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Werner Reichel
 

2.000 Empörte protestieren in Wien gegen eine betagte Kaffeehausbesitzerin. Sie hatte es gewagt, zwei knutschende Lesben aus ihrem Lokal zu weisen. Was für ein Skandal! Nach den blutigen Attentaten von Paris haben die Gutmenschen schnell wieder einen Gegner ihrer Kragenweite gefunden. Eine harmlose nette ältere Dame. Der ORF und  viele andere nationale und sogar internationale Medien blasen die Geschichte groß auf, man ist - wie so oft - empört.

Und so setzen viele mutige und engagierte Menschen kurz darauf mit einem Massenküssen vor dem Kaffeehaus des Bösen ein Zeichen für Toleranz und Gerechtigkeit. Dafür nehmen sie auch einiges auf sich. Der ein oder andere Demonstrant hat nach der Kundgebung zerrissene Hosenbeine, denn die Protestbühne ist mitten in einem Rosenbeet aufgebaut worden. „Das muss man für die gute Sache in Kauf nehmen“, sagt eine verwegene Demonstrantin einem Zeitungsreporter.

Ja, solche Strapazen und Gefahren sind der maximale Preis, den man für sein Engagement zu zahlen bereit ist, mehr nicht. Der angenehme Nebeneffekt, mit so einer für die gute Sache beschädigten Hose kann man auf Facebook viele Likes und bewundernde Kommentare sammeln und so sein Engagement und seine korrekte politische Einstellung öffentlich unter Beweis stellen.

Der Kampf und der Einsatz für Gerechtigkeit und Toleranz müssen Spaß machen, zum gerade angesagten Lifestyle passen, gesellschaftliche Anerkennung bringen, den Selbstwert erhöhen und sie dürfen nichts kosten und schon gar nicht die Lebensqualität in irgendeiner Weise einschränken.

Nach den Massakern von Paris sind alle Charlie. Warum auch nicht. Mehr als ein Foto auf Facebook auszutauschen hat es dazu nicht gebraucht, um sich etwas vom Mut der Charlie-Hebdo Zeichner und Redakteure auszuleihen. Dass die Millionen von Charlies auch noch Charlie sein wollen, wenn sie dafür tatsächlich etwas riskieren müssen, vielleicht sogar ihr Leben, ist eher unwahrscheinlich. Nur so lange es einfach und billig ist, ist man ein guter und engagierter Mensch, der zu seinen Überzeugungen steht und gegen die Diskriminierung von Minderheiten  „kämpft“. Das wissen auch viele französische Juden, sie haben nur wenig Vertrauen in diesen zur Schau gestellten Mut und verlassen zu Tausenden Frankreich in Richtung Israel.

Und das, obwohl es so viele Widerstandskämpfer wie noch nie zuvor gibt, die die Machtergreifung der Nazis mit ihrem heroischen Einsatz tagtäglich verhindern. Und es werden, je länger Hitler tot ist, immer mehr. Dass der neue Antisemitismus in Europa von ganz anderen Gruppen ausgeht, wird völlig ignoriert. Und es ist sicher auch nur ein Zufall, dass es nur noch sehr wenige echte Nazis gibt und sie deshalb im Gegensatz zu anderen politischen und religiösen Strömungen  kaum eine reale Gefahr für die Demokratie darstellen.

Das  politisch-korrekte Milieu ist ein Seismograph für die Gefährlichkeit von neuen gesellschaftlichen, politischen und religiösen Bewegungen und Entwicklungen. Je größer das Engagement, je schärfer die Kritik und je breiter der Widerstand,  desto ungefährlicher sind diese Gruppen und Strömungen. Denn die Anhänger und Nutznießer der neosozialistischen Weltanschauung sind in Wahrheit nur Papiertiger. Auseinandersetzungen mit echten Gegnern und Feinden gehen sie aus dem Weg, diesen Kampf überlassen sie anderen, er könnte ja zu Unannehmlichkeiten führen.

Der Widerstand gegen die PEGIDA-Bewegung ist deshalb so breit und groß, weil sie derzeit noch jene Stärke hat, mit der es die politisch-korrekten Mitläufer noch aufnehmen können und wollen. Auch hier kann man ganz billig moralisch Bonuspunkte sammeln. Wer PEGIDA-Demonstranten wegen einiger dubioser Führungsfiguren pauschal als Nazis, Idioten und Modernisierungsverlierer beschimpft, kann sich auf deren Kosten selbst erhöhen und  sich als aufgeschlossener und guter Mensch fühlen. Sollte aber PEGIDA tatsächlich zu einer bestimmenden politischen und gesellschaftlichen Kraft oder gar zu  einer echten Gefahr für die Demokratie werden, dann wird auch der Widerstand  gegen diese Bewegung weitgehend erlahmen.

Ein Paradebeispiel für politisch-korrektes Mitläufertum sind die beiden Bobo-Helden Stermann und Grissemann. Was die herrschende politisch-mediale Klasse an Meinungen, Geboten und Verhaltensregeln vorgibt, verpacken die beiden Kleinkünstler in ihren Fernsehsendungen im Staatsfunk in zielgruppengerechten und „subversiven“ Humor. Das Duo kann die politisch-korrekten Lehren und Dogmen besser, eleganter und authentischer als neosozialistische Politiker und Vordenker der mehr oder weniger jungen, urbanen und gebildeten Schicht verkaufen.

Beispiel „Willkommen Österreich“. Weil man in dieser Satiresendung,  die sich mit aktuellen Themen auseinandersetzt, die Paris-Attentate und den Islamismus nicht völlig ignorieren kann, macht man  eben ein paar laue und anbiedernde Islamistenwitze. „Ich habe früher nie gewusst, was die Abkürzung IS bedeutet. Ich habe gedacht das heißt Indianerstamm.“ 

Was für ein Brüller. Darüber können auch Dschihadisten herzlich lachen.

Auch die anderen Scherze zu diesem Thema hatten in etwa diese Schärfe, Tiefe und dieses Niveau. Kabarettistisches Dhimmitum, Unterhaltung ohne Haltung. Gleichzeitig wird der Gast der Sendung, der Schlagersänger Roland Kaiser, von den beiden als mutig und couragiert gefeiert, weil er die PEGIDA-Bewegung öffentlich kritisiert hat, so wie übrigens auch Kanzlerin, Union, SPD, Grüne, Linke, Kirchen, Gewerkschaften, Journalisten, Popbands, Künstler, Promis Kabarettisten, NGOs, etc. Es gibt durchaus Gründe, diese Bewegung zu kritisieren, aber mutig ist das wirklich nicht.

Auch  beim Kampf gegen die Feinde von Demokratie und Freiheit hat das  eigene Wohlergehen eben Vorrang.