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Werner Reichel (oe1 Mo, 10.07.2017, 09:30)
Radiokolleg - Che Guevara

Wenn 68er, Sozialisten, Stalinisten oder Ö1-Redakteure den Namen Che Guevara hören, geraten die meisten von ihnen ins Schwärmen. Ja, das waren noch Zeiten.  Der linke Massenmörder, der höchstpersönlich unzählige Menschen liquidiert hat, wird von den Linken bis heute als eine Art Heiliger verehrt. 

Der linke Bänkelsänger Wolf Biermann bezeichnete ihn in den 1970er Jahren gar als „Jesus mit Knarre“. Der Mythos vom linken Erlöser, der sich aus purer Liebe zu den Unterdrückten im Kampf opferte, hält sich bei den ewiggestrigen Linken hartnäckig. Egal ob im versifften Szenebeisl, beim Rotweinumtrunk seniler Althippies, bei Aluhut tragenden Globalisierungsgegnern oder in der Redaktion des österreichischen Staatsfunks: Der „Comandante“ lebt in den Herzen der Linken weiter. Ö1 hat Guevara jetzt eine einwöchige Sendereihe gewidmet und wie folgt angekündigt:

„Ein Bild von einem Mann: Das Gesicht mit feinen, fast aristokratischen Zügen, eingerahmt von einem gestutzten Bart und langen Haaren, der Kopf ist von einer Baskenmütze mit rotem Stern bedeckt. Ein träumerischer und gleichzeitig entschlossener Blick scheint weit über den Horizont des Menschlichen hinauszuweisen in ein Utopia der Möglichkeiten, das nur vom ‚dritten Auge‘ des Visionärs erkannt werden kann.“

Da scheint jemand eine feuchte Hose bekommen zu haben. Ärgerlich ist für Ö1 vor allem eines: „Im Laufe dieses Transformationsprozesses mutierte der Mann, der das System stürzen wollte, zum Werbeträger für kapitalistische Produkte.“  Die alleinige Verwertung der von ihr in die Welt gesetzte kitschige Herzschmerz-Legende will sich die Linke nicht nehmen lassen.  „Kapitalistische“ T-Shirt-, Button-  und Kaffeetassenproduzenten sind deshalb unerwünscht. Nur das Che-Heiligenposter über dem Hochbett ist gestattet.

Wobei sich die Frage aufdrängt, ob der frisch gebackene Maturant mit Che-Leiberl tatsächlich ein verzerrteres Bild von Guevara hat als der in die Jahre gekommene Möchtegernrevolutionär mit Pensionsanspruch.  „Der Individualismus als solcher, das vereinzelte Handeln einer Person inmitten einer sozialen Bewegung muss in Kuba verschwinden“, so Guevara. Wer solche Perlen der Weisheit von sich gibt, der kann kein schlechter Mensch sein.

Deshalb tut sich wohl auch der Gestalter der Sendereihe so schwer, seine Bewunderung und Verehrung für Guevara nicht zu sehr durchschlagen zu lassen Die Kritik am „kompromisslosen Weltverbesserer“ und dem „außergewöhnlichen Rebellen“ beschränkt sich primär darauf, dass er mit seiner stalinistischen Weltrevolution nicht so erfolgreich war, wie sich das seinerzeit die europäischen Jugendzimmersozialsten gewünscht hatten.

Irgendein Altlinker darf auf Ö1 erklären, dass Guevara dazu gezwungen war, so viele Menschen zu töten. Verantwortlich dafür seien im Übrigen die „Konterrevolutionäre“ gewesen. Merke: Linke sind immer und ausschließlich Opfer.  „Und was sind schon die paar hundert Toten der kubanischen Revolution (…)“ ist auf Ö1 zu hören. Dass Guevara kein Heiliger, sondern ein blutrünstigerer Massenmörder war, behaupten laut Ö1 außerdem nur „bestimmte Quellen“.  „Bestimmte“, da schmunzelt der Altlinke vor dem Radioapparat wissend.

Die ab und zu eingestreuten kritischen Stimmen dienen vor allem dazu, das Ganze nicht zu sehr nach linker Heldenverehrung klingen zu lassen. Die Sendung erinnert an einen Kameradschaftsbundabend, bei dem „Fast-Zeitzeugen“ - wie Falterchefredakteur Armin Thurnher in dieser Sendung genannt wird - über die Heldentaten ihrer Idole schwärmen und auch ein bisschen Kritik einstreuen, was man damals nicht hätte besser machen können.

Nur dass die linken Nostalgiker ihre Gedanken nicht in einem Hinterzimmer austauschen, sondern via Staatsfunk verbreiten.  Das darf in einer Rundfunk-Anstalt, in der die gewalttätigen Krawalle in Hamburg verharmlost werden, allerdings nicht weiter verwundern.