ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


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Andreas Unterberger
 

Die Talfahrt des ORF ist auch 2017 in atemberaubendem Tempo weitergegangen. Aber dennoch besteht die ganze Medienpolitik der neuen Regierung vorerst nur aus ein paar billigen Kosmetika. Sie hofft mangels eigener Ideen auf eine ominöse Diskussionsveranstaltung als Zauberidee, die plötzlich die Lösung bringen soll. Bei der aber zweifellos überwiegend Profiteure des Systems, nicht jedoch dessen Zahler auftreten werden. ÖVP und FPÖ wagen die einzig relevante Grundfrage nicht einmal in den Mund zu nehmen: Wozu müssen die Österreicher überhaupt noch ORF-Zwangsgebühren zahlen, wenn der Sender immer weniger eingeschaltet wird?

Statt primär über das rasche Wie eines Auslaufens der Gebühren nachzudenken, wird von einem Zusammenrücken zwischen ORF und den paar privaten Anstalten gebrabbelt. Diese Idee heißt auf Deutsch "Kartell" und ist in anderen Branchen gesetzlich verboten. Aber offenbar will die Regierung die Marktwirtschaft im Medienbereich wieder ganz eliminieren, die sich in der österreichischen Fernsehwelt ohnedies viel später und zaghafter als in sämtlichen anderen demokratischen Staaten entwickelt hat (wer daran zweifelt, möge die Fakten in diesem Buch von Werner Reichel lesen).

Andere Medienideen bekommt man von einer bürgerlichen Regierung jedenfalls nicht zu hören. Dabei würde man sich gerade von einer solchen eigentlich eine Abkehr von einer überflüssig gewordenen Staatszwangswirtschaft erwarten. An dieser Feigheit der Regierung ändert offenbar auch der Umstand nichts, dass Schwarz wie Blau seit Jahr und Tag im rotgrünen ORF nur abgewatscht werden. Aber an den Gebühren wird dennoch nicht gerüttelt – offensichtlich in einer Geisteshaltung aus Zeiten, da auch noch der Semmelpreis staatlich reguliert war.

Steckt hinter dieser Feigheit nur Dummheit und Masochismus? Oder findet man dahinter wieder einmal die Landeshauptleute, die lediglich an ihren täglichen 20 Minuten PR im Landeshauptmann-Fernsehen interessiert sind (und von denen manche auch einen heimlichen Aufschlag auf die ORF-Gebühren kassieren)? Oder plant man gar eine Wiederholung des Irrtums der ersten schwarz-blauen Regierung, als man geglaubt hat, durch Austausch zweier Spitzenfunktionäre eine bis in die Knochen linke Mannschaft zu einer ausgewogenen Berichterstattung bringen zu können (Im Jahr 2000 hatten die beiden Fernsehprogramme freilich noch einen Marktanteil von 48 Prozent, was damals die Aufrechterhaltung der Gebühren vielleicht noch irgendwie gerechtfertigt hat)?

Das ist alles eigentlich schwer zu glauben. Aber offensichtlich doch wahr.

Das Desaster der Jahresergebnisse des ORF spricht jedenfalls für sich, und müsste spätestens jetzt diese längst fällige Grundsatzdiskussion einläuten. Die beiden Haupt-TV-Programme des ORF haben nämlich im Vorjahr zusammen(!) gerade noch 31,4 Prozent Marktanteil erreicht (das sind wieder minus 1,5 Punkte gegenüber dem Jahr davor).

Um es deutlicher zu sagen: Der ORF hat also wieder rund fünf Prozent der Seher verloren. Das ist ein Zwanzigstel. Und selbst diese Katastrophenzahl (unter einem Generaldirektor, der sich bei Amtsantritt auf 40 Prozent verpflichtet hat!) ist nur eine sehr geschminkte Wahrheit: Denn die Zahlen wären ohne zwei externe Ereignisse noch viel schlechter, die dem ORF die relativ besten Erfolge brachten. Das waren die Nationalratswahl  und die Skiweltmeisterschaft.

Beides können Private aber genauso gut übertragen. Bei der Wahl hat die linke Puls4/ATV-Redaktion schon gezeigt, dass sie es sogar besser kann. Die Talkrunden auf Servus-TV sind ungefähr fünfmal so interessant und ausgewogen wie die im ORF; auf dem Salzburger Privatsender kann man auch täglich um 19,20 Uhr Nachrichten sehen, welche die darauffolgende ZiB des ORF alt und schlagseitig ausschauen lassen. Und die Aktualität wird längst besser durch das Billigprogramm von oe24.at bedient, das alle relevanten Pressekonferenzen und Ereignisse direkt überträgt, sodass sich die Interessierten ein viel ungeschminkteres Bild machen können, ohne sich über die dümmlichen Kommentare eines Herrn Bürger oder Pfeifer ärgern zu müssen.

Wozu also noch ORF? Wegen Serien und Filmen, die man auf zahllosen anderen Sendern ganz genauso sehen kann? Wegen eines Sendernetzes, das in Zeiten der Satelliten auch für das hinterste Alpental überflüssig geworden ist?

Von den letzten Verteidigern des Staatsfernsehen wird in ihrem Argumentationsnotstand als verzweifeltes Gebührenverteidigungselement oft noch gemurmelt: "Aber das Österreichische!"

Ja, wo ist es denn, das Österreichische? In der ORF-Sprache ist es längst durch hemmungsloses Deutschdeutsch verdrängt. Regionales Fernsehen entwickelt sich auch ganz ohne Gebühren blendend, selbst unter die Größenordnung eines Bundeslandes hinunter, wie alle internationalen Beispiele zeigen, also braucht es auch dazu kein Gebührenfernsehen. Die nationale Politik Österreichs wird von den Privaten heute schon besser gecovert. Und die Dauerauftritte linker "Comedians" im ORF werden von Woche zu Woche noch schwächer (und würden genauso in die Linie von Puls4/ATV passen).

Bleibt noch die sauteure Förderung durchwegs schwacher österreichischer Filmproduktionen. So oft ich einen dieser Filme gesehen habe, habe ich ein altes Gesetz bestätigt gesehen: Wo der Staat drinnen ist, kann nichts Gutes herauskommen, sondern nur langweilig Politisch-Korrektes. Die guten Drehbuchschreiber sind offenbar alle nach Hollywood emigriert (Man konnte etwa zu den Feiertagen den Unterschied der jammervollen ORF-Maria-Theresia von heute mit der hochprofessionellen "Sisi" oder gar "Mayerling" vergleichen, die mit Sicherheit auch in Jahrzehnten rund um die Uhr abgespielt werden …).

Die angeblich (warum eigentlich?) so wichtige Filmproduktion in Österreich fördert man besser, wenn man nicht den teuren Umweg über den ORF geht, sondern indem man für alle(!) Filmproduzenten, die hier drehen wollen, möglichst günstige Arbeitsbedingungen schafft. Das geschieht vor allem durch niedrigere Steuern und weniger Regulierung. Und notfalls kann man auch durch Zuschüsse gezielt nachhelfen, wenn österreichische Städte oder Skiorte dafür ins Bild gerückt werden.

Im Übrigen wird das Argument "Österreich!" durch die derzeit einzig bekannte Regierungsidee eines Kartells ORF-Private zusätzlich ad absurdum geführt. Denn die größte private Sendergruppe – also Puls4/ATV – ist längst in deutscher Hand.

Ach ja, und in allerletzter Not wird dann oft noch das Argument hervorgeholt: "Aber wir können doch nicht die Tausenden ORF-Mitarbeiter arbeitslos machen!" Schmerz lass nach. Denn:

  • Erstens kann man das sehr wohl. Das passiert nämlich alljährlich auch vielen Hunderttausenden anderen Österreichern, wenn ihr Arbeitgeber zusperren muss oder in eine Krise kommt, obwohl sie vorher keinen so überzahlten Job hatten wie ORF-Angestellte. Niermand rettet ihren Job mit Zwangsgebühren. Diese gewöhnlichen anderen Österreicher müssen vielmehr selbst diese Gebühren zur Finanzierung der ORF-Jobs zahlen.
  • Das Arbeitsplatzargument erinnert zweitens lebhaft an die vielen Milliarden Steuergeld, die einst mit ähnlichen Argumenten in den verstaatlichten Betrieben wie Voest, AUA, Hypo Alpen Adria & Co verbrannt worden sind. Bis dann nach der Privatisierung überwiegend florierende Unternehmen entstanden sind.
  • Drittens wird mit Sicherheit nach einem Gebühren-Aus die private Fernsehwelt erst richtig aufblühen und viele Ex-ORFler anstellen, sofern sie tüchtig sind. Zum Glück für die ORFler stecken wir derzeit ohnedies in einem Konjunkturhoch - also der besten Zeit, um so etwas zu machen.
  • Und viertens wird man gerade derzeit auch an die ebenfalls sauteuren Aktionen erinnert, mit denen der SPÖ-Bundeskanzler Kern zu Lasten aller anderen Steuerzahler (und damit auch deren Jobs!) via "Aktion 20.000" und "Beschäftigungsbonus" einige Arbeitsplätze subventioniert wollte. Diese beiden Aktionen werden jetzt völlig zu Recht von der neuen Regierung abgeschafft (ganz abgesehen davon, dass sie wahrscheinlich auch den Gleichheitsgrundsatz der Verfassung verletzen).

In Sachen ORF hingegen traut sich die Regierung offensichtlich einen ähnlichen Akt nicht zu – obwohl der dort noch viel mehr berechtigt wäre. Das ärgert die Österreicher (natürlich mit Ausnahme der dabei zweifellos lautstark auftretenden Profiteure) zutiefst. Das wird aber am Ende – spätestens in fünf Jahren – vor allem ÖVP und FPÖ auf den Kopf fallen. Warum auch soll man Parteien wählen, die nicht die Kraft zu den notwendigen Reformen haben? Wegen des Rauchverbots und der Änderung des Tempolimits wird man sie sicher nicht wählen.

PS: Wenn schon ständig "Österreich" bemüht wird, um die weitere Zwangsfinanzierung des Schrumpf-ORF durch die Österreicher zu verteidigen, dann wäre es doch das Vernünftigste und einzig Anständige, die Österreicher selber zu fragen: "Brauchen wir noch einen Gebührenfunk?" Aber freilich: Die Direkte Demokratie hat man ja nur vor der Wahl versprochen, nachher jedoch weitestgehend entsorgt ...