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Niklas G. Salm (International: Mi, 05.02.2020, 17:00)
Erdbeben in Thüringen und der linken Journalistenblase

"Irritation in Thüringen" titelt der ORF auf seiner Titelseite - und das ist eigentlich noch sehr vornehm ausgedrückt. Denn was in Thüringen passiert ist, gleicht einem politischen Erdbeben. Mit den Stimmen von CDU und AfD wurde der Kandidat der thüringischen Fünf-Prozent-Partei FDP zum Ministerpräsidenten gewählt und so ließen alle rechten und konservativen Parteien erstmals in Deutschland gemeinsam einen linken Kandidaten auflaufen.

Eigentlich wollte sich der bisherigen Amtsinhaber und Post-Kommunist Bodo Ramelow (Die Linke) mit den Stimmen von SPD und GrünInnen trotz fehlender Regierungsmehrheit im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit wiederwählen lassen. Doch das scheiterte jetzt an der FDP und ihrem Kandidaten und auch an der AfD, die für diesen Coup den eigenen Kandidaten fallen ließ. Man hat eine neue linksgrüne Regierung damit verhindert und jetzt toben die Medien von nah bis fern.

"Empörung bei den Linken", "Tabubruch", "unverzeihlich", "mit den Stimmen der Faschisten" und so weiter und so fort kann man das Wehklagen der Linken im ORF-Bericht lesen. Und auch, dass die Landeschefin der Linken dem frisch und vor allem demokratisch gewählten Ministerpräsidenten Kemmerich vor lauter Wut den für Ramelow gedachten Blumenstrauß vor die Füße auf den Boden warf. Natürlich verständlicherweise, denn wenn die AfD einem Nicht-Linken ins Amt verhilft, dann ist das ja ein Sakrileg!

Aber es ist nicht nur der ORF - überall toben jetzt die Mainstreammedien. Und vor allem sehr viele, teils preisgekrönte Journalisten lassen in der linken Twitter-Blase ihren Emotionen freien Lauf. Da ist Heulen und Zähneknirschen angesagt, ja richtiges Toben vor Wut. Georg Restle (Politmagazin "Monitor", ARD) phantasierte etwa gleich von Auschwitz und nationalsozialistischer Schreckensherrschaft.

Natürlich ist auch der heimische Alles-Kommentator und linke Alleswisser Robert Misik (früher Der Standard) mit von der Partie und gibt zum Besten: "FDP und CDU im Bett mit den Höcke-Faschisten. So schnell ist das angebliche Zentrum wieder im Jahr 1930 angekommen. Lasst Kramp-Karrenbauer und Co. damit nicht durchkommen. Das muss zu einer schweren Krise dieser beiden Parteien führen, von der sie sich hoffentlich nie erholen." Es schimpfen aber auch Dunja Hayali (ZDF), Hasnain Kazim (Der Spiegel), Isabelle Daniel (Österreich), Oliver Das Gupta (Süddeutsche) und selbstverständlich Jan Böhmermann (ZDF). Und viele andere.

Überhaupt wähnt man sich in der linken Medienwelt offenbar wieder kurz vor der adolfinischen Machtergreifung, nur weil ein Linker nicht wie erhofft Ministerpräsident geworden ist. Überall nur "Rechtsextreme", "Faschisten" und "Völkische". Eine gute Zusammenfassung der linksjournalistischen Trauerkundgebungen und Wutausbrüche findet sich hier.

Nur eine Frage drängt sich spontan auf: Wo ist da jetzt der viel beschworene Kampf des linken Mainstream-Journalismus für die Erhaltung der Demokratie? Oder ist es etwa keine Demokratie mehr, wenn ein Linker nicht gewählt wird?