öffentlich-rechtlich und seriösem Journalismus keine Spur. Das Ganze ist schlicht postfaktisch. Für die ORF-Mannschaft ist einzig wichtig, es hilft dem „Richtigen“.

Dass diese Umformulierung von „keine Erkenntnisse“ zu „widerlegt“ auch in der APA passiert ist, rechtfertigt den ORF keine Sekunde. Denn erstens hat er den gesetzlichen Auftrag, sich um öffentlich-rechtliche Objektivität zu bemühen, und nicht die APA. Und zweitens gehört dem ORF als weitaus größtem Genossenschafter fast die Hälfte der APA, also ist er erst recht mitverantwortlich für deren Qualitätsverfall.