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Sommergespräche

AndereORF2, Di, 18.08.2020, 10:49 | Werner Reichel

Es scheint ein antrainierter Reflex zu sein. Wie bei den berühmten pawlowschen Hunden. Immer wenn ein ORF-Interviewer einem FPÖ-Politiker gegenübersitzt, wird er zum Pitbull. Er geht in Kampfstellung, das Interview wird zum Verhör, die Redaktion hat den Fragensteller mit allerlei Polit-Schmutz und vorbereiteten Fangfragen aufmunitioniert.

Selbst wenn man nur das Gesicht des ORF-Interviewers sehen und den Ton abdrehen würde, könnte man sofort erkennen, ob da ein blauer oder ein grüner Politiker befragt wird. Erstarrtes Gesicht, nach unten gezogene Mundwinkel, aggressive Mimik: Das kann nur ein FPÖ-Politiker sein. Entspannter, freundlicher Gesichtsausdruck, Lächeln und immer wieder zustimmendes Nicken: Ganz klar, ein linker Öko.

Bei einem Grünpolitiker verwandelt sich der gemeine ORF-Redakteur ebenso reflexartig in ein Schoßhündchen. Es wird nett bis unterwürfig geplaudert. Man nimmt sein Gegenüber ernst, lässt es ausreden, hängt an seinen Lippen, ist an seiner Meinung tatsächlich interessiert, echte Kritik und Fangfragen fehlen völlig. Und statt im Vorfeld nach Dreck zu wühlen, breitet man lieber ein Tuch des Schweigens über alles, was irgendwie für den Gesprächspartner unangenehm sein könnte.

Gestern war beim ORF-Sommergespräch Pitbull-Time. Von einer gemütlichen, entspannten und sommerlichen Atmosphäre keine Spur. Die Mimik der jungen Redakteurin erstarrte tatsächlich zu einer Maske, sie unterbrach den ruhigen und konzilianten Herrn Hofer permanent. Beim Thema Corona fiel Frau Stribl zeitweise völlig aus der Rolle einer Journalistin und mutierte zur Sprecherin unseres geliebten Gesundheitsministers. Sie rechtfertigte und verteidigte die Maßnahmen Anschobers vor der Kritik von Norbert Hofer wortreich und mit Elan.

Stribl versuchte, was ORF-Journalisten bei FPÖ-Politikern immer tun, sie in eine Richtung zu drängen, aufs Glatteis zu führen, sie möglichst schlecht aussehen zu lassen. Ohne Erfolg. Dazu fehlt es der jungen Dame an Erfahrung, rhetorischem Talent, Geschick und noch einigen anderen Eigenschaften.

Es gab Zeiten, da ärgerte ich mich über solche ORF-Interviews. Mittlerweile langweilen und ermüden sie mich nur noch. Aber immerhin, 20 Minuten habe ich durchgehalten.