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Werner Reichel (International: Mo, 04.01.2016, 18:00)
Polen und die Lüge von den unabhängigen Staatssendern

Dass fremde Mächte über ihr Land bestimmen und herrschen wollen, ist für die Polen nichts Neues. Jetzt hat der deutsche EU-Kommissar Günther Oettinger angekündigt, Polen unter EU-Aufsicht stellen zu wollen. Warschau reagiert entsprechend. Man wolle lediglich den Staat von einigen Krankheiten heilen, damit er wieder genesen kann, heißt es knapp.

Was hat die polnische Regierung verbrochen, dass die europäischen Machthaber in Brüssel so erzürnt sind? Es geht um eine Medienreform. Die Chefs der öffentlich-rechtlichen Sender sollen künftig direkt von der Regierung ernannt oder abberufen werden. Das regt Brüssel dermaßen auf, dass mit den schwersten Geschützen aufgefahren wird. Sollte die Regierung in Warschau die EU-Befehle missachten, könnten Polen sogar die Stimmrechte in der Europäischen Union entzogen werden.

Und das alles wegen einer Medienreform, wegen der Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks? Schwachsinn. Natürlich nicht. Das ist ein ebenso lächerlicher wie fadenscheiniger Vorwand. Die polnischen Bürger haben schlicht und einfach „falsch“ gewählt. So wie seinerzeit auch die Ungarn und vor noch längerer Zeit die Österreicher.

Es gäbe viele schwererwiegende Gründe, etwa Deutschland oder Österreich unter EU-Aufsicht zu stellen. In beiden Ländern werden im Zusammenhang mit dem Migrantenansturm seit Monaten Gesetze ignoriert, nicht vollzogen und sicherheitspolitische Mindeststandards missachtet. Zu Lasten von ganz Europa. Zu Lasten aller Bürger. All das kümmert Brüssel aber nicht, viel wichtiger ist, wer in Polen den Chef eines Rundfunksenders ernennen darf. Brüssel setzt Prioritäten. Um die Einhaltung von Gesetzen, Verträgen und Regeln kümmert man sich in der EU offenbar nur, wenn es um die eigenen Interessen und machtpolitischen Ziele geht, ansonsten ist man sehr großzügig.

Die EU-Spitze steht mit den aufmüpfigen Staaten der Visegrád-Gruppe schon länger auf Kriegsfuß. Diese sind einfach nicht bereit, sich an der selbstzerstörerischen Flüchtlingspolitik Deutschlands und der EU zu beteiligen. Man wirft ihnen deshalb nicht nur mangelnde Solidarität vor, sondern versucht, soweit es eben in der Macht Brüssels liegt, ihnen das Leben schwer zu machen. Weshalb auch Bundeskanzler Werner Faymann schon mehrmals gen Osten kläffte, man werde diesen „unsolidarischen“ Ländern die EU-Gelder kürzen. Die jetzigen Drohungen von Herrn Oettinger sind genau in diesem Kontext zu sehen. Die EU sorgt sich um die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Polen? Ein Scherz. Ein ziemlich schlechter sogar.

Öffentlich-rechtliche Sender sind aufgrund ihrer Finanzierung, ihres Rechtsstatus, ihrer gesetzlichen Verankerung, ihrer Historie und Struktur immer vom Staat, der jeweiligen Regierung und der Politik abhängig. Daran ändern auch diverse Gremien, Aufsichtsorgane und rechtliche Konstruktionen nichts. Sie dienen nur dazu, dieses Abhängigkeitsverhältnis zu verschleiern. Genau diese Abhängigkeit ist überhaupt der Grund, warum diese anachronistischen, extrem teuren und schwerfälligen Rundfunkanstalten überhaupt noch senden dürfen.

Die Bedingungen, als in einer historischen Ausnahmesituation nach dem zweiten Weltkrieg, da viele europäische Länder in Schutt und Asche lagen, die meisten öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten gegründet wurden, haben sich grundlegend geändert. In Wahrheit braucht die Staatssender im digitalen Zeitalter niemand mehr. Außer natürlich die nationalen Regierungen, linke Parteien, Brüssel und die gut entlohnten Mitarbeiter ebendieser Anstalten.

Diese Rundfunk-Dinosaurier werden auf Kosten der Bürger von den Regierungen und von Brüssel zu Propagandazwecken am Leben erhalten. Wenn auch zumeist mit abnehmendem Publikumsinteresse. Wer wüsste das nicht besser als wir Österreicher. Der ORF hat und hatte eine besondere inhaltliche, ideologische und personelle Nähe zur SPÖ. Der ORF war und ist für die Sozialisten eines der wichtigsten Instrumente zur Erhaltung und zum Ausbau der eigenen Macht. Sozialsten und Staatsfunk haben deshalb über Jahrzehnte hinweg jede private Konkurrenz erfolgreich verhindert.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg hat die Republik Österreich deshalb auch 1993 verurteilt. Das ORF-Rundfunkmonopol verstieß gegen die Menschenrechtskonvention. Geändert hat sich seither nicht viel. Der ORF ist nach wie vor ein roter Staatssender. Vielleicht hätte die polnische Regierung die Rundfunkpolitik der SPÖ studieren sollen, da hätte sie, was die Beeinflussung und Instrumentalisierung einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt betrifft, sicher viel lernen können.

Zudem sollte sich der gestrenge Herr Oettinger, bevor er sich über Polen echauffiert, die Staatssender in seinem eigenen Land genauer ansehen. Die mit Zwangsgebühren gemästeten deutschen Anstalten liegen inhaltlich stets auf Regierungs- und EU-Linie und hetzen gegen alle nichtlinken oppositionellen Kräfte. Unabhängigkeit geht  anders.

Dass ausgerechnet der ZDF in einem Kommentar jetzt schreibt: „Die Reform bedeutet das Ende eines unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Polen“, kann man nur als Chuzpe bezeichnen. Und erst vor kurzem hat ARD-aktuell-Chefredakteur Kai Gniffke (eher unabsichtlich) eingeräumt, in den öffentlich-rechtlichen Nachrichten werde den Zusehern ein geschöntes Flüchtlingsbild gezeigt. ZDF und ARD sind politisch-korrekte Erziehungsanstalten. Dagegen hat Herr Oettinger nichts einzuwenden.

Auch die viel gepriesene BBC hat keine weiße Weste. Vom widerlichen Sexskandal und den ebenso widerlichen Versuchen, diesen zu vertuschen, einmal abgesehen, haben führende BBC-Mitarbeiter selbst eingestanden, unkritisch und stets positiv über Migration und Migrationspolitik berichtet zu haben. BBC-Politikredakteur Nick Robinson: „Es gab keine angemessene Debatte für viele, viele Jahre. Es war für viele zu gefährlich, darüber zu sprechen, weil es mit dem Themen Rasse und Rassismus zusammenhängt.“ So geht es also in angeblich unabhängigen und kritischen Rundfunkanstalten zu.

BBC, ARD, ZDF, ORF, sie alle liegen auf der politisch-korrekten Multikulti-Linie der EU, setzen sich, entgegen aller journalistischen Standards, völlig unkritisch für die politischen Ziele und  Visionen aus Brüssel ein. Sie sind Teil der EU-Nomenklatura. Sie sind keine Berichterstatter, sondern Meinungsmacher. Ihre Kritik an der EU beschränkt sich zumeist auf Glühbirnenverbote und Gurkenkrümmungsrichtlinien, damit ihr Hofberichterstattertum nicht zu sehr auffällt. Ernsthafte oder substantielle Kritik an der EU-Politik ist von diesen Anstalten nicht zu erwarten.

Genau das ist der Punkt. Es geht nicht um Unabhängigkeit, sondern darum, dass alle öffentlich-rechtlichen Sender auf Linie sind. Kritik ist nur erlaubt, wenn sie von linker Seite kommt. Wenn die Gefahr besteht, so wie aktuell in Polen, dass eine Anstalt ausschert, dann reagiert Brüssel prompt.

Eine ganz ähnliche Situation hat es auch schon in Österreich gegeben. Als mit Wolfgang Schlüssel erstmals nach 30 Jahren kein roter Bundeskanzler Österreich regiert hat, waren die ORF-Mitarbeiter und die Linken aus Kultur und Medien plötzlich ganz besorgt um die „Unabhängigkeit“ des ORF. Man startet große Unterschriftenaktionen, Initiativen, schrieb offene Briefe und Armin Wolf hielt eine wütende Rede gegen die neue ORF-Führung und die schwarz-blaue Regierung. Seit im Bundeskanzleramt wieder die Roten das Sagen haben, ist beim ORF die Welt wieder in Ordnung. Damals wie heute geht es nicht um Unabhängigkeit, sondern nur darum, von wem man abhängig ist.

Natürlich will die polnische Regierung Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nehmen, so wie alle anderen Regierungen in Europa auch. Dass ausgerechnet Staatssender Garanten für unabhängigen und kritische Journalismus sein sollen, ist ohnehin völlig widersinnig.

Sollte es Brüssel und all jenen, die vorgeben, ihnen liege etwas an Demokratie und  Pressefreiheit, wirklich um unabhängige nationale Medienlandschaften gehen, dann wäre der einzig sinnvolle Schritt, die öffentlich-rechtlichen Sender in der EU zuzusperren. Damit gäbe es keine von den Bürgern zwangsfinanzierten Staatssender mehr, die europäische Medienlandschaft würde neue kräftige Impulse erhalten (private Qualitätsmedien würden überall neu entstehen), den Menschen würde mehr im Geldbörsel bleiben. Eine Win-Win-Situation. Natürlich werden dabei weder die nationalen Regierungen noch Brüssel mitspielen. Denn sie sind auf die öffentlich-rechtlichen Anstalten als brave Hofberichterstatter angewiesen.