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Kurt Ceipek
 

Zu den Spezialitäten des ORF gehört es, Dokumentationen wie eine über die Entstehung der Salzburger Festspiele, parteipolitisch aufzuladen und ideologisch zu missbrauchen. Die Macher solcher Sendungen sind sicher überzeugt, das sehr dezent und subtil zu bewältigen, in Wahrheit regiert aber der Holzhammer, wenn es darum geht, besonders verdienstvolle Menschen in ein schräges Licht zu rücken und brave Linke, die vielleicht nicht ganz so viel geleistet haben, begeistert hochzujubeln.

Das geschah bei der groß angekündigten Sendung „Das große Welttheater – Salzburg und seine Festspiele“ in einem unnachahmlich plumpen Ausmaß. Manche Texte und Passagen machten Zuseher so fassungslos, dass sie empört bei ORF-Watch anriefen und nach einem klärenden Kommentar verlangten. Zugegebenermaßen wäre der Autor dieses Textes nicht auf die Idee gekommen, dass der ORF bei einer solchen Dokumentation dermaßen politisieren und daneben hauen könnte und hatte deshalb auch nicht live zugesehen.

Jener Künstler und Manager, der außer den Gründervätern der Festspiele Max Reinhart, Hugo von Hofmannsthal und Richard Strauß am meisten dazu beitrug, die Salzburger Festspiele zum begehrtesten Festival der Welt zu machen, wurde als eitler, machtgieriger Intrigant beschrieben. Wörtliches Zitat: „Herbert von Karajan war ein großes musikalisches Talent, doch er hatte ein Auftrittsverbot wegen seiner frühen Zugehörigkeit zur NSDAP (das war die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, Anm.). Gottseidank waren seine Verbindungen fulminant – sein ganzes Leben lang.“

Die Botschaft für die Zuhörer und -seher: Dieser Karajan war ein ganz böser Nazi.

Ein Liebling der Sendungsmacher war dagegen der Komponist Gottfried von Einem. Der war zwar in jungen Jahren ein erklärter Hitler-Verehrer gewesen, aber ihm hat man das nachgesehen und nicht nachgetragen.

Der vom Moderator gesprochene Satz „Karajan genoß internationales Ansehen“, klang fast ein wenig vorwurfsvoll, denn die bedeutendste Persönlichkeit für die Salzburger Festspiele nach 1945 wollte den braven Gottfried von Einem als künstlerischer Leiter der Festspiele beerben. Die Schuld daran, dass von Einem durch den Intriganten Karajan 1951 abgelöst wurde schrieben die Sendungsmacher dem damaligen Salzburger Landeshauptmann, einem gewissen „Josef K.“ zu (sein Familienname wurde nicht ausgesprochen). Dieser „Josef K.“ war übrigens der spätere ÖVP-Bundeskanzler Josef Klaus.

Die Folge dieser Entwicklung: „Die Idee der Salzburger Festspiele aus dem Jahr 1920 wurde für einige Jahrzehnte Geschichte.“ Böser Karajan, blöder und schwacher Landeshauptmann Klaus.

Ab 1956 begann die nach Meinung der Sendungsmacher absolute Tyrannei des Herrn von Karajan über die Salzburger Festspiele. Wörtliches Zitat des Moderators in Person des Schauspielers Florian Teichtmeister: „Alle Spitzen-Opern dirigiert er, alle Besetzungen bestimmt er, führende Sänger bekommen die doppelte Gage und er sowieso. Die letzte Entscheidung fällt in allen Dingen – ER.“ Damit sei die Festspielleitung entmachtet gewesen.

Dann eine männliche Stimme aus dem Off: „Warum hat man den Karajan nicht einfach raus g'schmissen?“ Die schnippische Antwort von einer weiblichen Stimme: „Weil er so schön war“, gefolgt von geringschätzigem heiteren „huhuhu“.

Den von Karajan eingeleiteten Bau des großen Festspielhauses nannte der Moderator schlicht „Gigantomanie. Der Orchestergraben war so riesig, dass alle Philharmoniker darin Platz gehabt hätten, samt ihrer Kinder, Tanten und Großmütter.“ Als Kompliment ist das vermutlich nicht zu verstehen. Das gilt wohl auch für den Satz: „Karajan war ein Marketing-Genie und bald der mächtigste Musikmensch in Europa.“

Aber glücklicherweise kam dann im Wendejahr 1989  ein Herr Gerard Mortier aus Belgien. Da fiel der Eiserne Vorhang und Karajan starb. Moderator Teichtmeister: „Er (Mortier, Anm.) knüpfte direkt an die Gründerväter der Salzburger Festspiele an. Er befreite die Salzburger Festspiele vom Star-System und aus den Fängen der Musikindustrie. Eine politische Haltung auf der Bühne war ihm wichtig.“ Und weiter: „Der Bourgeoisie hielt er einen Spiegel vors Gesicht.“

Diese „Bourgeoisie“, das sind übrigens jene Leute, die mit ihrem Geld den Weiterbestand der Salzburger Festspiele sichern. Mit ihren Eintrittsgeldern ebenso wie als fleißige Steuerzahler.

Es dürfte allerdings viele geben, denen Karajan als künstlerischer Leiter der Salzburger Festspiele lieber gewesen ist, als der gelegentlich provokante Belgier Mortier, dessen Abgang von vielen als befreiend empfunden wurde.

Derartige fragwürdige Sätze gab es in der Sendung noch viele. Fazit: Der ORF hätte aus „Das große Welttheater“ eine wirklich schöne, interessante und unterhaltsame Sendung machen können, in der jene vor den Vorhang geholt und sachlich dargestellt werden, die wirklich Großes für die Salzburger Festspiele geleistet haben. Geworden ist daraus ein übles filmisches Pamphlet mit unerträglicher politischer Schlagseite.

Ein unglücklicher Zufall? Mag sein. Aber eine Rolle könnte dabei auch der wissenschaftliche Berater des kostspieligen Projektes gespielt haben. Das war – wie aus dem Abspann des Filmes zu erfahren war – der umstrittene und als äußerst linkslastig geltende Historiker Professor Doktor Doktor Oliver Rathkolb.