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Erst im 18. Absatz: Gusenbauer im Zwielicht

Andere, Mi, 10.01.2018, 10:38 | Andreas Unterberger

Der ehemalige PR-Agent Peter Hochegger belastet seit drei Wochen Karl-Heinz Grasser schwer. Das ist zu Recht vom ORF bis zu allen Print-Medien breit berichtet worden, was auch immer davon zu halten ist. Nun hat Hochegger bei seiner Vernehmung im Buwog-Prozess aber noch eine weitere Bombe platzen lassen, die mindestens genausoso dramatisch ist wie seine Grasser-Aussage. Diese nunmehrige Hochegger-Bombe wird jedoch vom ORF total versteckt: Man findet sie erst im 17. und 18. Absatz des Prozessberichtes auf orf.at, also dort, bis wohin nur noch ein ganz kleiner Bruchteil der Leser liest. Der Titel des Berichts hingegen ist mit "Mehrere Anträge an Hohenecker" (die Richterin) so grotesk langweilig formuliert, dass die Chance groß ist, dass gleich gar niemand einsteigt. Und in beiden ZiB-Sendungen wird überhaupt nicht über die Enthüllungen berichtet.

Absolut unglaublich. Denn Hochegger hat eine ganze Reihe weiterer Politiker und Ex-Politiker enthüllt, die auf seiner Pay-Roll gestanden sind, die also für den Lobbyisten gearbeitet haben. 

Die Namen, die Hochegger nun genannt hat: Alfred Gusenbauer (Ex-SPÖ-Bundeskanzler und Parteivorsitzender), Ernst Strasser (Ex-ÖVP-Innenminister), Ernst Gartlehner (Ex-SPÖ-Abgeordneter), Peter Schieder (langjähriger SPÖ-Abgeordneter und Vater jenes Mannes, der jetzt Wiener SPÖ-Bürgermeister werden will), Karl Blecha (langjähriger SPÖ-Innenminister und bis heute Präsident des mächtigen SPÖ-Pensionistenverbandes),  Franz Kuzin (früherer FCG-Betriebsrat bei der Telekom Austria),  Hubert Gorbach (Ex-Vizekanzler, FPÖ/BZÖ),  Mathias Reichhold (Ex-FPÖ-Infrastrukturminister und kurzzeitiger FPÖ-Obmann) und Monika Langthaler (ehemalige grüne Abgeordnete).

Gewiss: Für alle gilt die Unschuldsvermutung. Aber dennoch zeigt diese Hochegger-Aussage jetzt schon das schlimmste österreichische Sittenbild, das einem seit vielen Jahrzehnten vor Augen gekommen ist. Es wird im Grund nur noch durch die Lucona-Affäre übertroffen, als die ganze SPÖ-Spitze jahrelang einen sechsfachen Mörder gedeckt hatte.

Was Hochegger nun ausgesagt hat, bedeutet nämlich: Eine ganze Reihe höchstrangiger Politiker und Ex-Politiker hat verdeckt, also so, dass niemand etwas davon wusste, für einen Lobbyisten gearbeitet! Darunter ein ehemaliger Bundeskanzler, ein ehemaliger Vizekanzler, zwei ehemalige Innenminister, zwei ehemalige Parteichefs.

Niemand solle sagen, dass man als Ehemaliger ja tun und lassen kann, was man will. Es muss auch da in einem demokratischen Rechtsstaat ein Minimum an Anstand geben. Zu diesem Minimum müsste jedenfalls zählen, dass ein Politiker offenlegt, für wen  er arbeitet.

Etliche der nun von Hochegger Genannten sind außerdem keineswegs bloße "Ehemalige", die von ihren Parteien gemieden werden wie die Pest, wie es bei Strasser und Gorbach der Fall ist. Gerade die SPÖ-Größen unter den von Hochegger "Finanzierten" sind bis in die Gegenwart in ihrer Partei überaus einflussreich gewesen. Sie haben also während der gesamten Zeit, da der Lobbyist aktiv war, ganz eindeutig massiven politischen Einfluss auf den Gesetzgeber und die größte Regierungspartei gehabt. Und sie haben laut den Enthüllungen Hocheggers Geld genommen, um diesen Einfluss einzusetzen.

Blecha etwa hat bis heute eine sehr wichtige SPÖ-Funktion (wird die Partei doch hauptsächlich von Pensionisten gewählt). Bis 2016 war er auch noch als Autor eines neuen SPÖ-Parteiprogramms vorgesehen. Gusenbauer war bis 2017 Präsident der SPÖ-Parteiakademie. Er hat auch dem Kurzzeit-Bundeskanzler Kern mit Erfolg den dubiosen Herrn Silberstein als Chefstrategen empfohlen. Und der SPÖ-Abgeordnete Gartlehner hat laut Hochegger monatlich 3000 Euro dafür erhalten, dass er politisch die Besetzung der Aufsichtsbehörde Telecom-Control mit Namen durchdrückte, die den Wünschen der Telekom Austria empfohlen hat. Die SPÖ hat also dafür gesorgt, dass sich die Kontrollierten selber die Kontrollore aussuchen können. Mit anderen Worten: Die Politik ist in hohem Maße als käuflich entlarvt.

Es sind vor allem SPÖ-Politiker, die durch die nunmehrigen Enthüllungen Hocheggers massiv belastet worden sind. Und offensichtlich ist genau das auch der Grund, warum der ORF und andere Linksmedien diesen historischen Skandal so skandalös unter den Tisch spielen. Dabei ist orf.at geradezu noch harmlos, während man in der ZiB überhaupt nichts über Gusenbauer, Blecha und Gartlehner erfährt.

Vom neuen Justizminister ist daher dringend zu erwarten, dass er demnächst bei der Staatsanwaltschaft anfrägt, was sie gegen die Genannten unternommen hat. Oder meint die Staatsanwaltschaft vielleicht, der persönlich offensichtlich angeschlagene Herr Hochegger sei absolut unglaubwürdig? Freilich: Sollte sie das glauben, hätte sie keine andere Alternative, als die Anklage gegen Grasser umgehend zurückzuziehen. Es kann ja nicht sein, dass Hochegger gegen den blauschwarzen Grasser de facto als Kronzeuge hochgehalten wird, gegen Gusenbauer&Co aber als völlig irrelvant.

Oder kann das in Österreich doch sein? Von Brasilien bis Italien landen Politiker, gegen die so schwere Vorwürfe im Raum stehen, auf der Anklagebank. In Österreich landen solche SPÖ-Causen hingegen regelmäßig unter dem Teppich.