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Werner Reichel
 

Wenn der Staatsfunk einmal nüchtern, ohne Färbung und ohne die übliche politisch korrekte Meinungsanreicherung berichtet, dann handelt es sich garantiert um einen Skandal im linken (also im eigenen) Milieu. Damit man nicht auch noch den letzten Funken Glaubwürdigkeit bei allen Bürgern,  die nicht SPÖ, KPÖ oder Grün wählen, verliert, berichtet man gerade so viel, wie unbedingt erforderlich. Ein schönes Anschauungsbeispiel ist ein Artikel über den Missbrauchskandal im roten Kinderheim am Wilhelminenberg. Die Staatsanwaltschaft hat am 30. September dieses Jahres ein Verfahren gegen mehr als zehn Personen eingestellt. Der ORF berichtet jetzt gut versteckt zwischen Weihnachten und Neujahr.

Ermittelt wurde wegen Vergewaltigung, schwerem sexuellen Missbrauchs von Kindern und Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen. Herausgekommen ist dabei nichts. Das jahrzehntelange  Martyrium unzähliger Kinder bleibt damit auch weiter ohne jede Konsequenz. Die Täter und die dafür politisch Verantwortlichen werden wohl nicht mehr zur Rechenschaft für diese widerlichen Verbrechen gezogen. Nicht einer. Und obwohl sich noch immer Betroffene melden, gibt es für diese Opfer keinen lausigen Cent mehr an Entschädigung. 

Die Stadt Wien hat die Meldefrist für solche Fälle mit 31. März 2016 für beendet erklärt. Das nennt  man in diesen Kreisen wohl linke Gerechtigkeit und gelungene Vergangenheitsbewältigung. Die rot-grüne Stadtregierung  verteilt das  vorhandene und nicht  vorhandene  Steuergeld lieber großzügig an ihre Günstlinge, für die Opfer roter Politik bleibt da eben kaum etwas übrig. Wie mit diesem Skandal menschlich, politisch und medial umgegangen worden ist, ist ein ebenso großer Skandal. Und der ORF hat mit seiner stets  zurückkaltenden Berichterstattung einen nicht unwesentlichen Beitrag dazu geleistet.

Jetzt hat der Staatsfunk  über die Einstellung  der Verfahren berichtet. Nicht der Hauch einer Kritik an dieser Entscheidung oder am Verhalten der rot-grünen  Stadtregierung in diesem monströsen Missbrauchsfall mit seinen vielen Opfern (weit über 3.000 Menschen haben sich alleine bis zum viel zu frühen Ende der Frist gemeldet).

Würde der ORF stets und über alle Ereignisse in einer solch neutralen Form wie eine Nachrichtenagentur berichten, wäre das kein Problem. Doch das tut er nicht, ganz und gar nicht. Man denke nur an die Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen. Man stelle sich vor, der Wilhelminenberg wäre eine solche Institution gewesen. Der Artikel auf orf.at wäre ein völlig anderer. Da hätte man Opfer und empörte Grün-Politiker und NGO-Vertreter interviewt, die Entscheidung der Staatsanwaltschaft heftig kritisiert, die üblichen „Experten“, die stets das sagen, was der ORF gerade braucht, aufgefahren, kirchliche Würdenträger zur Rede gestellt und die zurückliegenden Missbrauchsfälle neu aufgerollt. Über Tage hätte man die Story über alle zur Verfügung stehenden ORF-Kanäle groß gespielt.

Aber es geht schließlich nicht um die Kirche, ein stets dankbares Opfer der Linken, sondern um Genossen. Da hält man sich vornehm zurück. Das Leid von Kindern interessiert Gutmenschen ja immer nur dann, wenn sie  es für ihre poltischen Zwecke und Ziele instrumentalisieren können.