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Der „späte“ Historikerbericht

Andere, Mo, 23.12.2019, 16:23

Natürlich beginnt der ORF im Online-Artikel zum FPÖ-Historikerbericht - objektiv wie immer - gleich in der Überschrift mit einem Vorwurf: „Spät aber doch - FPÖ stellte 669-Seiten-Historikerbericht vor.“

Jetzt wäre natürlich interessant, ab welchem Zeitraum die Fertigstellung einer dermaßen umfangreichen wissenschaftlichen Arbeit mit einer Vielzahl an Beteiligten als „spät“ einzustufen ist. Aber der Vergleich macht sicher: So hat die Arbeit am Historiker-Bericht der ÖVP (bei schlanken 200 Seiten) ganze 10 Jahre in Anspruch genommen und auch die SPÖ hat davor etliche Jahre gebraucht, um die eigene Geschichte entsprechend aufzuarbeiten. Die FPÖ hat dafür gerade einmal eineinhalb Jahre benötigt. „Spät“ sieht also anders aus. Aber wo kämen wir da hin, wenn der ORF einfach über Parteigrenzen hinweg objektiv vergleichen und berichten würde? Gemäß Auftrag wäre er zwar dazu verpflichtet, aber solange er eine links-lastige politische Lobby hat, spielt das keine so große Rolle.

Der zweite große Vorwurf im Online-Artikel: Die FPÖ hätte den Bericht bewusst vor Weihnachten vorgestellt, um eine Diskussion darüber zu unterbinden. Zur Bekräftigung wird Alexander Pollak, Sprecher von SOS Mitmensch (und bekanntlich nicht gerade ein Freund der FPÖ) zitiert: „„Der Bericht soll offenbar über Weihnachten in der Versenkung verschwinden“.

Das ist insofern unlogisch, ja fast absurd, weil die FPÖ sich seit der Fertigstellung im Oktober um zwei Termine für eine Podiumsdiskussion bemüht hat. Bei dieser sollten bewusst auch Kritiker und Gegner der FPÖ eingeladen werden, also genau um den Bericht in allen seinen Facetten vor versammelter Presse zu diskutieren. Leider war keiner der Eingeladenen, die den Bericht auch vorab zum Lesen bekommen hätten, zu Teilnahme bereit. Offenbar kritisiert es sich aus der Ferne und im Sinne einer Vorabverurteilung (bisher gab es nur eine 32seitige Vorabveröffentlichung des Berichts) leichter.

Auch der ORF bleibt beim Instrument der Vorverurteilung. So wie die bisher lautesten Kritiker hat auch der ORF-Redakteur des Online-Artikels den Bericht noch nicht gelesen. Es kann somit noch gar keine Beurteilung oder gar Kritik des Historikerberichts geben.

Kein Problem für den ORF: Er recycelt einfach nochmals alte Einwände und Aussagen aus dem Sommer, die sich auf einen 32seitigen Auszug des Berichts beziehen. Etwa kritische Bemerkungen des Zeithistorikers Oliver Rathkolb oder des ehemaligen SPÖ-Politikers (ein Schelm, wer Böses denkt!) Kurt Scholz. Wozu den Bericht auch lesen, wenn man sich beim Staatsfunk längst eine Meinung gebildet hat?

Interessanterweise war der zitierte Rathkolb auch einer derjenigen, die von der FPÖ zur geplanten Podiumsdiskussion eingeladen wurden und abgesagt haben. Spannend wäre also die Frage, warum Rathkolb nach der harschen Kritik im Sommer jetzt nicht die Gelegenheit genutzt hat, den vollständigen Bericht öffentlich zu diskutieren. Nicht für den ORF: da wird – ideologisch korrekt – lieber der „bösen“ FPÖ unterstellt, dass sie sich nicht der öffentlichen Diskussion stellen möchte. Die Kritiker und Vorverurteiler, die sich plötzlich geduckt haben, sind natürlich über jeden Zweifel erhaben.

Wieder ein offensichtlich einseitiger Beitrag, der eines öffentlich-rechtlichen Senders nicht würdig ist (und am Auftrag völlig vorbeigeht). Lückenpresse at it´s best!