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Deutschland nach der Wahl

oe1Andere, Mo, 25.09.2017, 09:11 | Werner Reichel

Auf allen Mainstreamkanälen diskutiert man gerade eifrig und aufgeregt darüber, wie es sein kann, dass die AfD nun drittstärkste politische Kraft in Deutschland ist.  Dabei sind die Diskutanten stets mehr oder weniger der gleichen Meinung, kommen zu den immer gleichen Schlüssen, drehen sich argumentativ stets im Kreis, verwenden immer dieselben vorgestanzten Satzbausteine und Erklärungsmuster und kommen des Rätsels Lösung auch nach mehreren Jahren nicht auf die Spur. Denn all diese Debatten werden auf einem unverrückbaren Meinungsfundament geführt, gründen auf einer fixen Annahme, die man nicht einmal als solche erkennt.

Dazu gehört, dass die Politiker und Wähler aller anderen Bundestagsparteien AfD-Politikern und -Wählern intellektuell und moralisch weit überlegen sind. Daraus folgt wiederum, dass alles, was die AfD andenkt, fordert und vorschlägt, immer und ausschließlich abzulehnen und nicht diskutierbar ist, weil es rassistisch, rechtsextrem, ängstlich, xenophob, dumm, gefährlich etc. ist.

Das hat die Vorteile, dass man sich nicht mit den Vorschlägen und der Kritik der AfD argumentativ auseinanderzusetzen braucht (was viele geistig ohnehin überfordern würde) und dass man sich, was für viele Deutsche offenbar sehr wichtig ist, anderen Menschen überlegen fühlen darf, ohne dafür etwas können oder leisten zu müssen, dass es reicht, die „richtige“ Haltung zu haben. Daraus folgt auch, dass man AfD-Wähler beleidigen, erniedrigen, attackieren (auch körperlich), beschimpfen und ausgrenzen darf und sogar soll.

Auf dieser Basis versucht man das Phänomen AfD zu ergründen, fragt sich ernsthaft, warum AfD-Wähler die etablierten Parteien und die Mainstreammedien so vehement ablehnen, warum diese Menschen von den angeblich alternativlosen Haltungen und Meinungen und der angeblich alternativlosen (Energie-, Einwanderungs- oder EU-) Politik in Deutschland die Nase voll haben. 

Heute auf Ö1, die „Expertenrunde“ versucht den Wahlerfolg der AfD zu analysieren: Einer meint, das Land sei nicht in links und rechts gespalten, sondern sei entweder „ängstlich“ oder „weltoffen“.  Eine Dame spricht im Zusammenhang mit den sechs Millionen AfD-Wählern von „Bodensatz“, bezeichnet die AfD als rechtsextrem und dass es eine Katastrophe sei, dass die AfD nun im Bundestag sitze, ein weiterer Experte spricht von den irrationalen Entscheidungen dieser Menschen.

Und so diskutiert man hin und her und kommt einfach nicht drauf, warum die AfD-Wähler von solchen Experten, Journalisten und Politikern die Schnauze voll haben. Vielleicht kommen diese geistigen und moralischen Lichtgestalten nach dem nächsten Bundestagswahldebakel, das vermutlich so ferne nicht liegt, auf ihrer Suche nach Antworten wieder ein kleinen Schritt weiter.