ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Beitrag Melden

Bitte um ein Stichwort, warum dieser Beitrag als rechtswidrig oder ehrenbeleidigend (gegenüber konkreten Personen) offline genommen werden soll. Dass eine Meinung unerwünscht oder unsympathisch ist, ist kein ausreichender Grund dafür.

Ich will die Datenschutzerklärung lesen.

Beitrag melden

Andreas Unterberger
 

Neben den ideologischen Ressentiments der Redaktion liegt der zweite Grund, warum der ORF so militant gegen eine neuerliche blau-schwarze Koalition ankämpft, in seiner klammen Finanzsituation. Er braucht dringend mehr Einnahmen, will er nicht tief in die roten Zahlen schlittern. Er will deshalb mehr Gebühreneinnahmen bekommen – oder aber die gesetzliche Erlaubnis, den sogenannten Medienplayer einführen zu dürfen. Mit diesem könnte er die Bürger überwachen und ganz neue Geschäfte machen, die die miesesten Praktiken von Facebook, Google & Co weit in den Schatten stellen würden.

Im ORF ahnt man, keine Zustimmung zu einer direkten Gebührenerhöhung zu bekommen, wenn die FPÖ wieder Teil der Regierung sein sollte. Verlangt die FPÖ doch seit längerem sogar überhaupt die Abschaffung der Gebührenpflicht, ist aber damit vorerst gescheitert, weil Sebastian Kurz bisher vor den schwarzen Landeshauptleuten Angst gehabt hat, die dem Gebührenfunk die Mauer machen.

Diese Landeshauptleute glauben, die unkritisch und jeweils im Sinne des regionalen Machthabers berichtenden ORF-Landesstudios wären wichtig für die Erhaltung ihrer eigenen Machtposition. Das ist aber nicht nur anrüchig, sondern auch falsch kalkuliert.

Denn erstens ist auch für das Ergebnis von Landtagswahlen die republiksweite Situation der einzelnen Parteien viel wichtiger als die Hofberichterstattung der jeweiligen Landesstudios. Siehe etwa die durchgehenden ÖVP-Verluste bei den Landtagswahlen in der Mitterlehner-Ära. Siehe den österreichweiten Aufwind für die ÖVP-Länder in der Kurz-Ära. Freilich wird dieser Effekt nur solange halten, solange die Teflon-Phase des Sebastian Kurz anhält, und solange alle anderen Parteien so inferior aufgestellt sind. Wenn dies zu Ende gehen wird – was unweigerlich eines Tages passieren wird –, wird nicht nur die Bundes-ÖVP, sondern es werden auch die Landeshauptleute unter der ständigen knalllinken Akzentsetzung der ORF-Zentralredaktionen leiden, auch wenn diese auf Landesebene nett zu ihnen sind.

Und zweitens ist selbstverständlich auch ohne ORF regionale und Bundesland-Berichterstattung für alle Medien enorm wichtig. Ohne die gebührenfinanzierte Schmutzkonkurrenz durch den ORF werden mit Sicherheit sogar neue zusätzliche regionale Sender entstehen. Selbst dann, wenn es keine Förderungen für Regionalberichterstattung geben sollte – die aber auch ohne ORF natürlich möglich wären. Sie wären auch gerecht möglich, solange alle Regionalsender auf gleicher, gerechter Basis Förderungsanträge stellen könnten.

Gleichzeitig ist dem ORF aber eine neue Gefahr von ganz anderer Seite erwachsen, deren Bedeutung vielen noch gar nicht richtig klar geworden ist: Die Werbeeinnahmen des ORF bröckeln weg. Von 2017 auf 2018 sind sie um drei Millionen zurückgegangen. Das ist vorerst zwar nur etwas mehr als ein Prozent der Werbeumsätze.

Aber selbst am Küniglberg weiß man: 2018 war noch ein brillantes Konjunkturjahr. Ein solches wird lange nicht wiederkehren. Und wenn selbst in einem solchen Jahr die Werbe-Umsätze des ORF zurückgehen (obwohl insgesamt der Werbemarkt geboomt hat), heißt das für die nun beginnende Flautezeit ganz Übles. Im ORF weiß man jetzt schon, dass am Ende des Jahres 2019 die Werbeumsätze um mindestens acht Millionen – also drei Prozent – weiter zurückgegangen sein werden. Im Jahr 2020 rechnet der ORF sogar mit einem Rückgang von neuerlich 13 Millionen. Und selbst das scheint angesichts der Konjunkturprognosen reichlich optimistisch.

Die Gründe für diese Rückgänge sind völlig klar:

  1. Der ständige Rückgang der Marktanteile des ORF-Fernsehens (selbst von jenen Menschen, die überhaupt noch linear fernsehen, schauen immer weniger ORF) reduziert natürlich auch das, was die Wirtschaft
    • an Werbezeiten kauft,
    • und zugleich das, was sie für jede einzelne Werbesekunde an den schlecht gesehenen Sender zu zahlen bereit ist.
  2. Das ORF-Publikum ist älter als das aller anderen Medien. Das hat wiederum doppelt negative Auswirkungen:
    • zum einen sind Pensionisten als Zielgruppe wenig beliebt bei der Bobo-beherrschten werbenden Industrie, weil sie sich für viele Produkte kaum noch beeinflussen lassen,
    • zum anderen vertreibt allzuviel kukident-artige Werbung für die Älteren andere Werbetreibende, die eine solche Umgebung scheuen.
  3. Die Werbeindustrie wechselt unabhängig davon rapide in die diversesten elektronischen Kanäle, wo ja schon viele jener Konsumenten hin gewechselt sind, die jünger als 50 sind.

Gewiss, bisher sind die Verluste bei den Werbeeinnahmen von den ständig steigenden Gebühreneinnahmen noch aufgefangen worden. Das wird aber nicht auf Dauer so gehen. Im ORF stehen daher intensive Sparprogramme zur Diskussion. Noch viel mehr hofft man aber auf Unterstützung und Rettung durch die Politik.

Die Hoffnungen der ORF-Spitze, trotz Konsumentenschwund mit Hilfe der Politik die Kassa wieder zu füllen, könnten auf drei Arten realisiert werden:

  • wie schon so oft durch eine Gebührenerhöhung (die ja auch den Bundesländern und dem Finanzminister mehr Geld brächte, weshalb man von dort Unterstützung erhofft);
  • durch die Einführung einer Haushaltsabgabe, bei der selbst jene Haushalte für den ORF zahlen müssten, die keinen Fernsehapparat haben, wobei die Forderung nach dieser brutalen Abkassier-Methode doppelt begründet wird:
    • man könne ja auch übers Internet ORF schauen,
    • solche Modelle gebe es schon in einigen anderen Ländern;
  • Und durch die Einführung eines sogenannten Medienplayers, einer einheitlichen Internet-Adresse, über den man dann alle ORF-Programme, aber auch andere Medien konsumieren könnte.

Diese dritte Strategie klingt harmlos, ist aber in Wahrheit besonders infam. Sie wäre ein Riesenschritt vom ORF-Monopol zu einem österreichweiten Medienmonopol, an dem niemand mehr vorbei könnte, bei dem aber der ORF zugleich die Zugangskontrolle in der Hand hätte, wer und was auf dieser Plattform stattfinden darf. Dieser Medienplayer kann freilich nicht ohne Gesetzgeber realisiert werden. Wahrscheinlich bräuchte er sogar ein Verfassungsgesetz. Sonst würde ein solches Monopol zweifellos von der Wettbewerbsbehörde blockiert werden.

Zugleich wird damit versucht – auch wenn das nie ehrlich gesagt wird –, die letzten gesetzlichen Einschränkungen für den ORF durch die Hintertür auszuhebeln (etwa die bisherigen Limitierungen, wie lange der ORF etwas online zeigen darf).

Noch viel gefährlicher ist aber das eigentliche Ziel, das hinter dem "Medienplayer" steckt. Das hat die Politik jedoch bisher nicht einmal durchschaut. Ebenso schweigen die sonst immer so lautstarken Datenschützer penetrant. Haben auch sie nicht erkannt, was da läuft, obwohl sie sich immer als Experten ausgeben? Oder machen sie aus linker Sympathie dem ORF prinzipiell immer die Mauer?

Auch mir ist diese zentrale Perspektive erst klargeworden, seit die Schweiz daran gegangen ist, so etwas zu verwirklichen. Dort wird nämlich künftig unter Führung der SRG (des Schweizer Gebührenfernsehens) in einer gemeinsamen kartellartigen Aktion von allen Nutzern von Online-Portalen verlangt, dass sie sich registrieren. Dabei ist auch beabsichtigt, von den Kunden Namen, Geschlecht, Alter und Wohnort zu verlangen. Ab September nächsten Jahres wird man sonst keinen Medienzugang via Internet mehr haben.

Die Schweizer Nachrichtenagentur hat jetzt ganz unverblümt – aber wenigstens ehrlich – den Zweck der Aktion geoutet: "Durch die Registrierung erhalten die Medienhäuser zusätzliche Daten von ihren Nutzern, was zielgenauere Werbung ermöglicht."

Mit anderen Worten: Das, was die Medien Google und Amazon immer als so unmoralisch ankreiden, wird nun in viel größerem Umfang von ihnen selbst in einem nationalen Medien-Monopol (oder -Kartell) geradezu totalitär umgesetzt. Denn natürlich wissen die Betreiber dieses Medienplayers dann künftig auch genau, welche Sendungen man wann und wie lang angeschaut hat. Man wird zwar als Österreicher auch in Zukunft leicht an Facebook vorbeikommen, hingegen nicht mehr am ORF-Medienplayer.

Mit diesem Medienplayer droht also ein riesengroßer Großer Bruder, der fast alles über jeden Bürger weiß. Der ein Wissen über jeden von uns hat, von dem der Verfassungsschutz nur träumen kann.

In der Mitte dieses das ganze Land umfassenden Netzes sitzt da wie eine Spinne der Gebührenmonopolist. Der damit viel Geld machen kann. Erst wenn man diese hierzulande ja nie offengelegten Perspektiven durchschaut, wird klar, warum der ORF so vehement für den Medienplayer lobbyiert. Viele hielten das ja bisher bloß für ein weiteres technisches Spielzeug, dessen Sinn und Nutzen nie ganz klar war.

Man darf gespannt sein, wann wenigstens die österreichischen Privatsender und Printmedien das zu begreifen beginnen. Sie sind jedenfalls zuletzt – erfreulicherweise – zu den Plänen des ORF ein wenig auf Distanz gegangen. Dabei ist aber unklar geblieben, ob sie damit nur taktieren und die eigenen Bedingungen verbessern wollen, oder ob sie jetzt endlich doch durchschaut haben, was der ORF damit vorhat.

Alarmstufe Rot lösten jedenfalls zuletzt die Reaktionen der "Freundeskreise" von Schwarz, Rot und Blau im ORF-Stiftungsrat aus. Alle drei Parteien unterstützen das ORF-Projekt und schimpfen auf die Privatsender. Und die wieder ins Parlament gekommenen Grünen sind so innig mit den ORF-Mannschaften verbunden, dass von ihnen erst recht kein Widerstand gegen die ORF-Pläne zu erwarten ist.

Damit gibt es kaum mehr eine Kraft im Lande, die die Entstehung der größten Medienkonzentration und Big-Brother-Watches-You-Spinne im Land noch verhindern könnte. Damit scheinen die österreichischen Medienkonsumenten endgültig verraten und verkauft.