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Werner Reichel (Personal: Mi, 25.09.2019, 17:14)
Für Wrabetz sind Forderungen der Privaten nur ein Witz

Der ORF beherrscht auch Jahre nach dem Ende seines Monopols den heimischen TV- und Radiomarkt. Von einem dualen System, also einem gleichberechtigten Nebeneinander von öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern, kann in Österreich noch immer keine Rede sein. Der ORF genießt eine gesetzlich festgeschriebene Sonderstellung und viele Privilegen. Er tut dies, damit er die Bürger mit anspruchsvollen, öffentlich-rechtlichen Inhalten, dem sogenannten Public Value, versorgen kann. Zumindest auf dem Papier.

Der Verband österreichischer Privatsender (VÖP) hat jetzt ein umfangreiches Reformkonzept präsentiert. Er fordert, dass der ORF diesen Public Value tatsächlich erbringt. Und zwar auf all seinen Sendern und Kanälen. Öffentlich-rechtliche Inhalte finden sich in den Programmen von ORF1 und Ö3 bekanntlich nur in homöopathischen Dosen.

Die Vorschläge der privaten Medienmacher sind durchaus vernünftig und zielen vor allem darauf ab, dem ORF genauer vorzugeben, in welchem Umfang er öffentlich-rechtliche Inhalte zu senden hat. Derzeit hat der ORF diesbezüglich sehr viel Spielraum, den er soweit als möglich und darüber hinaus nutzt, zumal er keine ernsthaften Konsequenzen zu fürchten braucht.

Die Privaten fordern unter anderem, dass auch die kommerziell programmierten Sender ORF1 und Ö3 mehr Information und Kultur anbieten, dass im Fernsehen weniger eingekaufte US-Filme und -Serien gezeigt werden und dass mehr österreichische Inhalte gesendet werden müssen, dass im Radio mehr heimische Musik laufen muss. Dazu soll der ORF ein 35-Millionen-Euro-Limit für den Einkauf außereuropäischer Film- und Premiumsportrechte gesetzt bekommen. Das gesamte Reformpaket finden sie hier.

Was die Privatsender fordern, ist nachvollziehbar, argumentierbar und in vielen anderen Staaten längst umgesetzt. ORF-Chef Alexander Wrabetz will sich der Diskussion um eine dringend notwendige ORF-Reform entziehen bzw. selbst bestimmen, in welche Richtung sie gehen soll, und ignoriert die Vorschläge der Privaten. Er macht sich über sie und ihre Forderungen in einem Standard-Interview sogar lustig: „Mir scheint, Markus Breitenecker (ProSiebenSat1Puls4) und Ernst Swoboda (Kronehit) haben da einen lustigen Abend gehabt. Ich weiß nicht, was sie zu sich genommen haben, aber es muss sehr heiter gewesen sein. Offenbar wollten sie da einen gewissen Sadismus ausleben: Wie kann man den ORF quälen, was dem ORF wie abhacken? (…) Ehrlicher, als das auf 25 Seiten auszuwalzen, wäre ein Satz gewesen: Abschaffung des ORF.“

Lassen wir die persönlichen Untergriffe beiseite, aber dass Wrabetz Wünsche zur Stärkung des Public Values als Qual empfindet und sie sogar mit der Abschaffung des ORF gleichsetzt, sagt viel über das Selbstverständnis des ORF-Chefs aus.

Wer mehr öffentlich-rechtliche Inhalte vom ORF einfordert, wolle den ORF zerstören. Was für eine abstruse Logik. Public Value ist die einzige Existenzberechtigung einer solchen Anstalt. Die hohen Zwangsgebühren können, wenn überhaupt, nur damit argumentiert werden, dass der ORF Inhalte produziert, die sich für private Sender nicht rechnen oder die so aus anderen Gründen nicht produzieren können oder wollen. Wer, wie ORF1, US-Serien in Dauerschleife wiederholt, hat definitiv kein Recht auf Zwangsgebühren. Wrabetz: „Das Papier der Privatsender ist ärgerlich, weil es so unernst ist – und zugleich so tut, als wäre es eine ernsthafte Diskussion.“

Mehr Public Value einzufordern ist für Wrabetz ärgerlich und unernst. Alles klar. Die Wahl am Sonntag wird zeigen, ob Wrabetz mit seiner abgehobenen Reaktion durchkommen wird. Sollte sich eine linke Mehrheit gegen ÖVP und FPÖ ausgehen, bzw. die SPÖ wieder in der neuen Regierung sitzen, braucht sich Wrabetz keine Sorgen zu machen. Dann darf er nicht nur weitermachen wie bisher, sondern wird mit neuen Goodies und Sonderrechten belohnt. Schließlich hat sich der ORF im Wahlkampf für die Linken mächtig ins Zeug gelegt.