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Werner Reichel
 

Wer die ORF-Berichterstattung über Strafzölle und den Handelskonflikt zwischen den USA und Europa der letzten Tage verfolgt hat, muss zu dem Schluss kommen, dass der dumme, unberechenbare, irre Trump einmal mehr eine Bock geschossen hat. Trump der Täter und Angreifer, die EU das Opfer. So das Bild, das dem ORF-Konsumenten vermittelt wird.

Nun kann man zu Trump und seiner Politik stehen wie man möchte, aber ein paar Fakten sollte man in seine Berichterstattung schon einfließen lassen. Der ORF-Konsument sollte sich auf Basis der Berichterstattung seine Meinung bilden, nicht die vorgekaute Meinung geliefert bekommen.

Dass die Welthandelsorganisation (WTO) in einem Schiedsgerichtsverfahren die EU-Subventionen für Airbus als rechtswidrig eingestuft hat, wird zwar erwähnt, aber stets mit dem Zusatz versehen, dass ja auch Boing ein Verfahren am Hals habe. Und? Was ändert das am WTO-Urteil? Trump habe die Entscheidung des Schiedsgerichts nur als Vorwand genutzt, um Europa zu schaden und zu ärgern, so die dahinterliegende, wenig subtile Botschaft. Auf die wettbewerbswidrigen Subventionen für Airbus wird ohnehin nicht näher eingegangen.

Die WTO hat jedenfalls Maßnahmen genehmigt, Trump hat sie umgesetzt. Nicht mehr und nicht weniger. Was man hingegen vom ORF nicht hört: Die EU ist insgesamt wesentlich protektionistischer als die USA. Sprich: Die Europäer heben mehr und höhere Zölle ein.

So wird Amerikas Autoindustrie systematisch diskriminiert. Die EU erhebt auf US-Fahrzeuge im Schnitt zehn Prozent Zoll, umgekehrt sind es nur 2,5 Prozent. Deutschland profitiert massiv von dieser Maßnahme.

Bei chemischen Produkten, Kunststoffen, lebenden Tieren, Tabak, Softdrinks etc. sind die EU-Zölle zum Teil deutlich höher als jene der USA. In Summe werden EU-Exporte in die USA mit durchschnittlich 3,5 Prozent belastet, umgekehrt sind es 5,2. 52 Prozent der EU-Einfuhren werden in den USA verzollt, umgekehrt sind es 74 Prozent.

Mit diesem Wissen erscheint die Reaktion von Trump in einem etwas anderen Licht. Doch der ORF übernimmt eins zu eins die Darstellung und Sichtweise der EU, die Trumps Maßnahmen unter anderem als „kurzsichtig und kontraproduktiv“ bezeichnet. Frankreichs Finanzminister: „Wir bereiten uns darauf vor, mit Sanktionen zu reagieren.“

Das ist aber nur Theaterdonner. Hinter den Kulissen soll man Washington bereits signalisiert haben, die Zölle auf US-Fahrzeuge komplett abschaffen zu wollen.

Würde sich der ORF tatsächlich als Informationsmedium verstehen, könnte er seine Finanziers, die Gebührenzahler, halbwegs objektiv, kompetent, faktenbasiert und ohne große Auslassungen informieren. So wie es das Gesetz vorsieht. Doch der ORF hat ein völlig anderes Selbstverständnis entwickelt. Er will nicht Informationen und Fakten, sondern Meinungen (Ressentiments) und Propaganda verbreiten. Deshalb werden dem Gebührenzahler ausschließlich ideologisch verzerrte und entstellte Informationen geliefert. So wie auch in diesem Fall.