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Niklas G. Salm (Ideologie: Fr, 04.01.2019, 22:08)
Realsatire im Roten Kanal

Im Roten Kanal Ö1 gab es heute gleich mehrere Sachen zum Lachen. Das begann schon im Mittagsjournal, wo über eine "Säuberungswelle" in Brasilien berichtet wurde, die der neue böse, weil rechte Präsident Bolsonaro durchführen lasse. Wie muss man sich so eine brasilianische Säuberungswelle vorstellen? Werden da reihenweise Leute aus ihren Häusern gezerrt und an die Wand gestellt, wie das bei linken Säuberungen à la Stalin so üblich war? Werden Menschen in Lager verbracht?

Nein, Bolsonaro und seine neuen Minister entfernen bloß bekannte Sozialisten und Kommunisten in den Ministerien von den Hebeln der Macht, um die von Linken in Brasilien quasi auf allen Ebenen institutionalisierte Korruption endlich zu beenden. Nur zur Erinnerung: Sogar eine linke Präsidenten-Vorgängerin von Bolsonaro wurde mitten in der Legislaturperiode wegen Korruption ihres Amtes enthoben, ein anderer linker Vorgänger wanderte ins Gefängnis. Und das dürften eben nicht die einzigen korrupten Amtsinhaber gewesen sein.

Also in Wahrheit ist die ganze Aktion vermutlich nur vernünftig, wenn man wirklich einen Neuanfang in einem korruptionsgebeutelten Land versuchen möchte. Aber Linke konstruieren ja auch in Polen einen Skandal daraus, wenn kommunistische Richter wenigstens mit 65 in Pension geschickt werden können. Vermutlich sollten solche Herrschaften bis zum Ableben im Amt bleiben, um nur ja die linke Vorherrschaft abzusichern. Ist es in Polen ein Skandal, sind es in Brasilien gleich Säuberungen. In Österreich hat man sich bisher mit dem Begriff "Umfärbungen" begnügt, wenn irgendwo einmal Rote gehen müssen, um einem Blauen oder Türkisen Platz zu machen.

Der Witz an der Sache ist, dass sich Linke derart ereifern, wenn einmal irgendwo ihre Gesinnungsgenossen Platz machen müssen für Andersdenkende. Als ob Linke - vor allem die SPÖ fällt einem da ein - noch nie ihre Parteigänger auf irgendwelche staatlichen oder staatsnahen Posten befördert hätten. Schon gar nicht in Wien! Einen Aufschrei gibt es aber komischerweise immer nur, wenn es umgekehrt der Fall ist. Selbst haben sich die Linken den Staat und alles Drumherum quasi zu ihrer Spielwiese erklärt und betrachten alles als ihr Eigentum. Kein Wunder also, dass sie empört aufschreien, wenn ihnen andere Bösewichte etwas streitig machen wollen. Echt lustig, wenn es nicht so traurig wäre...

Richtig unfreiwillig komisch wird es aber bei "Im Gespräch – Prognoserunde 2019", wo der Rote Kanal zunächst einmal alle feministischen Frauenquoten-Planziele in DDR-Manier locker-lässig übererfüllt. Mit Renata Schmidtkunz diskutieren nämlich ganz flott überhaupt nur noch Frauen - die grantigen, alten, weißen Männer wurden endlich gleich ganz aus dem Äther gefegt. Recht so, ach nein, rechts ist ja böse, also: links so!

Wobei andere bewährte Konzepte durchaus weiter Anwendung finden. So ist die neue Kurier-Chefredakteurin Martina Salomon als nicht-linkes Feigenblatt im Einsatz, während die Genossinen Nina Horaczek (Falter), Duygu Özkan (Presse) und Anneliese Rohrer (vormals Presse, jetzt offenbar Gewissen der Nation) unterstützt von Rotkanalistin Schmidtkunz ihre rote Realsatire zum Besten geben dürfen.

Die ersten Lacher hat gleich Frau Horaczek auf ihrer Seite, denn sie pocht darauf, dass Journalisten keine Politik machen dürften, sondern nur die Realität ausgewogen darzustellen und von allen Seiten zu beleuchten hätten. "Habe ich auch der anderen Seite ausreichend Platz eingeräumt?", solle sich der Journalist immer fragen. Ja, der war wirklich gut! Ein echter Schenkelklopfer! Haha, was haben wir gelacht. Gerade der Horaczek-Falter ist ja bekannt dafür, immer sehr ausgewogen und überhaupt nicht einseitig zu berichten. Aber Realität ist eben, was links ist.

Wir denken da etwa an die "Liederbuch-Affäre", die sich als reine Seifenblase entpuppt hat, die noch dazu absolut zufällig wenige Tage vor einer Wahl vom Falter lanciert wurde. Dazu versuchte der Falter ja auch einen zweiten Liederbuch-Skandal rund um die Wiener Burschenschaft Bruna Sudetia anzufachen, der dann überhaupt komplett im Sand verlaufen ist. Und auch sonst berichtet der Falter bekanntermaßen sehr ausgewogen über die Regierung und vor allem über die FPÖ. Man könnte sich angesichts der Horaczek-Forderung nach neutraler Berichterstattung stundenlang zerkugeln.

Ja wenn man denn Zeit dafür hätte, aber dann ist schon Altmeisterin Rohrer an der Reihe und die hat auch ein paar echte Brüller auf Lager. Madame Rohrer sieht nämlich überhaupt gleich den Untergang der Demokratie gekommen! Natürlich, wir nehmen die Pointe vorweg, wegen der bösen Blauen. Vor allem der Innenminister raubt ihr den Schlaf. Warum hat Frau Horaczek diesen Gassenhauer eigentlich nicht selbst gebracht, fragt man sich da als hilfloser Zuhörer. Also: Der schreckliche Innenminister beschäftigt nämlich gleich elf Mitarbeiter in seiner Pressestelle (in Zahlen: 11) und umgeht somit angeblich die hochnotpeinliche Wahrheitskommission in Form der "Qualitätsmedien". Das Ende ist nah.

Die elf Mitarbeiter im Innenministerium reichen offenbar schon aus, um unsere Demokratie zu stürzen. Die Angst ist absolut berechtigt. "Dass ich mich in meinem Alter noch damit befassen muss, das hätte ich wirklich nicht gedacht", nasaliert eine vor lauter Panik schon etwas verwirrt wirkende Rohrer empört ins Mikrofon. Fantastisch! Man kriegt im Lachkrampf schon fast keine Luft mehr. Hätte man noch etwas Luft, so möchte man fragen: Wenn elf Kickl-Mitarbeiter schon unser ganzes freies Staatsgefüge bedrohen, was bedrohen dann die zehntausenden Extrem-Allah-Fans im Land eigentlich alles? Zum Glück stellt Frau Schmidtkunz als Moderatorin keinerlei solch lästige Fragen. Die Antworten könnten 1) das betagte Publikum verstören und würden 2) in dieser Runde wohl ohnehin kaum zu finden sein.

Vor Lachen prustend und schnaufend ist man gar nicht auf die nächste Humor-Attacke von Frau Rohrer gefasst. Die legt nämlich nach und meint sinngemäß: "Und die Presse schweigt zu diesen ganzen Vorgängen. An allem sind die Ausländer schuld und kein Journalist sagt etwas. Da müssten die Medien viel entschlossener dagegen halten!" So viel unfreiwilliges Kabarett ist schlicht entwaffnend. Ja sicher Madame Rohrer, das Problem in diesem Lande ist eindeutig, dass die Relotius-Medien nichts gegen diese schreckliche Regierung sagen. Allerorts nur Lobpreisungen, etwa für den "Neofeschisten" Kurz im Falter, für den konzentrierten Kickl im ORF, für Bumsti Strache im Standard. Die Medien sind schon quasi gleichgeschaltet!

Kleine Zwischenfrage: Wurde die türkis-blaue Regierung nicht eigentlich demokratisch gewählt? Und sind die Zustimmungswerte in den Umfragen nicht unverändert hoch? Ist das Vertrauen in die Politik im letzten Jahr nicht sogar raketenartig nach oben geschossen? Warum sollte dann eigentlich die Demokratie in Gefahr sein? Und warum sollte es Aufgabe der Medien sein, gegen eine demokratisch gewählte Regierung vorzugehen, die unverändert hohe Zustimmung genießt, Frau Rohrer?

Ausgerechnet die als einzige recht vernünftig wirkende Martina Salomon sprach auch das Glaubwürdigkeitsproblem der „Qualitätsmedien“ an und dass Journalisten oft am hohen Ross sitzend agieren würden. Nur wollte sonst keine der edlen Damen wirklich darauf eingehen.

Aber lassen wir das, der Rote Kanal und seine Akteure werden ja ohnehin nur noch von sehr wenigen ernst genommen. Vielleicht sucht man gerade deswegen eine neue Aufgabe und versucht sich mit Satire. Ein Jan Böhmermann feiert da ja auch gigantische Erfolge in einem zwangsfinanzierten Randsender, allerdings ist er dabei nicht einmal so lustig wie die Rotkanalisten. Also: wir lachen nicht über euch, sondern eh mit euch. Echt, versprochen, großes Rothäute-Ehrenwort!