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Werner Reichel
 

Die altehrwürdige FAZ muss sparen und streicht 200 Stellen. Die Bildzeitung verliert innerhalb eines Jahres mehr als 8% ihrer verkauften Auflage. Gleich mehrere Zeitungen in Deutschland und Österreich sind in den vergangenen  Monaten pleite gegangen. Der klassische Mainstreamjournalismus steckt in einer tiefen Krise. Trotz dieser tristen Aussichten wollen nach wie vor jedes Jahr Tausende  Jugendliche Journalisten werden oder „irgendetwas mit Medien machen“.

Vor wenigen Tagen hat die Fachhochschule für Journalismus und Medienmanagement in Wien wieder mehrere solcher Nachwuchskräfte fertig ausgebildet und in die freie Wildbahn entlassen. Bei der Sponsionsfeier will ihnen Fritz Dittlbacher die berechtigten Zukunftsängste nehmen. Ausgerechnet der ORF Fernsehchefredakteur. Als Mitarbeiter einer geschützten Werkstätte, die, dank ihrer Verflechtungen mit der Politik und dank der saftigen Zwangsgebühren,  von dieser Krise ohnehin nicht betroffen ist, lässt es sich leicht über den Journalismus und seine Zukunft schwadronieren.

Wie es sich für eine Sonntags- oder Festrede gehört, spart Herr Dittlbacher nicht an Pathos und trägt richtig dick auf.

„Es ist eine ungemein fordernde und verantwortungsvolle Tätigkeit, weil wir dadurch ja schließlich das Weltbild der Menschen prägen. All ihr Wissen, das über die unmittelbar erlebte persönliche Erfahrung hinausgeht. Für alles, an dem ich nicht selbst Anteil hatte, brauche ich Medien als Vermittler. Ein jetzt dafür recht modisch gewordener Begriff ist der des "Kuratierens". Und dafür braucht man eine Menge Wissen, eine fundierte Ethik und einen distanzierten Blick. Distanz ist wichtig. Sie unterscheidet den professionellen Journalisten, die professionelle Journalistin vom Amateur (…)“

Ja, Distanz ist wichtig,  aber warum erzählt das Fritz Dittlbacher den Jungjournalisten? Zuerst beim SPÖ-Parteiorgan Arbeiterzeitung, danach beim ORF. Ein echter Spezialist  in Sachen Distanz, Ethik und Unabhängigkeit.  Als Chef vom Dienst beim ORF  soll er zudem nach Interventionen aus der SPÖ-Zentrale einen Beitrag über die Euroteamaffaire gekürzt haben. Jan Klima, der Sohn des damaligen Bundeskanzlers Viktor Klima, kam in dem Beitrag danach nicht mehr vor. 2011 berichtet die Presse über einen ähnlichen Vorfall. Ein Beitrag über die Inseratenaffaire rund um Werner Faymann und Josef Ostermayer  wird durch eine unverfänglichere Moderation ersetzt.  Eine ausschließlich journalistische Entscheidung betont Dittlbacher  nach entsprechenden Zeitungsberichten.

Wie auch immer, was ein echter ORF-Mann ist, der kann sich, Distanz hin oder her, ohnehin nicht damit begnügen, die Menschen „nur“ zu informieren. Ein bisserl Ideologie und ein gewisser missionarischer Eifer darf uns soll schon dabei sein:  

„Ernstzunehmende Medien müssen daher ein wenig Moralisten sein, auch wenn das fad klingt. Und sie müssen die Menschen, die für sie arbeiten, auch dafür bezahlen, auch wenn das teuer klingt. Sonst sind sie keine professionellen Medien. Meinungen bekomme ich zuhauf, und Meinungen sind immer gratis.“

Außer die vom ORF. Die sind alles andere als billig. Die linke Volkspädagogik muss den Österreichern schon etwas wert sein. Und wie finanziert man solche Medien mit „moralischem“ Mehrwert?

Über eine ordentliche Medienförderung. Über öffentlich-rechtliche Modelle. Über Stiftungen, wie etwa beim "Guardian". Über Crowdfunding, über Abo-Modelle, über Inserate, meinetwegen über Mäzenatentum.“

Dass Dittlbacher bei der Finanzierung von Medien zuallererst Förderungen und Gebühren einfallen und Inserate, also klassische Werbung, erst  ganz hinten kommen, zeigt mehr als deutlich, wo er politisch steht. Wer ein System propagiert, in dem die meisten Medien dank Gebührenfinanzierung und Förderungen vom Wohlwollen des Staates und der Parteien abhängig sind, sollte den Mund von wegen Objektivität, Demokratie, Moral, Unabhängigkeit und Distanz nicht zu voll nehmen. Zumal eine der Ursachen für  die Krise der Mainstreammedien deren politisch-korrekte Schlagseite ist. Immer mehr Menschen haben von der tendenziösen und selektiven Berichterstattung die Nase voll und wandern ins Internet ab. Wenn die Antwort  auf solche Entwicklungen sein soll, diese Medien mit Förderungen und/oder Gebühren künstlich am Leben zu erhalten, damit sie ihre propagandistische Funktion auch weiterhin ausüben können, dann ist das alles andere als demokratisch.  Solche Vorschläge sind auch nicht besonders neu. In Deutschland hat welche Partei vor nicht allzu langer Zeit vorgeschlagen, die Zeitungskrise dadurch zu lösen, marode Blätter mit „hohem journalistischen Anspruch“, sprich  mit der richtigen politischen Ausrichtung, mit Steuer/Fördergeldern weiter durchzufüttern?

Die SED-Nachfolgepartei die Linke. Eine Partei, die bis heute nicht anerkennen will, dass die DDR ein Unrechtsstaat war.  Sie hat diesen Vorschlag sicher nur  aus Sorge um die journalistische Mindeststandards  und die Demokratie gemacht. Wenn man nach den Ursachen der Medienkrise sucht, könnte man auch einmal darüber nachdenken, was den Jungjournalisten während ihrer Ausbildung  so alles auf den Weg mitgegeben wird.