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Am Schauplatz

ORF2Andere, Do, 29.09.2016, 22:56 | Werner Grotte

Die Stoßrichtung war klar, quasi schon im Titel vorgegeben: „Am Schauplatz“ suchte (vermeintliche) „Neue Rechte“ und versuchte, diese möglichst schlecht ausschauen zu lassen. Das zeigte sich sowohl in Kameraeinstellungen, bewusst gezeigten Details – und natürlich in der „wissenschaftlichen“ Begleitung durch den schon allein aufgrund seiner Funktion einseitig analysierenden "Rechtsextremismus-Experten" Andreas Peham vom DÖW (Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes).

Am Schauplatz-Gestalter Andreas Mannsberger mischte sich mit seinem Kamerateam unter diverse Veranstaltungen etwa der „Identitären Bewegung“ und schnitt ganz offensichtlich jene Begegnungen – auch mit anderen Gruppen – zusammen, bei denen möglichst wenige Menschen zu sehen waren – also quasi der „Beweis“, dass das eh nur ein paar Spinner sind.

Obwohl Identitären-Sprecher Martin Sellner mehrfach versuchte, zu erklären, dass es sich bei der Bewegung primär um „Patrioten“ handle, die ihr Land lieben und deshalb schützen wollen, durfte im Ernstfall ORF-Wunderwaffe Peham gleich wieder darüber referieren, wie gut getarnt das doch alles sei, aber in Wahrheit stünde doch nur rechtsradikales Gedankengut dahinter.

So würden sich die „Neuen Rechten“ heutzutage viel besser gegenüber typisch nationalsozialistischen Symbolen und Aussagen abgrenzen, als noch die Vorgängergeneration unter Führern wie Gottfried Küssel. Alles sei moderner geworden, manche Ideen oder Strukturen habe man sogar von den Linken übernommen und praktiziere diese halte jetzt „von rechts“. Also quasi eh nur altes, böses Nazi-Gedankengut im neuen Kleid. Der Wolf, der Kreide gefressen hat, quasi.

Bei Aufnahmen der großen Identitären-Demo am Wiener Gürtel, zu der Anhänger aus ganz Europa gekommen waren und bei der linke Gegendemonstranten mit gezielten Steinwürfen einen Identitären sogar ins Koma geschossen hatten, sah man den großen Unterschied zu linksextremen „Demos“: Zunächst gab es unter den zahlreichen Patrioten so gut wie keine Vermummten, wie es bei den harten Linken quasi zum guten Demo-Ton gehört.

Und man sah die Gewaltbereitschaft und den Hass in Augen, Aussagen und Gesten linker AgitatorInnen, die, sooft die Kamera in ihre Richtung schwenkte, „Nazis raus!“ grölten. „Keinen Fußbreit den Faschisten“, „Der Sozialismus wird siegen“ und ähnlich weltoffene, integrative, friedliche und demokratische Wahlsprüche dröhnten in Richtung der unsäglichen Rechten.

Selbst der gemütliche Stammtisch der Identitären in einem Ottakringer Biergarten bekam in der Beleuchtung des ORF einen verschwörerischen Anstrich, bei dem neue Anhänger geködert würden – alles verbrämt mit modernster Technik, weil die Veranstalter ihre Treffen via Notebook mitschneiden und an jene übermitteln, die daheim bleiben mussten – oder im Spital, wie der erwähnte Schwerverletzte von der Gürtel-Demo.

Vertreter der Grazer PDV („Partei des Volkes“) erwischte man schließlich dabei, wie sie am Weg zu einer Veranstaltung eine Autopanne hatten – das musste natürlich groß ins Bild, weil es für den Seher in diesem Zusammenhang ja gar so interessant ist, wie ein paar ältere (und rechte!) Männer ein Auto anschieben. Klare Botschaft: Bei denen funktionieren also nicht einmal die Autos – was kann man da schon von der Politik erwarten.

„Geheimwaffe“ Andreas Peham vom DÖW hatte übrigens schon wenige Minuten später in der ZiB2 seinen nächsten Experten-Auftritt in Sachen „Rechtsextremismus“. Das bereits 2013 erschienene Buch des Wiener FPÖ-Politikers Michael Howanietz „Für ein freies Österreich – Souveränität als Zukunftsmodell“ wurde darin als vollgestopft „mit weitestgehend rechtsextremen Inhalten“ abqualifiziert und das mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten "belegt".

Damit hat der ORF nämlich – was wohl die Hauptintention war – auch gleich den Vorwortschreibern HC Strache und Norbert Hofer, der auch als Herausgeber fungierte, eine aufgelegt und sie wieder einmal „extrem rechts“ verankert, auch wenn man sich fragen muss, was der Inhalt eines drei Jahre alten Buches in einer der Aktualität verpflichteten Zeit im Bild 2 zu suchen hat.

Ob das Denunzieren angeblich „Rechter“  in Zeiten wie diesen noch jemanden interessiert und nicht eher schon eine Werbung für das Buch ist, wird sich letztlich an den Verkaufszahlen und den nächsten Wahlergebnissen ablesen lassen. Und irgendwann vielleicht auch in einer Umbesetzung so mancher ORF-Redaktion…