ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Sendungskritik Melden

Bitte um ein Stichwort, warum diese Kritik als rechtswidrig oder ehrenbeleidigend (gegenüber konkreten Personen) offline genommen werden soll. Dass eine Meinung unerwünscht oder unsympathisch ist, ist kein ausreichender Grund dafür.

Ich will die Datenschutzerklärung lesen.

Beitrag melden


IM ZENTRUM

ORF2Andere, So, 19.11.2017, 23:56

"Sozialdemokratie in der Sinnkrise" – der Titel der Diskussion hätte nicht besser gewählt werden können. Denn wer dieser Diskussion lauschte, musste sich wirklich die Sinnfrage stellen. Mit Claudia Reiterer diskutierten Christian Kern (abgewählter Bundeskanzler), Konstantin Wecker (Liedermacher und langjähriger Konsument fragwürdiger Substanzen), Cathrin Kahlweit von der auch als "Prantl-Prawda" bekannten, linksgrünen Süddeutschen Zeitung und als einzige Stimme der Vernunft der Unternehmer Martin Ohneberg. Vernunft war aber nicht unbedingt das Hauptanliegen der Sendung – vielleicht kam Herr Ohneberg deshalb so selten zu Wort.

Da der Industrielle weitgehend kalt gestellt war, kam es zu der grotesken Situation, dass zwei sehr weit links stehenden Gäste den linken Noch-Kanzler immer wieder dafür attackierten, dass er nicht weit genug links wäre. Kern war angesichts dieser absurden Inszenierung offenbar selbst erstaunt. Auch die mit einem Grünen vermählte Moderatorin brachte den Pizzaboten unter Druck – surreal, auch für Kern.

"Warum ist es eigentlich so schwer, offen links zu sein?", fragte Reiterer ernsthaft. Kern war baff. Angesichts des jahrzehntelang anhaltenden Dranges immer weiter nach links sind für ORF-Mitarbeiter und andere Systemschranzen selbst zarte Schritte in die andere Richtung etwas Unfassbares. Dass sich Kern als "progressive Mitte" zu inszenieren versuchte, brachte ihm zahlreiche Anfeindungen ein.

Wobei der Eindruck entstand, dass selbst dem Pizza-Boy seine Mitdiskutanten suspekt gewesen sein dürften. Frau Kahlweit forderte mit dem Blick einer Inquisitorin ernsthaft Rückverstaatlichungen und noch viel mehr Umverteilung und erklärte nebenbei die Wahl von Trump damit, dass seine Wähler von Opiaten abhängig seien.

Den Vogel schoss aber "Poet" Wecker ab, der auf verbaler Ebene wie Major Tom völlig losgelöst von der Erde durchs ORF-Studio trieb. Mit Schaum vor dem Mund träumte er von Marxismus und einer grenzenlosen Welt. Und gab Sätze zum Besten wie: "Steuern sind keine Sünde!", "Bitte mehr Steuern für Gutverdiener!", "Der Staat frisst nichts auf!" und "Wir brauchen mehr Radikalität gegen die ganzen Nazis!".

Aber vor allem habe er Angst um die Demokratie. Was irgendwie fast lustig daherkam angesichts der eingespielten Wahlergebnisse, die zeigten, dass in Europa eine sozialistische Partei nach der anderen abgewählt wurde. Aber wahre Demokratie ist eben nur, wenn die Linken triumphieren.

Floskel-Kaiser Kern wirkte angesichts der quasi offenen Einforderung einer marxistischen Revolution durch Radikal-Poet Wecker oft selbst ratlos. Da war es schön, dass es wenigstens zwischendurch Konsens gab, wenn es gegen den anwesenden  Unternehmer ging. Oder darum, dass die Rechten an allem schuld sind. Herrlich – noch ist der Klassenkampf nicht ganz verloren ...