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Der Mittwoch Abend mit Alexander Goebel

radiow, Do, 26.03.2015, 00:51 | Werner Grotte

Alexander Göbel fragte seine Hörer Mittwoch zum Thema „Süchte“ – und war leider schlecht vorbereitet. Wie hätte es sonst passieren können, dass ein Taxifahrer namens Julius eine medizinisch kontrollierte Abgabe von „Rauschgift“ (näher konnte er es leider nicht definieren) an „Süchtige“ forderte, um der Beschaffungskriminalität und Begleitkrankheiten wie Hepatitis vorzubeugen? Im gleichen Atemzug mutmaßte Julius noch, diese Problematik würde unserer Regierung „am Oarsch vorbei geh’n“. Moderator Göbel plauderte wohlwollend mit Julius, ließ das alles aber unkommentiert stehen. Und leider meldete sich auch kein anderer Anrufer, der die Sache richtig stellte.

Die Intentionen des Herrn Julius in allen Ehren – aber genau das, was er im Radio unwidersprochen fordern durfte, gibt es längst, genauer gesagt schon seit Ende der 1980er Jahre, nämlich die sogenannte Substitutionstherapie. Die bestand anfangs darin, dass man Heroinabhängigen auf Rezept – mit damals noch erheblichem bürokratischen Aufwand - eine synthetische Ersatzdroge namens Methadon anbot. Im Gegenzug mußten sich die Abhängigen Harntests unterziehen, um sicher zu gehen, daß sie nicht nebenbei andere, verbotene Drogen nehmen. Methadon war allerdings mit Glukose versetzt und so nicht mehr intravenös sondern nur noch oral einnehmbar. Für viele alte "Junkies" ein harter Schritt.

Im Laufe der Jahre entwickelte sich das Substitutionsprogramm europaweit weiter. Die Schweizer stießen am weitesten vor und meinten, am besten sei der Originalstoff und gaben/geben an ihre eingliederungswilligen Opiatabhängigen richtiges, reines Heroin ab, das diese sich auch in sogenannten „Fixerstübli“ sauber und in Ruhe verabreichen können, ohne auf irgendwelchen U-Bahn-Klos oder in Parks blutige Spuren hinterlassen zu müssen.

Auch in Österreich wurde das Methadonprogramm zunehmend nachjustiert, denn nicht jeder vertrug den Ersatzstoff Methadon gleich gut. Ärzte konnten schließlich über eine ganze Reihe verschiedener Präparate wie Substitol, Subotex oder Vendal (reines Morphium) verfügen, die Abhängigen individuell „angepasst“ wurden und werden. Rund 7.000 Wiener sind derzeit im Substitutionsprogramm; viele davon leben ganz unauffällig, haben Familie, gehen arbeiten, zahlen Steuern, sind sozial integriert.

Andere sind auffällig, verkaufen ihre Substitutionsmedikamente in der Szene – und erwerben für das verdiente Geld Kokain. Im Gegensatz zu dem in reiner und wohldosierter Form durchaus verträglichen Heroin (außer Abhängigkeit erzeugt es kein Krankheitsbild) gibt es zu Kokain kein Substitutionspräparat. Kokain ist toxisch, zelltötend, depressionsfördernd, Kreislauf und Herz belastend – und somit kein Suchtstoff, den es sich legal zu ersetzen lohnt. Hier kann nur Justiz und Polizei tätig werden – immerhin ist der illegale Heroin- wie Kokain-Straßenhandel fest in der Hand westafrikanischer Banden, die notfalls über Leichen gehen.

Die Diskussion um Haschisch (Cannabis) läuft auf einer ganz anderen Ebene - denn Haschisch ist entgegen landläufiger Diktion kein Sucht- sondern nur ein Rauschmittel. Im Gegensatz zu den echten (Einsteiger-)Suchtgiften Alkohol und Nikotin. Haschisch macht vielleicht müde und ein bisschen verwirrt - aber es ist vergleichsweise harmlos und somit laut gängiger Lehrmeinung von Drogenexperten nicht die "Einstiegsdroge", als die es viele gern bezeichnen. 

Informationen dieser Art hätten wir uns in der zweistündigen Göbel-Diskussion gewünscht. Stattdessen erlebten wir Anrufer(innen), die mit Stammtischweisheiten wie "täten's was arbeiten, waraten's net süchtig" ausgiebig aufwarten durften. Moderator wie Redaktion scheinen bei der Sendungsvorbereitung die Komplexität des Themas Sucht nicht ganz erfasst zu haben.