ORF-Watch.at Die unabhängige Kontrolle des Gebührenmonopols


Rubriken

Archiv

Andreas Unterberger (Öffentlich-rechtlich: Sa, 20.01.2018, 15:41)
Der ORF und die Werbung für Wienwert

40 Millionen Euro Schaden dürften Käufer von Anleihen der insolventen Wienwert-Gruppe erlitten haben. Schon 2016 hatte die Gruppe ein negatives Eigenkapital von 29 Millionen. Finanzmarktaufsicht, Konsumentenschützer, Staatsanwaltschaft – sie alle sind seit längerem in Sachen Wienwert aktiv. Eine ganz schlimme Affäre. Das Allerschlimmste daran ist aber, dass der ORF noch bis vor kurzem ständig Werbespots von Wienwert geschaltet hat, die auch für einen wirtschaftlich durchschnittlich gebildeten Laien nach Betrug und Pyramidenspiel gerochen haben.

Denn in diesen Spots wurden den Geldanlegern mindestens 3,75 Prozent Zinsen fix versprochen (das Kleingedruckte dieser Spots hat ja am Bildschirm niemand lesen können; es wurde aber auch nicht vorgelesen, sehr im Gegensatz zum Beipackzettel-Hinweis jeder noch so harmlosen Salbe!). Etwas früher lagen die versprochenen Zinssätze sogar bei 5,25 und 6,75 Prozent, obwohl auch damals schon die EZB längst auf Negativzinsen geschaltet hatte.

Jede halbwegs seriöse Firma hat sich seit Jahren viel billiger finanzieren können. Jede halbwegs seriöse Firma weiß, dass der Finanzmarkt voller Kapital ist, das vernünftige Anlagen sucht.

Warum wohl, Herr Wrabetz, hat Wienwert dagegen teure Fernsehwerbung finanziert und Geldgebern ganz außerhalb des Kapitalmarkts so hohe Zinsen versprochen und gleichzeit Sicherheit vorgespiegelt? Eine nicht allzu schwierige Heimhörerfrage. Selbst mit der naturgemäß geringen ökonomischen Ahnung sozialistischer Apparatschiks hätte man in den Führungsetagen des ORF erkennen müssen, dass das nicht mit rechten Dingen zugehen kann.

Wenn das ständige Geschwätz vom "öffentlich-rechtlichen Auftrag" auch nur einen marginalen Restsinn haben sollte, dann hätte der ORF diese Werbung längst stoppen müssen. Es darf ja beispielsweise auch kein Sender – also auch die bösen privaten nicht – Werbung für Zigaretten, Pistolen oder Pornographie bringen (diese findet man höchstens in Kultursendungen des ORF, weil man ja angeblich alles darf, wenn man es als Kultur bezeichnet).

Der ORF hätte die Wienwert-Werbung wohl auch deshalb stoppen müssen, weil sie erstens oft so gestaltet war, dass sie in grenzintelligenten Zusehern durchaus den Eindruck erwecken konnte, da stünde die Gemeinde Wien dahinter. Weil zweitens bei Wienwert eine überaus dubiose gesellschaftsrechtliche Schachtelstruktur aufgebaut war, gegen die der einstige Libro-Skandal das berühmte wienerische Lercherl war. Und weil drittens die Finanzmarktaufsicht die Wienwert-Werbung als irreführend bestraft hatte.

Aber der ORF hat nicht.

Nein, aus Dummheit kann das nicht geschehen sein (auch wenn es für diese im Wrabetz-ORF wohl eine nach oben offene Skala geben dürfte). Es gibt nur zwei andere mögliche Erklärungen für die Annahme solcher Werbung:

Geldgier. Man wollte die ORF-Kassen füllen, um trotz ständig sinkender Zuschauerzahlen die üppigen Verträge der ORF-Mitarbeiter und -Chefs bezahlen zu können (bei denen ja höchstwahrscheinlich finanzielle Erfolgsziele zu deutlich höheren Gagen führen).

Sozialdemokratische Solidarität. Die Wienwert-Bosse haben sich nämlich ehemalige SPÖ-Gemeinderäte ins Team geholt; eine bei problematischen Firmen beliebte Möglichkeit, sich wichtige Kontakte zu erschließen – man denke auch an die vielen Politiker, die für den Lobbyisten Hochegger aktiv waren (wobei es in den hoffentlich folgenden Prozessen noch sehr interessant sein wird zu hören, was sie bekommen und für Wienwert beziehungsweise Hochegger getan haben).

Beide Motivationen aber sind keine Schuldausschließungsgründe. Es ist daher dringend notwendig, dass sich sowohl Staatsanwaltschaft wie auch die Rundfunk-Aufsichtsbehörden trotz ihrer eigenen politischen Schlagseite das Verhalten des ORF sehr genau anschauen werden. Und es ist jedenfalls zu erwarten, dass der künftige Masseverwalter der Wienwert-Pleite alles versuchen wird, um auch beim ORF Geld zurückzuholen, mit dem die Anleihekäufer zumindest teilweise befriedigt werden können.

Denn es kann kein Zweifel sein, etliche Österreicher sind nur durch die Werbung im öffentlich-rechtlichen ORF zur besten Sendezeit und durch die offiziöse Tarnung hineingelegt worden und haben nur deshalb die Schundpapiere gekauft.