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Simon Kräuter
 

Die Regierung will mit Februar die Impfpflicht einführen. Nun ist eingetreten, womit  niemand rechnen konnte: Es gibt in der Bevölkerung mehr als nur eine Meinung zu diesem Vorhaben. Manche wähnen sich gar in der Meinungsfreiheit und erdreisten sich, die Qualität, die Formulierung, den Zeitpunkt oder gar den Sinn des Gesetzes an sich zu kritisieren. Einige mutige und zeitgeistige, vorwiegend staatliche Organisationen wissen jedoch genau, wie man selbstdenkende Abweichler wieder auf Linie bringt und startet dazu, wie man das heutzutage halt so macht, eine „Initiative“  – die braucht es nämlich lästiger- aber eben auch notwendigerweise, um irgendwas mit „hashtag“ ins Leben zu rufen.

Selbstverständlich und allen voran ist der ORF („wie wir“!) an vorderster Front  dabei. Ziel von „Du+Ich=Österreich #LasstUnsReden“ ist „mehr Dialog und Zusammenhalt“ zu schaffen. Und da bekanntlich die Impfdebatte einen Keil durch die Bevölkerung getrieben hat, haben sich vier Trägerorganisationen zusammengetan, um „den Dialog zu fördern“.

Damit sich dieser von vorn herein ruhig und harmonisch gestaltet, und Kontroversen möglichst gar nicht erst aufkommen, bleiben mit den Initiatoren ORF, Ärztekammer, Rotes Kreuz und die Österreichische Gesundheitskasse ÖGK vier Organisationen unter sich, von denen zum Thema Impfung bisher mehr oder weniger eine einheitliche Meinung zu hören war. Alle also auf gleicher Linie; anders positionierte Organisationen oder Personen sind nicht dabei. So klappt’s dann auch viel leichter mit dem Dialog.

Aber nach außen dann forsch der Aufruf: #LasstUnsReden! Diesen Aufruf zur friedlichen, gesitteten Auseinandersetzung hat die Zielgruppe, also wir primitiven Aggressivlinge, die sich ohne staatliche Moderation und Anleitung bestimmt die Schädel einschlagen würden, nach Ansicht von ORF und Co. offensichtlich bitter nötig.

Allerdings stehen die vier Organisationen nicht an, auch bei sich selbst Fehler zu suchen und auch zu finden, so heißt es in der Grundsatzerklärung: „Wir haben aufgehört, einander zuzuhören und miteinander zu reden“. „Wir“ also – oder steht hier das „Wir“ für ein „Ihr“, was aus dem Schuldeingeständnis eine Anklage machen würde?

Aber man will ja nichts schlecht reden, deshalb seien auch die guten Seiten von Du+Ich=Österreich/#LasstUnsReden erwähnt: Die Initiative will zeigen, „dass unterschiedliche Meinungen und Standpunkte normal sind, und, dass alle Seiten und Gegensätze Platz in Österreich haben, sofern sie sich auf dem Boden der Gesetze und der Verfassung bewegen.“ Also alle Meinungen auf dem Boden der Gesetze haben Platz. Eines dieser Gesetze ist zum Beispiel die Impfpflicht. So hat dann künftig nach dem Willen von ORF und Co. jede Meinung Platz, außer sie kollidiert z. B. mit der gesetzlichen Impfpflicht.

Da man sich aber nicht nur an die Österreicher wendet, sondern, und das macht ja heute so, an „alle, die hier leben“, nutzt man im eigens gestalteten Werbefilm auch die Gelegenheit, um auch allfällige Diskrepanzen interkultureller Natur (ja gibt’s die wirklich?) anzusprechen und auch zu deren Überwindung durch Dialog anzuregen.

Ganz zeitgeistig trägt eine der Darstellerinnen ein Kopftuch, was sie jedoch nicht daran hindert, ohne männliche Begleitung ein Lokal zu besuchen, mit einem offensichtlich Fremden (muß er sein, der Film will ja nicht eh schon vertraute Menschen zusammenbringen) etwas zu trinken und sich ihm fast bis auf Körperkontakt zu nähern – na eben ganz so, wie wir das aus der gelebten Alltagsrealität zwischen islamischer und westlicher Kultur in Österreich halt so gewöhnt sind.

Filmisch äußerst kreativ sind hier die wahren Testimonials gar nicht im Bild: Es sind die männlichen Verwandten der Dame, die hier beispielhaft vorangehen, und den „Dialog“ – oder etwa mehr? – zwischen Muslima und männlichem Stammösterreicher gänzlich ungestört zustande kommen lassen. Wieder eine Brücke mehr gebaut!

Zugegeben, vielleicht sind wir im kulturellen Zusammenleben in Österreich nicht ganz so weit, wie hier im Wunschdenken der Macher dargestellt wird, aber der Film spielt ohnehin offensichtlich in der Zukunft: Da die einzelnen Charaktere (es müssen in vielen Szenen aus der Logik der Stoßrichtung der Initiative heraus gefolgert zueinander Fremde sein) jegliche virusbedingten Abstandsregeln völlig ignorieren, kann man auf ein Setting in der Zeit der bereits überwundenen Pandemie schließen.

Wobei: Da wäre dann ja auch hoffentlich die impfbedingte Spaltung überwunden. Spielt der Film also doch in der Gegenwart, und die Rollen pfeifen ganz einfach auf die Sicherheitsabstände, die nur uns, der unbedarft-dümmlichen Zielgruppe sonst pausenlos eingehämmert werden? Wie auch immer …

Stolz berichtet jedenfalls der neue ORF-General Roland Weißmann, daß der „ORF als Kitt der Gesellschaft die mediale Plattform für die Kampagne“ bildet. Hier würde sich anbieten, auch die uns von Weißmann vorgespielte Selbstwahrnehmung des ORF poinitiert ironisch zu kritisieren, aber am besten man läßt Weißmanns Aussage so stehen, wie sie ihm selbst passiert ist, denn sie wirkt am besten ganz ohne Kommentar: „Der ORF als Kitt der Gesellschaft“. Nur soviel: „DIE Gesellschaft“, Herr General, gibt es in Österreich schon lange nicht mehr.

Was Österreichs Immigrationseuphoriker, mittendrin Ihre Organisation, mittlerweile hervorgebracht haben, ist nicht etwa eine multikulturelle Gesellschaft, sondern eine Vielzahl an Einzelgesellschaften, die sich immer schneller zentrifugal auseinander entwickeln. Aber das wissen Sie selbst auch, denn während vom deutschsprachigen Österreicher Offenheit um jeden Preis verlangt wird, macht Ihre Anstalt aus Bequemlichkeit Programm für ausschließlich eine Bevölkerungsgruppe – die deutschsprachige, weil auch Sie an Ihre Grenzen stoßen, wenn Sie Bevölkerungsgruppen unterhalten oder informieren wollten, die einen Anschluß an die westliche Kultur erst gar nicht suchen – es geht in Österreich ja auch bestens ohne – oder auch offen ablehnen. Oder denken Sie etwa, daß man in jenen 82 Prozent der Haushalte von sogenannten Neuen Mittelschülern in Wien, in denen eine andere Sprache als Deutsch gesprochen wird, mit Ihren Programmen etwas anfangen kann? „Der Kitt der Gesellschaft“ – ohne Worte.

Aber zurück zum eigentlichen Thema, Du+Ich=Österreich/#LasstUnsReden, denn jetzt kommt das Beste an der ganzen Aktion: Mitmachen darf jede/r/s! Die Bedingungen dazu findet man in der Grundsatzerklärung der Initiative. Privatpersonen sind dazu aufgerufen „Formate zu schaffen“, und eine „Kultur der Dialogförderung, z. B. runde Tische“. Toll! Aber auch für Firmen bietet sich die einzigartige Gelegenheit, durch finanzielle Unterstützung der Kampagne Gutes zu tun. Wobei: Beiträge unter € 10.000,- können dabei leider nicht akzeptiert werden.

Zur Erinnerung: Träger sind u. a. ORF und ÖGK.

Fazit: Vier Organisationen, die in der Impffrage die gleiche Meinung haben, rufen uns dazu auf, miteinander zu reden, zugleich aber dabei nur Meinungen zu akzeptieren, die dem (Impf)Gesetz entsprechen. Und wenn man schon dabei ist, Geld für eine Kampagne auszugeben, dann nicht ohne bei dieser Gelegenheit auch der deutschsprachigen Community in Österreich den subtilen Hinweis zu geben, im Sinne des „Dialogs“ eh brav alles und jeden zu akzeptieren, und wenn es überhaupt zu wenig Dialog zwischen z. B. österreichischen Männern und islamischen Frauen gibt, dann ist der einzige Grund dafür natürlich die latente Fremdenfeindlichkeit der Österreicher und sicher nicht die dem Islam innewohnende Weltoffenheit, Genderneutralität und Religionstoleranz. Also: Lasst uns reden – hashtag!