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Werner Grotte (ORF2 So, 28.05.2017, 20:15)
Tatort

Bei der Ausstrahlung der alten österreichischen Tatort-Folge „Zwischen den Fronten“ vergangenen Sonntag hat der ORF angesichts der zahllosen Terroranschläge in jüngster Zeit wieder einmal höchstes Fingerspitzengefühl bewiesen. Mussten sich doch Oberstleutnant Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) und Major Bibi Fellner (Adele Neuhauser) mit genau einem solchen – vermeintlichen – Islamisten-Attentat auf eine UNO-Konferenz in Wien herumschlagen.

Dazu wurden sie dem Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) unterstellt, dessen Chef (überzeugend gespielt von „Hektiker“ Florian Scheuba) von Anfang an als karrieregeiler Ungustl auftrat, der die Ermittlungen nur in eine Richtung führen wollte: zu bösen, arabischen Ausländern, die Wien als Bühne für ihren Hass auf alles Westliche ausgewählt hatten. Ganz nebenbei sagelte er dabei kräftig am Sessel des Innenministers, dem er nachzufolgen gedachte.

Der – vermeintliche – Selbstmordattentäter war nämlich irakischer Abstammung und hatte ein gesellschaftskritisches, internationales Portal namens „Comet“ aufgebaut, das Gewaltfreiheit und Widerstand gegen die herrschenden Wirtschafts-Systeme predigte. Dazu sollte der junge Mann im Rahmen der UNO-Konferenz sogar ein Referat halten – flog allerdings samt seinem Auto pünktlich beim Eintreffen ganz hoher UNO-Tiere im Palais Liechtenstein in die Luft.

Die ach so gutmenschlichen und weitsichtigen Ermittler Eisner/Fellner rochen natürlich trotz aller Behinderungen durch das BVT bald den Braten und stießen bei ihren Recherchen schließlich auf ein rechtes Netzwerk namens „Semper Veritas“, eine Art Burschenschaft mit rund 1.500 Mitgliedern, in deren Treffpunkt es nur so von austrofaschistischen Symbolen wie dem Kruckenkreuz und Portraits des Ständestaats-Kanzlers Engelbert Dollfuss (ermordet 1934) wimmelte.

Das ebenso reiche wie erzkonservative Oberhaupt des Bundes stand ideologisch irgendwo zwischen ÖVP und FPÖ und trachtete emsig danach, seine Mitstreiter, darunter auch den BVT-Chef, in politische Schlüsselpositionen zu hieven. Mit allen Mitteln und notfalls auch mit Gewalt. Denn die wahren Urheber des UNO-Attentats und einiger Morde rundherum waren keineswegs Ausländer oder gar Moslems – sondern: Austrofaschisten!

Wir lernen daraus: Auch wenn reihum zwischen Bagdad, Kairo, Istanbul, Moskau, Berlin, Paris, Nizza, Stockholm und Manchester wahnsinnige Dschihadisten im Namen Allahs (und des „Islamischen Staates“) Hundertschaften unschuldiger Menschen massakrieren, sind in Österreich böse Alt- oder Neo-Nazis oder Austrofaschisten die wahre Bedrohung. Bloß, dass - außer den „Tatort“-Machern und dem maßgeblich daran beteiligten ORF - niemand eine solche Bedrohung von „Rechts“ erkennen kann.

Diese Tatort-Folge war schon bei ihrer Erstausstrahlung im Jahr 2013 – um es höflich zu umschreiben - an den Haaren herbeigezogen. Einen solchen Unfug aber im Mai 2017 zu zeigen, grenzt ja wirklich schon an Opferverhöhnung und Volksverblödung, eigentlich eher an Volksverhetzung, um ein beliebtes Vokabel linker Populisten zu bemühen. Solch gefährlichen Schwachsinn nur wenige Tage nach dem blutigen Attentat in Manchester und am Beginn eines Nationalrats-Wahlkampfes im Staatsfunk zu senden, zeugt entweder von völliger Abgehobenheit – oder immenser ideologischer Verblendung. Beides Eigenschaften, die der geplagte Wähler eher nicht schätzt.