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Werner Grotte (Fakten: Di, 25.11.2014, 19:44)
Undurchsichtige Ö3 Wundertüte

Einen Monat vor Weihnachten wird die an sich schon nervige Werbeflut auf Ö3 durch „Christmas Shopping“-Aktionen, Eigenwerbung und sonstigen Kommerz-Schmarren wirklich unerträglich. Im Schnitt gehen von 60 Sendeminuten mindestens zehn für Werbeeinschaltungen drauf. Hört man daheim oder in der Arbeit von neun Uhr Vormittag bis fünf Uhr Nachmittag Ö3, konsumiert man stolze 80 Minuten reiner Werbezeit. Vergleicht man das mit Radio Wien oder Niederösterreich, kommt man dort lediglich auf einen Bruchteil.

Besonders euphorisch beworben wurde heute die „bereits zum zehnten Mal stattfindende Ö3 Wundertüte“, die bundesweit auch in den Postkästen landete. Sinn der Aktion ist es, alte Mobiltelephone in die Wunder-Sackerln (so müsste es auf österreichisch heißen) zu stecken und ins nächste Postkastl zu werfen  (natürlich ohne Portokosten). Nutznießer der Aktion sollen laut Ö3 „Familien in Not in Österreich“ sein. Details verrät man allerdings nicht.

Etwa, was wirklich mit den alten Telephonen geschieht und wer was daran verdient. Immerhin werden bis zu zehn Millionen alter, nicht mehr verwendeter Telephone in österreichischen Haushalten vermutet. Recherchen des Autors zum Thema (es sammelt ja nicht nur Ö3) ergaben, dass die Spur sich sehr schnell, nämlich beim Ö3-Partner Caritas verliert. Dort trennen Langzeitarbeitslose die Geräte in solche, die noch funktionieren bzw. reparabel sind und solche, die man nur noch wiederverwerten kann. Was dann genau mit dem Elektroschrott, der teils Sondermüll (etwa krebserregendes Cadmium aus den Akkus und diverse Kunststoffe), aber auch wertvolle Rohstoffe enthält, geschieht und welche Firmen damit welchen Gewinn machen, will niemand so recht verraten.

Faktum ist, dass aufpolierte Altgeräte vielfach nach Asien exportiert werden, während das Wiederverwerten in Afrika durchgeführt wird – unter teils katastrophalen Arbeitsbedingungen und vielfach von Kindern. Nicht zuletzt deshalb, weil das Recycling unter europäischen Bedingungen viel zu teuer kommt, was die Gewinnspanne deutlich schmälert. Das gleiche gilt für die in Asien verkauften Gebrauchtgeräte. Einerseits ist es zwar zu begrüßen, wenn bei uns unmodern gewordene Geräte woanders weiter verwendet werden, allerdings ist deren Lebensdauer natürlich eher auf wenige Jahre beschränkt – dann werden auch sie zum Sondermüll. Und die Entsorgungsbedingungen in Asien sind vielfach nur unbedeutend besser als in Afrika. Alles in allem also ein gutes Geschäft mit Müllexport in andere Erdteile.

Die klügste Lösung wäre wohl, Mobiltelephone hierzulande länger und effektiver zu nutzen oder erst gar nicht zu kaufen. Einfache Geldspenden für Familien in Not würden auch eine transparentere Optik abgeben als die in manchen Bereichen doch recht undurchsichtige „Wundertüte“. Aber vielleicht liegen wir ja falsch und Ö3 hat längst einen sauberen Verkauf der Altgeräte organisiert und berichtet ausführlich darüber. Wir warten gespannt.