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Werner Reichel
 

Boris Johnson hat der Linken zwei ihrer bittertsten Niederlagen der jüngeren Geschichte zugefügt. Er war 2016 einer der konservativen Wortführer für den EU-Austritt Großbritanniens. Die linken Medien hatten mit der BBC als Flaggschiff damals alle Register gezogen und eine massive Pro-Europa-Kampagne gefahren.

Dass die Mehrheit der Bürger angesichts dieser propagandistischen Anstrengungen für einen EU-Ausstieg votieren würde, hielten die linken Eurokraten inner- und außerhalb Großbritanniens für unmöglich. Man hatte sich überschätzt: 51,89 Prozent stimmten am 23. Juni 2016 für den Brexit. Auch 2019 stand die BBC ganz vorne im Kampf gegen Johnson. Ein Wahlsieg der Tories sollte und musste verhindert werden. Die BBC agierte damals so offensichtlich politisch einseitig und unfair, dass Johnson die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt boykottierte und mehrere Einladungen zu Interviews und Talkrunden ablehnte. Das legte man ihm damals als „undemokratisches Verhalten“ aus. Auch bei den Wahlen 2019 kam es für die linken Kräfte anders als erwartet. Die Tories legten zu und eroberten sogar einige Labour-Hochburgen im Norden des Landes.

Seither wird Johnson von den Linken noch mehr gehasst und – ähnlich wie in den USA Donald Trump – unabhängig von seinen Leistungen und Erfolgen als Polit-Clown vorgeführt und kritisiert. Zumal der Brexit, anders als von dem Mainstreammedien prophezeit und erhofft, noch immer nicht zum Zusammenbruch des Landes geführt hat. Im Gegenteil.

Die aktuelle „Party-Affäre“ – während des Lockdowns gab es mehrere Feiern am Regierungssitz in der Downing Street – soll nun genutzt werden, um Johnson endlich politisch zu erledigen. Der Druck, den der tiefe linke Staat im Zusammenhang mit der harmlosen Affäre, die bei einem linken Politiker nicht einmal für einen kleinen Skandal reichen würde, aufgebaut hat, ist so groß, dass auch einige Konservative gegen Johnson rebellieren.

Dieser hat die Zeichen der Zeit und seine gefährlichsten Feinde erkannt. Er weiß, dass seine mächtigsten und erbittertsten Gegner die linken Medien, insbesondere die BBC sind. Sie muss er bekämpfen.

Vergangenen Sonntag hat Kulturministerin Nadine Dorries angekündigt, der BBC, der British Broadcasting Corporation, ab 2027 die Rundfunkgebühr streichen zu wollen. Ein Sakrileg! Gilt die BBC doch als die Mutter aller öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Die 1922 gegründete BBC erwarb sich einen ausgezeichneten, ja, legendären Ruf als kritisches Qualitätsmedium. Sie setzte Maßstäbe im TV-Journalismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden nach ihrem Vorbild quer durch Europa öffentlich-rechtliche Sendeanstalten aufgebaut, wie die ARD in Deutschland oder der ORF in Österreich.

Das ist lange her. Der gute Ruf der BBC ist längst dahin, zahlreiche Skandale haben in den vergangenen Jahren der Sendeanstalt geschadet. Unter anderem die widerliche Affäre um BBC-Starmoderator Jimmy Savile. Scotland Yard bezeichnete Savile als den schlimmsten Sexualverbrecher des Landes. Er hat über Jahre hunderte Kinder, Erwachsene und sogar Leichen missbraucht. Eine Untersuchungskommission stellte nach seinem Tod fest, dass die BBC diese Umtriebe jahrelang gedeckt und seine Kollegen systematisch weggesehen hätten.

Abgesehen von solchen monströsen Skandalen hat die BBC, wie fast alle öffentlich-rechtlichen Anstalten in Europa, eine schwere linke Schlagseite. 2014 musste man öffentlich eingestehen, über Migranten und Einwanderung zu positiv und einseitig berichtet zu haben. „Es gab keine angemessene Debatte für viele, viele Jahre“, so der verantwortliche Politikredakteur Nick Robinson. Aufgrund dieses Haltungsjournalismus, eben weil die BBC kein unabhängiges Qualitäts-Medium, sondern eine Meinungsanstalt, eine Propagandaorgel ist, wurde sie zur zentralen Machtstütze der Linken, zu einem der wichtigsten Assets des tiefen Staates.

Die öffentlich-rechtliche Sendeanstalt hat aufgrund ihre gesetzlich garantierten Sonderrechte und der Zwangsfinanzierung nach wie vor eine marktbeherrschende Stellung. Sie ist damit ein wichtiger Faktor bei der Beeinflussung der öffentlichen Meinung. Die BBC ist mit einem Marktanteil von über 30 Prozent der mit Abstand größte TV-Anbieter des Landes, weit vor der privaten Konkurrenz. Eine Schwächung, sprich Verkleinerung oder gar Abschaffung der BBC wäre ein Schlag gegen den linken Staat, dessen Folgen und Tragweite kaum abzuschätzen sind. Die linken Kräfte würden ihr zentrales, wichtigstes und dank Gebührenfinanzierung von der Wirtschaftslage unabhängiges Propagandainstrument verlieren, das seit Jahrzehnten Politik, Wahlen, ja, die gesamte Gesellschaft und Kultur Großbritanniens beeinflusst.

Ohne BBC würde die politische Landschaft, würden die Machtverhältnisse wohl anders aussehen, wäre die jüngere Geschichte des Landes anders verlaufen. Gleiches gilt für Deutschland und ARD/ZDF. Die britische Regierung will nun die Rundfunkgebühren für die nächsten zwei Jahre einfrieren und sie ab 2027 inklusive aller Subventionen streichen. Für die BBC sind die Gebühren mit ca. 75 Prozent die Haupteinnahmequelle. Derzeit zahlen die Briten pro Jahr 159 Pfund (190 Euro) an die Anstalt. Dazu kommen Einnahmen aus dem weltweiten Verkauf von Serien und Programmen. Macht insgesamt sechs Milliarden Euro Jahresbudget. Die BBC beschäftigt über 20.000 Mitarbeiter.

Fallen die Gebühren weg, müsste die BBC Zigtausende dieser Mitarbeiter abbauen und zahlreiche TV-Kanäle dichtmachen. Die aufgeblähte Anstalt müsste bis zur Unkenntlichkeit eingedampft werden. Davor haben nicht nur die Linken in Großbritannien Angst. Das Beispiel könnte in ganz Europa Schule machen. Zumal öffentlich-rechtliche Anstalten in den vergangenen Jahren ohnehin ihre Existenzberechtigung verloren haben. Aufgrund des technischen Fortschritts und aus Selbstverschulden.

Sie wurden in der Nachkriegszeit, als die Infrastruktur zerstört war, gegründet, weil der Aufbau von Sendenetzen, das Produzieren und Ausstrahlen von Rundfunkprogrammen einen enormem finanziellen und personellen Aufwand bedeutete und terrestrische Sendefrequenzen ein knappes Gut sind. Im Internet- und Satellitenzeitalter kann davon keine Rede mehr sein. Es gibt ein fast unendliches Angebot an Kanälen, Inhalten und Anbietern.

Die Argumente, die seinerzeit für solche staatsnahen Anstalten gesprochen haben, sind obsolet geworden. Deshalb haben sich öffentlich-rechtliche Sender wie die BBC oder das ZDF umorientiert, ein neues Geschäftsmodell bzw. neue Aufgabe gefunden. Ihre wichtigste Funktion ist nun, die Linken zu unterstützen, die öffentliche Meinung in deren Sinne zu beeinflussen: mit Propaganda, Desinformation, Haltungsjournalismus.

Deshalb ist die Aufregung in der BBC heuchlerisch und weinerlich. Hätte man Johnson und die Tories fair behandelt, hätte man, wie vom Gesetz vorgeschrieben, unabhängigen Qualitäts-Journalismus betrieben, hätte die konservative Regierung keine Veranlassung, der BBC den Geldhahn abzudrehen. Man hat sich – aus ideologischen, machtpolitischen und monetären Gründen – anders entschieden, sich mit den Linken in ein Bett gelegt.

Trotz dieser mächtigen politmedialen Allianz hat sich die britische Bevölkerung für den Brexit und für Johnson entschieden. Diese demokratische Entscheidung bekämpft der tiefe Staat nun mit demokratisch zumindest fragwürdigen Methoden. Dass sich Johnson von der BBC nicht permanent ans Bein pinkeln lässt, etwas gegen die linke Propagandamaschinerie unternehmen muss, liegt auf der Hand.

Wie es mit der BBC weitergeht, ist nicht klar. Sie muss nun mit der Regierung verhandeln, neue Finanzierungsmodelle entwickeln. Denkbar wären etwa ein Abo-System (Pay-TV) oder eine Teilprivatisierung.

Am freien Markt mit anderen TV-Sendern um Seher und Einnahmen konkurrieren zu müssen, ist für die BBC und die politischen Profiteure ihrer einseitigen Berichterstattung eine Horrorvorstellung. Wenn plötzlich Leistung und Qualität, nicht mehr Haltung und Moral relevant sind. Deshalb muss Johnson weg. Es geht für beide Seiten ums Überleben.

Sollte Boris Johnson die immer massiver werdenden Attacken der Linken überstehen und die BBC privatisieren, abschaffen oder stark verkleinern, könnte er damit eine historischen Sieg für die konservativen Kräfte einfahren und das Fundament für eine langfristig erfolgreiche bürgerliche Regierung, die nicht permanente und unfairen Attacke ausgesetzt ist, legen, eine politische Wende einleiten.

Die türkis-blaue Regierung hatte es seinerzeit verabsäumt, den ORF nach Amtsantritt möglichst rasch – um es in der Sprache der Linken zu sagen – zu dekonstruieren. Das war ihr größter Fehler und der Anfang von ihrem Ende.