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Mittagsjournal

oe1, Mo, 16.02.2015, 23:13 | Elisabeth Hennefeld

Das Mittagsjournal überrascht mit einer wunderbaren Reportage über Straßenverkäufer beim Karneval in Rio de Janeiro. Es singt dabei – sicher nur aus purem Versehen – ein Loblied auf die freie Marktwirtschaft.

Millionen von Besuchern kommen in diesen Tagen in die brasilianische Metropole, wo’s auch schon schön warm ist, mancher wird mit der Zeit auch durstig werden. Und aus diesem Umstand schlagen findige Unternehmer Kapital und verkaufen kalte Getränke auf der Straße. Die strahlende Sonne zaubert Nachfrage herbei und Heerscharen an Menschen aus den unteren Einkommensschichten, nur mit dem Wissen, dass eine Schachtel Styropor einigermaßen kühl hält, bieten Mineralwasser und Bier an, verdienen in drei Tagen mehr als sonst in einem ganzen Monat. Und alle sind glücklich. So einfach könnte es sein.

Klar müssen wir erwähnen, dass sich die zertifizierten Straßenhändler wünschen, dass die Polizei die illegalen entfernt. Wer mag schon Konkurrenz? Aber der Beitrag von Ö1 beklagt nicht ein einziges Mal den überlangen Arbeitstag, Ausbeutung, unmenschliche Bedingungen oder ähnliches. Normalerweise kommt das bei jeder Reportage über arme Menschen in Schwellen- oder Entwicklungsländern verlässlich vor.

Vielleicht haben die Redakteure einmal erkannt, dass die Betroffenen diese Arbeit freiwillig machen und dass ihnen das große Vorteile bringt, auch wenn das weit unter unseren Standards ist. Und dass niemandem geholfen wäre, wenn der reflexartige Ruf nach Regulierung und Kontrolle die Verkäufer effektiv von den Straßen fern hielte und die Besucher Rios verdursten müssten. Ein kleines bisschen Freiheit für unternehmerische Initiative ist ab und zu ganz erfrischend.