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Kurt Ceipek
 

Wenn ORF-Schreiberlinge einer politischen Partei, einer Bewegung oder einem Politiker ihre tiefe Verachtung zeigen wollen, dann verwenden sie gerne den Begriff „rechtspopulistisch“. Da ist „rechtsextrem“, Neo-Nazi, fremdenfeindlich oder ähnliches unterschwellig schon inkludiert. Die bürgerliche italienische Partei Lega bekommt jedenfalls seit Monaten stets den Zusatz „rechtspopulistisch“ verpasst. Für AfD-Politiker oder Marine LePen und deren Partei finden die ORF-Texter meist noch schärfere Worte.

Das mindeste, was man nicht ausreichend linken Politikern anhängt, ist „umstritten“. Das geht auch, wenn dem Redakteur nichts anderes mehr einfällt.

Handelt es sich um einen linken Poltiker, dann werden solche Beifügungen tunlichst vermieden. orf.at brachte die Meldung, dass der nikaraguanische Diktator Daniel Ortega im Verdacht stehe, Demonstranten nicht nur erschießen zu lassen, sondern neuerdings auch Gift, vermutlich Pestizide, von Flugzeugen auf Protestierer sprühen zu lassen.

Nun weiß man, dass Ortega ein revolutionärer Sozialist ist, der von Linken weltweit verehrt wurde. Nikaragua war längste Zeit eine Art Wallfahrtsort für zutiefst Marx-gläubige Rote und Grüne. Deshalb wird es den gelernten ORF-Hörer, ORF-Seher oder ORF-Leser überhaupt nicht überraschen, dass in einschlägigen Meldungen des Staatssenders über Ortega niemals die Beifügung „linkspopulistisch“ oder gar „linksextrem“ oder auch nur „umstritten“ zu finden ist.

Wörtlich heißt es auf orf.at in der Meldung zum Gifteinsatz: „Gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten, die gegen den autoritären Präsidenten Daniel Ortega auf die Straße gehen, und dessen Unterstützern und der Polizei eskalieren immer weiter.“ Nicht einmal zum Eingeständnis, dass es sich bei Ortega um einen Sozialisten oder Kommunisten handelt, konnte sich der ORF-Schreiberling (oder die Schreiberlingin) durchringen. Die Beifügung „autoritär“ klingt da eher ehrfürchtig als ablehnend.

Dafür heißt es zum Abschluss der Meldung beschwichtigend: „Für heute ist eine Wiederaufnahme des Friedensdialogs zwischen der Regierung und der zivilen Opposition vorgesehen.“

Nur extreme Naivlinge können noch immer glauben, dass der ORF reformfähig sein könnte, was ja angesichts der grundlegend veränderten politischen Verhältnisse in Österreich logisch wäre. Reformwillig ist die Besatzung dieser zwangsgebührenfinanzierten geschützten Werkstätte sowieso nicht.