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Andreas Unterberger (oe1 Mo, 06.03.2017, 17:00)
Journal um fünf

Ich hätte fast das Rotlicht übersehen, so schockiert war ich, als ich das im Autoradio gehört habe. Und ich bin dann bis zum Ende des Journals nicht aus dem Auto ausgestiegen in der Erwartung: Das müssen die doch richtigstellen. Eine so niederträchtige Manipulation kann doch nicht einmal im ORF unkorrigiert bleiben. Jedoch: Ich wartete vergebens.

Das Radio-"Journal um fünf" hat nämlich zuerst berichtet, dass Bundeskanzler Kern ein europaweites Verbot von Wahlkampfauftritten, wie sie die Türkei jetzt - neuerlich - plant, vorgeschlagen habe. Was soweit richtig ist. Wozu aber unbedingt die Information dazugehört hätte, dass Deutschland ein solches Verbot nicht will, was den Vorschlag sofort zur Makulatur gemacht hat. Aber statt das zu sagen, hat es dann wörtlich geheißen: Außenminister Kurz habe das "abgelehnt". Punkt.

Atemlos wartet man, wie sie diese ungeheuerliche Verdrehung richtigstellen. Aber nichts: Sonst kommt in dem ganzen ausführlichen Journal kein Wort mehr über Kurz.

Noch nie hat es einen deutlicheren Beweis gegeben, wie sehr die SPÖ den Aufstieg von Kurz fürchtet, wie sehr sich der ORF - diesmal war es das Wrabetz-Radio, das Fernsehen war im Vergleich dazu relativ objektiver - als oberster Vorkämpfer gegen Kurz zu positionieren versucht.

Es ist nämlich sogar bei der eher unterdurchschnittlichen Intelligenz von ORF-Redakteuren auszuschließen, dass die nicht gewusst haben, wie falsch und manipulativ das war: Dass Kurz den Kern-Vorschlag ausdrücklich nur deshalb "abgelehnt" hat, weil dieser keine Chance auf Realisierung hat, weil auf EU-Ebene solche Vorschläge immer im "Nirwana" verschwinden würden, weil Kurz den einzigen Weg vorgeschlagen hat, der solche türkischen Propagandaauftritte effektiv verhindern würde: nämlich ein österreichisches Verbot.

Das alles wissen die ORF-Redakteure mit Sicherheit. Wenn sie die Sache aber so berichten, wie zuvor geschildert, dann ist eindeutig: Sie wollen bewusst manipulieren, sie wollen Kern helfen, sie wollen Kurz schaden, sie wollen bewusst Fake News produzieren. Man kann auch zutiefst verlogen sein, selbst wenn man in alter Propagandaschulung keine direkte Lüge ausspricht. Aber wer die wichtigsten Fakten und Wahrheiten weglässt, wer Sätze so aus dem Zusammenhang reißt, der lügt trotzdem.