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Elisabeth Hennefeld
 

 

 

Ö1 verkündet mit stolzgeschwellter Brust, zwei seiner Sendungen aus dem letzten Jahr sind mit internationalen Radiopreisen ausgezeichnet worden. Wer immer auch in der Jury saß, und nach welchen Kriterien die auch immer gewählt hat, Ö1 holte Silber und Bronze in der Kategorie „Dokumentation/Information“.

Eine der beiden Radiodokumentationen thematisierte den Freitod eines Jugendlichen, der nach einer Mobbing-Attacke im Internet keinen Ausweg mehr gesehen hat. Die zweite beschäftigt sich mit einem Asylwerber und seiner Abschiebung zurück in seine Heimat Nigeria. Beide haben eines gemeinsam: Neben viel tragischem Einzelschicksal, sehr emotional, sehr bedrückend, gehen beide vollkommen am Thema vorbei. Das Internet ist vermutlich nicht schuld daran, dass der Junge total verzweifelt war, sondern sein Umfeld, seine Mitschüler oder wer auch immer ihm das Leben schwer gemacht hat; und die hätten ihn das auch ohne Internet spüren lassen können.

Und der Beitrag über den jungen Mann, dessen Asylantrag abgelehnt wurde, enthält keinen Piep, warum er um Asyl angesucht hat, oder dass er in irgendeiner Form zu Hause verfolgt wurde oder wird. Beide Dokumentation gehen überhaupt nicht auf die Kernproblematik ein, die sie eigentlich darstellen wollen, sondern werfen dem Hörer nur inkohärente Mitgefühlhäppchen hin. Keine systematischne Analysen, keine übertragbaren Schlussfolgerungen. Dafür Preise, Gratulation, ich will gar nicht wissen, was die Jury sonst noch für Sendungen zur Auswahl hatte.