ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Niklas G. Salm (ServusTV Do, 01.03.2018, 22:15)
Talk im Hangar 7 - ORF: Parteiisch, teuer und überholt?

Einige haben ja im Vorfeld vermutet, ORF-Generaloberboss Wrabetz würde sich eventuell erst gar nicht den vielen Kritikern in dieser Sendung stellen und kurzfristig absagen. Nun, das hat er nicht getan. Er wirkte aber über die gesamte Sendezeit hochgradig nervös und angespannt. Und er entblödete sich nicht, gleich zu Beginn die Einladungspolitik von ServusTV zu kritisieren. Pluralität wäre da eben bloß, dass die ganzen bösen ORF-Kritiker aus Österreich, Deutschland und der Schweiz stammen würden. Haha, was haben wir gelacht.

Aber gut, Herr Wrabetz kennt eben die ausgewogene Einladungspolitik von ORF-Bildschirmfesten wie "Im Zentrum", wo stets vier Linke samt Moderator(in) über einen Bürgerlichen herfallen und sich dabei als intellektuell überlegene Sieger feiern. Jetzt stand er selber einmal einer Mehrheit an Kritikern gegenüber und machte natürlich sofort auf Heulsuse.

Von Herrn Wrabetz war aber auch nichts anderes zu erwarten. Wirklich tief erschütternd war hingegen der Auftritt von Medienminister Gernot Blümel, der für die Zukunft nichts Gutes erhoffen lässt. Dass dieser Mann einer bürgerlich-konservativen Partei angehört, war einzig dem Insert bzw. der Einleitung von Moderator Fleischhacker zu entnehmen. Der folgende Auftritt des Türkisen war aber schlicht und ergreifend niederschmetternd! Nicht nur, dass Blümel ständig den ORF, Wrabetz und die Zwangsgebühren verteidigte. Nein, es ging noch schlimmer.

Denn Herr Blümel offenbarte als ÖVPler große Angst vor dem freien Markt, vor dem es den armen ORF zu schützen gilt. Er propagierte stattdessen einen staatlich organisierten Wettbewerb - was auch immer das sein soll. Außer einem Widerspruch in sich selbst. Dazu forderte er Pflichtquoten für österreichische Musik im Radio - grotesker geht es gar nicht mehr. Außerdem müsse der Staat ja Monopole verhindern, irrlichterte der Herr Medienminister. Dass der ORF selber der Quasi-Noch-immer-Monopolist ist, hat er dabei wohl nicht ganz behirnt. Zum Glück hat ihn Moderator Fleischhacker darauf hingewiesen.

Wenigstens war Herr Blümel so ehrlich zuzugeben, dass er ja kein Medienexperte sei, sondern bloß Politiker. Die Schlichtheit bei gleichzeitiger epischer Breite dieses Eingeständnisses spricht für sich.

Wirklich großartig in der Diskussion war Medienwissenschaftler Norbert Bolz, der große Dinge sehr gelassen aussprach. Etwa, dass er nicht verstehen könne, wieso der freie Markt nicht dazu in der Lage sein solle, Produktionen guter Qualität abzuliefern. Tja, warum "Soko Donau" qualitativ hochwertiger sein soll, als diverse Hollywood-Blockbuster, das vermag vermutlich nur Herr Wrabetz zu erklären. Dazu kam er aber nicht, denn Bolz ergänzte: "Leider kann ich keine qualitativ hochwertigen Inhalte im öffentlich-rechtlichen Fernsehen entdecken!" Rums, der hat gesessen.

Aber noch einmal zurück zu Herrn Wrabetz. Der lebt wahrlich in einer eigenen Welt und fühlte sich deshalb bei ServusTV sichtlich unwohl. Er hatte aber die Härte, ernsthaft zu behaupten, mit einer Milliarde Euro Jahresbudget sei der ORF leider unterfinanziert. Man wolle ja auch auf ORF 1 eigentlich hochwertigere Inhalte bringen, könne sich das aber leider nicht leisten. In einer der zahlreichen SitComs auf ORF 1 wäre an dieser Stelle schallendes Gelächter eingespielt worden.

Aber von Wrabetz kamen noch mehr Brüller. Etwa wenn er von Internet-Medien wie diesem hier abschätzig als "Internet-Troll-Farmen" sprach, die nur Fake News verbreiten. Und als er meinte, der ORF würde ständig von allen kritisiert, "weil wenn man in der Mitte steht, gibt es natürlich Vorwürfe von links und rechts." Ja freilich, und das Sandmännchen fliegt von Haus zu Haus. Noch ein Wrabetz-Sager gefällig? "Wir müssen Kommentar und Meldung strikt trennen!" Echt jetzt? Armin Wolf macht das ja immer vorbildlich, stimmt.

Natürlich sei der ORF eine zivilisatorische Errungenschaft und die USA und Israel, die beide ohne Staatssender auskommen, sind für Wrabetz natürlich keine Vorbilder, sondern ganz pfui. Erziehungs-TV wie der Tatort ist für den Ober-ORFler auch voll ok, denn europäische Werte wie Toleranz dürfe man ruhig zeigen. Natürlich, alles logo! Für ORF-Watch-Autor Werner Reichel hatte Wrabetz übrigens gleich mal die üblichen Keulen parat. Er sei Verschwörungstheoretiker und homophob (weil er mal was an Conchita Wurst kritisiert hat). Viel mehr fiel ihm zu Reichels Statements nicht - etwa als der völlig richtig klarstellte, dass nur ein wirklich freier Medienmarkt ein echter Garant für Demokratie sei.

Leider kamen Werner Reichel und auch der Schweizer Zwangsgebührenkritiker Olivier Kessler nicht ganz so oft und lange zu Wort, wie die Herren Wrabetz und Blümel. Die entschädigten den Zuschauer dafür mit so manchem Aha-Erlebnis. Das größte blieb dabei unausgesprochen - nämlich dass die beiden Herren offenbar krampfhaft versuchen wollen, einen Anachronismus künstlich am Leben zu erhalten. In etwa so, als ob man per Zwangsgebühr weiter auf Postkutschen statt auf Flugzeuge setzen wollte...