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Simon Kräuter
 

Halten Sie es für moralisch in Ordnung, Ressourcen Ihres Arbeitgebers für Ihre eigenen, privaten Zwecke zu nutzen? Oder für private Zwecke Ihrer Bekannten? Halten Sie dies auch für rechtlich in Ordnung?

Anscheinend gibt es innerhalb der ORF-Mitarbeiter zu diesem Thema divergierende Meinungen, sonst müßte man sich nicht extra ein „Leitbild“  zu diesem Thema erstellen. Darin hält man unter anderem fest: „Persönliche Vorteile durch journalistische Arbeit dürfen auch dem Umfeld des/der Journalist/in nicht erwachsen.“ Sprich: Der ORF-Journalist darf keine Berichterstattung etwa zum finanziellen Vorteil z.B. seiner Bekannten abliefern.

Trotzdem verwenden ORF-Redakteure immer wiederkehrend das ihnen zur Verfügung gestellte Budget – also die von uns allen bezahlten Medienzugangsgebühren –, um damit Buchveröffentlichungen ihrer ORF-Kollegen breitesten Raum auf allen Kanälen des Staatsfunks einzuräumen. Und dies in einer Regelmäßigkeit, die geradezu an ein ungeschriebenes Gesetz unter den ORF-Mitarbeitern denken läßt: „Wenn mein ORF-Kollege ein Buch schreibt, habe ich das in meiner Sendung zu präsentiern.“

  1. Da werden munter Unterhaltungssendungen (z.B. Sterman und Grissemann) zu Buchpräsentationen umfunktioniert, die von uns allen gebührenfinanzierten Weltnachrichten in TV und Radio müssen herhalten, um über Buchveröffentlichung durch einen ORF-Mann zu berichten.
  2. Auf orf.at schafft es zum Beispiel das jüngste Werk der Autorin Melisa Erkurt (ORF – erraten!) sogar in die Topmeldungen – und bleibt dort tagelang stehen. ORF-Redakteur Simon Hadler beurteilt das Buch seiner Arbeitskollegin unter anderem wie folgt: „Ein überaus packender Pageturner.“, „Die 180 Seiten sind rasch gelesen, man will das Buch kaum weglegen.“, „Es sollte Pflichtlektüre sein für (...)“, „Erkurt und dem Zsolny-Verlag ist ein programmierter Bestseller gelungen.“. Dies wie gesagt im Nachrichten-, nicht im Anzeigenteil von orf.at. Wenn das keine Kaufempfehlung ist!
  3. Wer jetzt an einen Einzelfall glaubt, ist entweder naiv oder kein regelmäßiger ORF-Leser/-Seher/-Hörer. Hier eine kleine Auswahl der medialen ORF-Feuerwerke für Bücher von ORF-Mitarbeitern in der jüngeren Vergangenheit: „Wirklich wahr“ von Simon Hadler (ORF) wird präsentiert auf fm4, Ö1, Ö3, im „Kulturmontag“ und – kurz vor Weihnachten – unter den „Büchern für den Gabentisch“ – damit also gleich mit Kaufempfehlung – auf orf.at. Simon Hadler wiederum hilft wie geschildert der Auflage und dem Umsatz des Buches seiner Kollegin Melisa Erkurt "Generation haram".
  4. Barbara Stöckls (ORF) Buch „Was wirklich zählt“ hielten Ö1, Radio Steiermark und die Spaßmacher Stermann und Grissemann in ihrer Sendung „Willkommen Österreich“ für eine Weltsensation und berichteten ausführlich drüber. Das wird wohl auch dem Verkauf des Buches nicht geschadet haben. Eine Buchpräsentation in Willkommen Österreich – die Umsatzsteigerung würde man sich als ORF-fremder Autor wohl vergeblich wünschen! 
  5. Aber auch Frau Stöckl ist gesprächsbereit, wenn ihre publizierenden ORF-Kollegen gerne ihre Bücher im TV präsentiert haben wollen: Tarek Leitner (ORF) etwa durfte sein „Hilde & Gretl“ bei „Stöckl“ lang und breit vorstellen.-
  6. Auch Lou Lorenz-Dittlbacher (ORF) konnte ihr Monumentalwerk „Der Preis der Macht“ auf „Stöckl“ ausgiebig und gebührenfinanziert präsentieren.
  7. Klar, was Frau Stöckl ihrer Kollegin Birgit Fenderl (ORF/“Die Mutter die ich sein wollte. Die Tochter die ich bin.“) gewährt, kann sie Frau Lorenz-Dittlbacher schwer abschlagen.
  8. Nochmal Willkommen Österreich, Stermann und Grissemann: Ein todsicherer Tip für Sie, falls Sie ORF-Mitarbeiter sind und planen, ein Buch zu schreiben und dafür Medienpräsenz wollen: Die Bücher von Tarek Leitner, Wolfram Pirchner, Claudia Reiterer, Mathilde Schwabeneder und Susanne Schnabl (alle ORF bzw. ex-ORF) wurden dort ausgiebig und gebührenfinanziert besprochen.

Die Reihe ließe sich noch beliebig fortsetzen, hätte man die Nerven und die Geduld, sich länger den Kanälen des ORF zu widmen. Jedenfalls vergeht keine Bucherscheinung eines ORF-Mitarbeiters. ohne daß ihm nicht sofort alle Redaktionskollegen zur Seite springen und ihm – ganz kollegial und solidarisch – gebührenfinanzierte Radio- und TV-Minuten zur ausgiebigen Präsentation des jeweiligen Werks in den von ihnen gestalteten Sendungen zur Verfügung stellten.

Es drängt sich die Frage auf: Profitieren ORF-Redakteure persönlich finanziell von diesem Geschäftsmodell, indem sie sich gegenseitig gebührenfinanzierte Buchpräsenz gewähren? Diese Frage habe ich an den ORF gerichtet. Nach aller Erfahrung profitiert ein Autor von hohen Verkaufszahlen seiner Bücher.

Dennoch und naiv gedacht gibt es zumindest die theoretische Möglichkeit, dass die Heiligen aus den ORF-Redaktionen die Erlöse aus ihren jeweiligen Erscheinungen guten Zwecken spenden. Bevor man nämlich die Behauptung aufstellt: „Privat publizierende ORF-Mitarbeiter profitieren persönlich finanziell von gebührenfinanzierten Buchpräsentationen“ (das behaupte ich ausdrücklich nicht!), muß man zumindest auch diese, wenn auch sehr theoretische, Möglichkeit ausschließen können.

Um also herauszufinden, ob meine Gebühren nicht auf dem nun ausführlich beschriebenen Umweg die Privatkonten von ORF-Mitarbeitern füllen, habe ich eine Anfrage an den ORF-Kundenservice gerichtet: Man möge mir doch bitte versichern, daß niemand privat aus der regelmäßigen gebührenfinanzierten Buchpräsentation profitiert.

Diese Anfrage datiert vom 19.8. Am 21.8. wurde mir mitgeteilt, die Anfrage würde vom Kundendienst an die „zuständige Stelle“ weitergeleitet. Da auch am 28.8. noch niemand antworten konnte, fragte ich nochmals nach und bekam die Antwort, man hätte die Anfrage nun wieder weitergeleitet. Auch bis zum 3.9. konnte oder wollte niemand diese einfache Frage beantworten, worauf ich sie ein drittes Mal gestellt habe.

Drei Wochen Schweigen also auf die lächerlich einfache Frage: "Profitiert da jemand privat?". oder in ausführlicher Form: "„Können Sie einen persönlichen finanziellen Profit von ORF-Mitarbeitern durch die auffallend intensive, vermutlich verkaufszahlensteigernde und gebührenfinanzierte Thematisierung von Büchern, die ORF-Mitarbeiter publizieren, in den Formaten von ORF-Fernsehen, -Radio und -Internet, welche von ORF-Mitarbeitern gestaltet werden, ausschließen?“

Endlich traf eine "Antwort" vom ORF ein: Man könne über persönlich Einkünfte seiner Mitarbeiter keine Auskunft geben.

„Meine Gebühren zahlen sich aus“ wirbt man neuerdings. Fragt sich nur: Für wen?