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Werner Reichel
 

UKW-Radio verliert an Bedeutung. Vor allem bei den Jungen. 70,7 Prozent der 20-29jährigen Deutschen haben noch im vergangenen Jahr ihre Lieblingssender via  Radiowecker, Küchen- oder Autoradio, also mit analogen UKW-Geräten,  empfangen. Heuer waren es nur noch 62,3 Prozent, ein Minus von 8,4 Prozentpunkten. Das geht aus den eben veröffentlichen Zahlen des Digitalisierungsberichts der deutschen Medienanstalten hervor.  Für Österreich gibt es solche aktuellen Zahlen nicht, sie dürften sich von den deutschen aber nicht wesentlich unterscheiden.

Wenig überraschend ist im Gegenzug das Internet als meistgenutzte Radioempfangsart stark gestiegen. Bei den 20-29jährigen innerhalb eines Jahres von 11,6 auf 14 Prozent. Nach wie vor ein Schattendasein führt digitales Antennenradio (DAB). Als meistgenutzte Empfangsart hat sich DAB in dieser Altersdekade zwar verfünffacht, allerdings auf sehr bescheidenem Niveau, nämlich von 0,2 auf 1,1%. Insofern war es von der österreichischen  Rundfunkbehörde, der KommAustria, klug, den DAB-Start in Österreich immer wieder nach hinten zu verschieben.

 

Bei den jüngeren Zielgruppen verliert UKW nun immer rascher an Bedeutung, bei den über 50jährigen gibt es kaum Veränderungen, hier sind die Zahlen stabil. Das analoge UKW-Radio wird also noch viele Jahre weiterbestehen, deren Nutzer aber zunehmend älter und weniger. Die Zukunft von DAB bleibt weiter ungewiss, denn trotz großer Anstrengungen in Deutschland und anderen Ländern scheint der Durchbruch nicht zu kommen.  Zwar sind die Nutzerzahlen relativ am deutlichsten gestiegen, aber eben auf sehr niedrigem Niveau. Für gerade einmal 1,1 Prozent der Deutschen ist DAB die wichtigste Radioempfangsart.  Von einem Siegeszug kann man nicht gerade sprechen, vor allem, wenn man DAB-Geräte mit der Markteinführung und dem schnellen Aufstieg anderer neuer Technologien vergleicht, etwa dem Smartphone. Es ist deshalb nicht schwer zu erraten, wer beim Duell Streaming gegen DAB als Sieger hervorgehen wird.

Der gesamte Radiomarkt wird sich massiv verändern. Abgesehen von einigen Oldie- und Schlagersendern (Arabella, Radio Wien, Radio NÖ, etc.), die ihre Hörer auch noch in den nächsten Jahren oder  Jahrzehnten primär über UKW erreichen werden, müssen sich die jüngeren Sender dieser Entwicklung bereits jetzt stellen und zwar in allen Bereichen, von der Programmierung bis hin zur Vermarktung. Es scheint, dass da noch viel zu wenig passiert.

Die Zeitungsbranche hat diese Entwicklung seinerzeit weitgehend verschlafen, mit fatalen (bis hin zu letalen) Folgen, wie wir nun sehen. Aber die Veränderungen bei den Verbreitungswegen und der Radionutzung müssen keine Gefahr für die Radiosender sein. Sie öffnen auch viele neue Möglichkeiten. Weg vom einheitlichen linearen Massenprogramm, hin zu individualisierten Inhalten und Angeboten.

So können künftig Radiospots, so wie die Banner auf den Internetseiten,  genau auf die Interessen des Hörers zugeschnitten werden. Der Radiohörer bekommt nur noch die Werbung, die ihn wirklich interessiert. Das freut sowohl die Werbewirtschaft, als auch die Hörer.  Die Streuverluste werden minimiert, der Hörer wir nicht mehr mit Spots  für Produkte, die er nicht braucht oder will, belästigt.

Auch die Musik zwischen den Wortbeiträgen  oder die Inhalte zwischen der Musik können so den Vorlieben und Interessen des Hörers entsprechend angepasst werden. Es gibt viele Möglichkeiten. Die Vordenker der Branche arbeiten bereits mit Hochdruck daran. Voraussetzung dafür sind aber starke Radiomarken, die auch in dieser neuen Situation bestehen können und für die Hörer auch unter den geänderten Bedingungen attraktiv sind.

Der ORF besitzt mit Ö3 oder auch Ö1 solche Radiomarken. Aus Sicht des ORF sind die Pläne und die Bemühungen in diese Richtung („Ö3 Visual“ oder  Radiothek) deshalb verständlich. Ebenso wie die Abwehrreaktion der Privatsender.

Nur mit einem UKW-Programm wird Ö3 auf Dauer nicht überleben können. Nun ist die Politik gefragt, einen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der den neuen Entwicklungen Rechnung trägt. Mit dem Wandel wird aber die Politik und der Staat  als regulierende Kraft an Bedeutung verlieren. Mit der Vergabe und Zulassung von UKW-Frequenzen konnte die Rundfunkbehörde und der Gesetzgeber den Rundfunkmarkt noch weitgehend nach seinen Vorstellungen gestalten.  Das Ergebnis kennen wir: ein zugunsten des ORF stark verzerrter Markt.

Im Internet ist das (außer in totalitären Systemen wie in Nordkorea) nicht mehr möglich. Hier können, im Gegensatz zum analogen und digitalen terrestrischen Radio,  unendlich viele Programme gesendet werden. Eine Regulierung wie bei UKW ist damit hinfällig. Das bedeutet weniger Staat, mehr privat. Und das  ist in jedem Fall ein erfreulicher Fortschritt. Nur der ORF  braucht als gebührenfinanzierte  Anstalt mit öffentlich-rechtlichem Auftrag entsprechende gesetzliche Rahmenbedingungen.