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Niklas G. Salm
 

Seit Tagen ist Spanien der neue große Held auf allen ORF-Kanälen. Man wird nicht müde, im Zusammenhang mit allen möglichen Meldungen den "neuen SOZIALISTISCHEN Premierminister Pedro Sanchez" zu betonen und das mit einem fast ehrfürchtigen Unterton. Kein Wunder eigentlich, sind doch sozialistische Premierminister in Europa nicht mehr allzu dicht gesät in diesen Tagen.

Was nie dazu gesagt wird: ein wirklich starker Regierungschef ist Herr Sanchez nicht gerade, verfügt seine Partei doch über gerade einmal 84 von 350 Parlamentssitzen. Er steht somit einer mehr als wackeligen Minderheitsregierung vor, die nur durch einen Misstrauensantrag gegen den bisherigen konservativen Premier Rajoy vorübergehend an die Macht gekommen ist. Der stolperte vor allem über seine Haltung zu Katalonien - die Separatisten wollten ihm eins auswischen und stimmten mit Sanchez gegen den bisherigen Regierungschef. Der linken Minderheitsregierung Sanchez wird von den meisten Kommentatoren aber keine lange Lebensdauer vorhergesagt.

Das alles ficht den Rotfunk nicht an. "Sozialistischer Premier" klingt einfach so verlockend und gut, dass man es rund drölfzig Mal bringen muss - und das jeden Tag. Denn sonst werden die Sozialisten aktuell ja eher überall abgewählt, da muss man nehmen, was man kriegen kann.

Die Sanchez-Euphorie im ORF erreichte heute einen neuen Höhepunkt, denn der neue spanische Häuptling der Rothäute setzte seine erste international wahrnehmbare Duftmarke. Und die war ganz nach dem Geschmack der dahinschrumpfenden Willkommensklatscherfraktion. Italien mit seinem neuen rechten Innenminister von der "fremdenfeindlichen" Lega (um da im ORF-Jargon zu bleiben) hat sich nämlich geweigert, wieder einmal ein NGO-Schiff mit 629 Hochqualifizierten aus Afrika an Bord anlegen zu lassen, die am Wochenende ca. 900 Meter vor der libyschen Küste aufgesammelt worden waren.

Italien verwies auf das Libyen näher liegende Malta, das aber trotz sozialistischer Regierung aktuell offenbar auch keinen Fachkräftemangel aufweist und ebenfalls dankend ablehnte. Das französische NGO-Schiff "Aquarius" kreuzte seither voll belegt mit IT-Technikern aus dem Senegal und Hirnchirurgen aus Timbuktu im Mittelmeer. Frankreich hatte offensichtlich auch keine Lust. Aber zum Glück sprang der neue sozialistische Premier Spaniens in die Bresche und ermöglicht jetzt das Einlaufen in Valencia, was ja eigentlich ohnehin gleich um die Ecke von Libyen liegt. Oder so.

Das Jubelgeheul im ORF will seither nicht verstummen - stündlich ertönt es auf allen Kanälen und steht auch ganz oben auf orf.at. Spanien, die neue Hochburg der Moral. Das gute Spanien mit seinem sozialistischen Premier. Viva Spanien, das humanitäre Katastrophen verhindert. Ein Hoch auf Spanien, das noch ein Herz hat. Eviva Espana - hipp hipp hurra! Im Freudentaumel geht die Meldung durch alle Nachrichtensendungen.

Und mit dem ORF wird sich auch die SPÖ freuen - endlich gute Nachrichten. Kaum sind in Spanien die Sozialisten an der Macht, da gehen auch schon die Grenzen für die Fachkräfte auf. Genau auf solche News haben die darbenden Wähler gewartet, die Wende ist nah, alles wird gut. Oder Moment...