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Andreas Unterberger
 

Die ÖVP verspricht, dass es im normalen Fernsehen ("Free TV") künftig wieder Spiele der Fußball-Bundesliga geben wird. Dieser Vorschlag ist dumm und undurchdacht.

Konkret geht es darum: Viele fußballbegeisterte Österreicher ärgern sich – so wie ich –, dass seit einiger Zeit weder die Champions-League (mit den wirklichen Topspielen) noch die österreichische Bundesliga (mit ihren Hartbergs, Altachs, Wolfsbergs und Mattersburgs) im Fernsehen zu sehen sind, wenn man nicht (mindestens) zehn Euro monatlich an einen kommerziellen Anbieter zahlt. Das ist verständlicherweise manchen zu viel.

Flugs geht die Politik nun her und verspricht neue Gesetze, die erzwingen sollen, dass das zumindest für die Bundesliga bei wichtigen Spielen künftig anders sein wird. Dass also einer aus dem Free-TV-Kreis (wie ORF, Puls 4, Servus TV, oe24 oder ATV) die Übertragungsrechte erhält. Bei der europaweiten Champions-League hingegen begreift sogar die österreichische Politik, dass sie da keine Chance hat, etwas zu erzwingen. Die Gebühren-Fernsehanstalten zahlen viele Millionen für die Übertragungsrechte und Österreich kann sie oder die UEFA nicht zwingen, auf diese Rechte verzichten. Dabei wären die Champions-Spiele für die Zuseher ganz unbestreitbar eine viel interessantere Kategorie als die Bundesliga, bei der man sich oft fragen muss, ob dort die gleiche Sportart wie im drögen heimischen Fußball gespielt wird.

Aber egal. Es ist unbestreitbar richtig, dass der ÖVP-Vorschlag vielen Fußball-Interessierten eine Freude machen würde. Trotzdem ist ebenso unbestreitbar: Es ist ein schwachsinniger Vorschlag. 

Warum soll ein so populärer Vorschlag eine Dummheit sein? Kann doch die ÖVP auf die Tatsache verweisen, dass es auch bei einigen anderen Events gesetzlich die Pflicht gibt, die Übertragungsrechte einem frei sehbaren Programm zur Verfügung zu stellen: beim Opernball etwa, beim Neujahrskonzert oder bei den Parlamentssitzungen. Und diese Gesetzesbestimmungen seien nie angefochten worden.

Dieses Argument übersieht aber völlig, dass es dabei um ganz andere Arten von Events geht, wo ja der Staat selbst ganz unabhängig vom Fernsehen die Inhalte finanziert, bei der Oper genauso wie beim Parlament. Da kann der zahlende Staat dem Operndirektor oder Parlamentspräsidenten durchaus zu Recht sagen: "Der Staat finanziert dich, daher musst Du zumindest einem frei empfangbaren Fernsehsender die Übertragung erlauben."

Beim Neujahrskonzert der Philharmoniker ist zwar an sich der private Verein der Orchestermusiker der Veranstalter. Aber auch dieser ist erstens massiv vom Staat abhängig, sind doch die Philharmoniker gleichzeitig auch das Staatsopernorchester (und wurden einst auf diesem Weg von der mitregierenden SPÖ sogar zur Aufnahme von Frauen gezwungen, die seither im Orchester zu manchen Problemen geführt haben). Und zweitens verdienen die Philharmoniker mit den weltweiten Übertragungsrechten so viel, dass ihnen die innerösterreichischen Einnahmen egal sein können, die ihnen durch eine solche Free-TV-Regel entgehen.

Bei der Fußball-Bundesliga ist das etwas  ganz anderes. Die interessiert nur in Österreich, wenn überhaupt. Hier veranstalten private Profivereine zu rein kommerziellen Zwecken Spiele, um damit Geld und lokalen Ruhm zu verdienen, und einzelne Fußballer verdienen damit Millionen. Warum aber sollen Vereine und Spieler ihre Lebensgrundlage freiwillig derart schmälern? Daher ginge es nur mit gesetzlichem Zwang.

Letztlich ist es reine Zwangsarbeit, was die ÖVP da vorschlägt. Vereine und Spieler sollen einfach weniger Geld für die gleiche Arbeit bekommen als bisher. Sie sollen zum Teil gratis für Volksbelustigung arbeiten. Das erinnert an die vielen Jahrhunderte der "Fron": die Bauern haben dabei regelmäßig Arbeit für die Grundherren verrichten müssen.

Der ÖVP-Vorschlag ist daher auch mit hoher Sicherheit verfassungswidrig. Eingriffe in das Eigentum (und die Beschränkung von Verdienstmöglichkeiten für Vereine und Spieler ist ein solcher Eingriff) dürfen nur dann stattfinden, wo es ein zwingendes Interesse der Öffentlichkeit gibt. So können etwa Grundstücke (gegen angemessene Entschädigung) zwangsenteignet werden, wenn das für den Bau einer Bahnlinie oder einer Straße unumgänglich notwendig sind.

Die Belustigung (oder der Nervenkitzel) der Fernseh-Zuschauer durch ein Spiel ist aber ganz sicher kein solcher Zweck. Daher wird mit sehr großer Wahrscheinlichkeit der Verfassungsgerichtshof eine solche Free-TV-Verordnung heben, sollte sie wirklich kommen. Und die ÖVP ist der Blamierte.

Es ist freilich gar nicht so wahrscheinlich, dass die Bundesliga zum Verfassungsgerichtshof gehen wird. Sie wird vielmehr wohl den österreichischen Weg vorziehen. Motto: "Liebe Politik, wenn du uns dazu zwingst, auf Einnahmen zu verzichten, dann musst du uns halt dafür entschädigen. Dann nehmen wir das schon hin."

Das aber wäre nun wirklich der Gipfel der Provokation, wenn als Ergebnis dieser Fernsehklausel der Steuerzahler schon wieder zusätzlich zur Kassa gebeten werden sollte. Es gibt hunderte weit wichtigere Zwecke, für die der Staat kein Geld hat. Spitzensport ist eine tolle Show und ein Millionengeschäft. Er ist aber nichts, wo der Steuerzahler zum Zuschießen gezwungen werden darf, nur weil die Politik einen "Panem et Circenses"-Wahlkampfgag braucht.

Viele Spieler verdienen weit mehr, als der Charakter eines jungen Mannes erträgt. Zuschauer, Werbetreibende, Käufer von Fernsehrechten, russische Oligarchen oder österreichische Dosenerzeuger sind - freiwillig - bereit, das zu finanzieren. Sollen sie. Nie und nimmer sollte aber dafür der unter Exekutionsdrohung ausgepresste Steuerzahler herangezogen werden. 

Abgesehen von allen rechtlichen und ökonomischen Argumenten gegen eine solche Idee ist es schon erstaunlich, wie sehr sich die ÖVP inzwischen von der (alt)liberalen Einstellung entfernt hat, dass sich der Staat aus Respekt für die Freiheit der Bürger (etwa, ob sie Geld für den Fußball ausgeben wollen oder für ein neues Schulprojekt) von allem Überflüssigen fernhalten solle. Er ist nicht dazu da ist, jeden laut geäußerten Wunsch eines Bürgers zu erfüllen, solange es viel wichtigere Aufgaben gibt.

Die ÖVP hat zweifellos noch ein weiteres, besonders verwerfliches Motiv für diesen Vorstoß gehabt. Sie wollte im Wahlkampf die Gunst des ORF erringen, der sich über den Verlust der Bundesliga-Rechte geärgert hat. Und der den progressiven Seherverlust damit schönzureden pflegt, dass er auf diesen Rückgang hinweist. Offenbar will die ÖVP durch diese Aktion den ständig mit großen Kanonen gegen Schwarz-Blau schießenden ORF ein wenig ruhig stellen. Denn die Bundesliga wird die Übertragungsrechte sicher dem ORF geben, wenn ihr schon verboten wird, diese an den Meistbietenden zu versteigern. Dort hat sie (vorerst noch) etwas höhere Einschaltquoten und kann daher mit der Bandenwerbung etwas verdienen.

Aber der ÖVP wird das taktische Ziel einer Ruhigstellung des ORF-Hasses keinesfalls glücken. Denn im ORF sind ja fast nur noch hasserfüllte Überzeugungsträger tätig. Die lassen sich durch so etwas nicht beeindrucken.