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Elisenda Florentina
 

Der ORF besitzt eine situative Auffassung von politischer Korrektheit. Im Falle eines weiblichen Bundespräsidentschaftskandidaten kann man getrost darauf verzichten. Wurde in der Vergangenheit peinlich genau auf das – durchaus anstrengende – korrekte Gendern Acht gegeben, so dürfte die Wahrnehmung im Wahlkampf stark getrübt gewesen sein, ob der Bedrohung durch einen weiblichen – zu allem Überfluss auch noch parteilosen – Kandidaten in Person von Frau Griss.

Dass eine Frau erste Bundespräsidentin Österreichs werden könnte, muss den Redakteuren des ORF schlaflose Nächte bereitet haben. Offenbar wurde gemeinsam eine gute Gegenstrategie entwickelt. Geradezu akkordiert sprachen sowohl ORF als auch alle Kandidaten (bis auf Griss) von dem Bundespräsidenten:

  • Der Bundespräsident solle dies machen, jenes vermeiden.
  • Der Bundespräsident habe den Oberbefehl über das Heer.
  • Der Bundespräsident könne die Regierung entlassen.
  • Die Kandidaten meinen dieses oder jenes.

Und nicht – wie im ORF sonst üblich – die Kandidaten und die Kandidatin bzw. der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin. Die Redakteure des ORF (insbesondere der Moderator Frau Thurnher in der Elefantenrunde) vermieden aufs Peinlichste die Diktion „die Bundespräsidentin“. Auf den amtlichen Stimmzetteln stand allerdings eindeutig zu lesen, worum es ging: „Wahl der Bundespräsidentin oder des Bundespräsidenten“. Man fragt sich nun, warum diese Information nicht bis in den ORF vorgedrungen ist.

Politische Korrektheit ist zur Beliebigkeit verkommen. Man kann getrost darauf verzichten, wenn die persönlichen politischen Ziele dies erfordern. Interessanter Nebenaspekt ist zudem, dass selbst Van der Bellen, dessen Grüne sich als Vorkämpfer für Gleichberechtigung und politische Korrektheit inszenieren, ausschließlich von dem Bundespräsidenten sprach.

Jeder Parlamentarier spricht von Österreicherinnen und Österreichern, von Arbeiterinnen und Arbeitern. Hofer, Van der Bellen, Khol und Hundstorfer saßen alle bereits im Parlament und bedienten sich dieser dort üblichen Diktion. Warum also nicht auch im Zuge der Wahlwerbung?

Das politisch korrekte Gendern ist kein Segen für die deutsche Sprache. Äußerst skurril mutet allerdings an, dass die Präsenz einer kandidierenden Frau in deren Gegenwart negiert wird. So, als ob sie überhaupt nicht kandidiere. So, als ob sie keine Frau sei. So, als ob keine Frau zur Wahl stünde.

Dass einer Kandidatin die Frage gestellt wird, wie ihrer Meinung der Bundespräsident sein Amt auslegen solle, ist nicht nur ignorant, sondern in höchstem Grad unhöflich und respektlos. Äußerst manipulativ wurde Frau Griss stets bezüglich des Präsidenten gefragt, wodurch sich diese dazu gezwungen sah, darauf hinzuweisen, dass es auch um die zukünftige Präsidentin gehe.

Immerhin war doch auch Frau Griss Präsidentin des Obersten Gerichtshofs. Unerklärlich ist demzufolge die Auffassung des ORF, dass Frau Griss – im Falle eines Siegs – der nächste Präsident Österreichs würde.