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Andreas Unterberger (ORF2 Mo, 11.12.2017, 22:00)
ZIB 2

Es ist völlig richtig, am Vorabend des großen Buwog-Prozesses die neue Chefin der Richter-Vereinigung ins ZiB-Studio zu laden. Es ist aber völlig absurd, ihr dabei die wichtigsten Fragen nicht zu stellen, die derzeit so ziemlich die ganze Justiz-Welt mit Spannung diskutiert. Die da wären:

  1. "Ist es nicht ein Skandal, wenn ein Richter über Twitter, also öffentlich, eine andere Richterin, nämlich Bandion-Ortner, verhöhnt; wenn er eine indirekte Vorverurteilung in einem laufenden Verfahren ausspricht; wenn er öffentlich die Richterzuteilung in einem Fall eines anderen Gerichts kommentiert, wo auch die eigene Ehefrau mit im Rennen ist?"
  2. "Schadet nicht die lange Verfahrensdauer bei der Staatsanwaltschaft dem Ansehen der ganzen Justiz?"
  3. "Ist es nicht ein Skandal, ein Amtsmissbrauch und ein schwerer Schaden für die Justiz, dass immer wieder Akteninhalte des Grasser-Buwog-Verfahrens illegalerweise an die Öffentlichkeit gedrungen sind, da ja wohl nicht die Beschuldigten und ihre Anwälte selbst die Täter gewesen sein werden?"
  4. "Ist nicht die Neugestaltung des Großen Schwurgerichtssaals ein Skandal, wo die Strafverteidiger künftig unmittelbar vor den Zuschauern (=Journalisten) sitzen, die dann alles mitlesen können, was auf deren Laptops steht, was auch ein Grund einer Nichtigkeitsbeschwerde für das ganzer Verfahren sein könnte?"

Aber statt dessen hat die Moderatorin nur herumgeredet, nur gefragt, ob irgendwelche Richtlinien überarbeitet werden sollen, und nirgendwo nachgehakt. Dabei hat die Richter-Chefin einen durchaus guten Eindruck gemacht. Sie hat sogar indirekt Distanz zum Verhalten des Richter-Gatten der Buwog-Richterin angedeutet. Genau da wäre ein journalistisches Fragen am Platz gewesen. Wäre.