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Tools am Rande des demokratischen Modells

Andere, Mo, 04.05.2020, 22:21 | Niklas G. Salm

"Die europäischen Länder müssten sich an Tools gewöhnen, die „am Rand des demokratischen Modells“ seien", vermeldet ORF-Online staubtrocken. Und diese Aussage kommt nicht etwa von notorischen Bösewichten wie Viktor Orban, Donald Trump, Wladimir Putin, Matteo Salvini oder Rollkommando-Kickl. Nein, die Aussage stammt von Frau Antonella Mei-Pochtler, ihres Zeichens enge Beraterin und Du-Freundin von Wunderkanzler Sebastian Kurz. 

Es geht dabei um eine verpflichtende Überwachungs-App für alle Österreicher und auch alle Europäer im Zuge der hysterisch hochgepeitschten Corona-Krise. Man muss sich das vorstellen: Im Zuge der größten Wirtschaftskrise aller Zeiten, die mit Riesenschritten auf uns zukommt, in Zeiten von 572.000 Arbeitslosen und weiteren 1,1 Millionen vorerst "verhinderten Arbeitslosen" in Kurzarbeit, ist eine der größten Sorgen der türkis-grünen Regierung offenbar die lückenlose Totalüberwachung ihrer Bürger. Denn ohne Wissen von Kurz wird sich Madame Antonella Mei-Pochtler ganz gewiss nicht so weit hinausgelehnt haben. 

Die Regierung hält weiter an vielen Lockdown-Maßnahmen fest, was für noch immer nicht abschätzbares Gefahrenpotential in wirtschaftlicher Hinsicht sorgt. Das kann nicht einmal der inzwischen gegenüber den Herrschenden ausgesprochen devote ORF verheimlichen. Es sind so viele Jobs gefährdet, wie überhaupt noch nie. Aber ein Hauptanliegen von Kurz und Co. in solchen Zeiten ist offensichtlich die Überwachung der Untertanen. Statt den lähmenden Lockdown endlich wenigstens jetzt angesichts kaum noch vorhandener Infizierter mit einem großen Befreiungsschlag zu beenden, ziert man sich weiter und ist in Trippelschritten unterwegs. Es lebe die "neue Normalität". 

Die darf in der Story übrigens auch nicht fehlen: "Kanzlerberaterin Antonella Mei-Pochtler geht davon aus, dass Contact-Tracing-Apps und andere Technologie künftig wesentlicher Bestandteil des sozialen Lebens sein werden. „Das wird Teil der neuen Normalität sein. Jeder wird eine App haben“, sagte sie."

Neben einer Zwangs-App berichtet die Kurz-Beraterin dann auch gleich über einen sogenannten Immunitätsausweis. Der würde bestätigen, dass man Corona nicht mehr übertragen kann und ist wohl auch als Vorstufe zu einer Zwangsimpfung zu verstehen. Er würde ganz offiziell eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zementieren und somit die Grundrechte dauerhaft abschaffen. Hier die Nicht-Immunen, die man wohl wegsperren oder zumindest einschränken muss – dort die Immunen, denen die Herrschenden großzügigerweise etwas mehr Freiheit gewähren. Wobei selbst die Bill-Gates-WHO so eine Unterteilung bisher ablehnt. Zumindest offiziell. 

Das Ganze wird garniert mit der herzerwärmenden Aussage von Madame Mei-Pochtler: „Ich glaube, die Leute werden diese Kontrolle von sich aus wollen“. Ja, wer wird nicht gerne kontrolliert, wo es doch nur zum Besten von uns allen ist? Schließlich wollen die österreichischen Fanta4 (für Nicht-Insider: Die Fantastischen Vier) Kurz, Kogler, Anschober und Nehammer ja bloß unser aller Leben retten. Vor einem Virus, an dem je nach Studie 0,07 oder doch 0,2 Prozent sterben. Dafür werden wir doch alle liebend gerne unsere Freiheit aufgeben, oder?

Wir fassen zusammen: Eine der engsten Beraterinnen von Kanzler Kurz fordert Maßnahmen "am Rande des demokratischen Modells", eine verpflichtende Überwachungs-App und eine Zweiklassengesellschaft per Immunitätsnachweis. Damit Hand in Hand gehen teilweise Einschränkungen oder Abschaffung der persönlichen Freiheit. Kaum vorstellbar, dass die Dame da ganz allein vorgeprescht ist und nichts mit dem Bundeskanzler abgesprochen war. 

Denn wir zitieren aus dem ORF-Artikel: "Mei-Pochtler ist eine der wichtigsten Beraterinnen von Kurz. Der Leiterin der dem Kanzleramt angegliederten Denkfabrik Think Austria wurde vor kurzem auch die Koordinierung des „Future Operations Clearing Board“ übertragen. Dieses inoffizielle Gremium soll Maßnahmen prüfen, Expertise für zukünftige Schritte liefern und Perspektiven für die kommenden Monate aufzeigen." 

Und wie reagiert der ORF wieder einmal in türkis-grünen Zeiten? Er nimmt Forderungen nach Einschränkungen von Demokratie und Freiheit extrem gelassen zur Kenntnis. Keine Schnappatmung zwischen den Zeilen, keine kampagnenartige Berichterstattung, keine alarmistischen Sondersendungen, keine Weltuntergangsstimmung, kein Ende-der-Demokratie-Geheul, nichts! Man lässt Kurz mit einem lapidaren "kein Kommentar" und "Das ist jetzt bei den Sozialpartnern kein Thema" davonkommen. 

Gut, die Opposition darf am Ende des Beitrags ein bisserl empört sein, der ORF ist es offenbar nicht. Denn dass er es auch ganz anders kann, hat er bewiesen, als Herbert Kickl "konzentriert" gesagt hat. Oder zuletzt auch "Rollkommando". Als ein kleiner FPÖ-Zwerg in der Steiermark auf einem Tennisplatz mit drei Freunden bei Pizza und Bier eine "Corona-Party" gefeiert hat, die tage- und wochenlang die Schlagzeilen bestimmt hat. Bis sich herausgestellt hat, dass es der allwissende Gesundheitsminister gar nicht so gemeint hat und private Treffen eigentlich eh erlaubt waren. 

Als übrigens bei einem Kurz-Freund aus der Wiener Society kürzlich eine Corona-Drogen-Party mit über 20 Personen aufgeflogen ist, hat der ORF nicht ganz so aufgeregt berichtet. Aber das ist zumindest irgendwie stimmig und passt zur völlig locker-entspannten Berichterstattung über Vorhaben "am Rande des demokratischen Modells". So lange es von Kurz (oder dessen Umfeld) kommt und der die GrünInnen mit an Bord hat, ist alles paletti! Null problemo! Also bitte nicht ins Hemd machen, wie es Kurz auch schon sinngemäß zu den ersten Verfassungsbrüchen in der Causa Corona formuliert hat.