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Niklas G. Salm (Ideologie: Sa, 01.02.2020, 16:59)
In der Kürze liegt die Würze - manchmal halt

Die ORF-Mitarbeiter sind reinste Tausendsassa und Alleskönner. Sie können Qualitätsjournalismus und unabhängige Berichterstattung, objektive Nachrichten und Detailrecherchen. Letzteres vor allem, wenn es darum geht, der bösen FPÖ eins auszuwischen. Wie etwa hier, wo der angeblich verfälschte Lebenslauf des blauen Casino-Aufregers Peter Sidlo lang und breit zerpflückt wird. Oder bei diversen Liederbüchern.

Weniger detailliert geht es in ORF-Berichten hingegen zu, wenn es unangenehm für linke Protagonisten werden könnte. Wie etwa in derselben Sidlo-Story, wenn die Rede dann auch auf den roten Ex-Casino-Vorstand Dietmar Hoscher kommt. Während Sidlo fünf Absätze lang zerpflückt wird, kommt man bei Hoscher mit nur zwei Absätzen aus. In denen dann berichtet wird, dass der "Standard" berichtet hat, dass da eh alles ordnungsgemäß abgelaufen ist.

Zitat: "So sei auch die Abgeltung von 108 Urlaubstagen von Ex-Casinos-Vorstand Dietmar Hoscher mit 651.207 Euro brutto (6.030 Euro pro Tag) rechtmäßig gewesen." Ja eh, 6030 Euro pro ausbezahltem Urlaubstag, wer wird da schon genauer nachfragen oder einen großen Aufstand machen? Genosse Hoscher hat das mit Sicherheit verdient, bei Roten oder GrünInnen gibt es schließlich nie irgendwelche Probleme mit mangelnden Qualifikationen.

Die Kunst der journalistischen Verknappung packen die Genossen von der Rundfunk-Kolchose aber erst so richtig aus, wenn es um für die grünen Idole unangenehme Angelegenheiten geht. Da werden die Berichte dann so kurz, dass sie fast nur noch Telegramm-Stil haben. Wie in dieser Kürzestmeldung. Da schafft es der ORF in ganzen sieben Sätzen gleich drei für die GrünInnen weniger prickelnde Sachverhalte unterzubringen.

Im ersten Absatz lässt man Vizekanzler Kogler in ganzen zwei Sätzen elegant das Thema Sicherungshaft umschiffen. Die Diskussion sei "völlig übertrieben" und es brauche nach Koglers Einschätzung auch keine Verfassungsänderung. Punkt, Ende, aus. Dass die Grünen immer strikt gegen so eine Präventivhaft waren - geschenkt. Kürzer geht es nicht mehr, außer man würde das Thema ganz verschweigen. Wenn man sich da im Vergleich dazu in Erinnerung ruft, was im ORF los war, nur weil der damalige Innenminister Kickl Anfang 2018 das Wort "konzentriert" gesagt hat - kein Vergleich.

Die bisherige Themendominanz der ÖVP in der neuen Koalition kann Kogler dann auf ganzen drei Zeilen als "Leuchtraketen" bezeichnen. Fertig, damit ist auch diese Sache journalistisch professionell abgehandelt. Und dann folgt der Oberknüller. Kogler darf den herrschenden "Amtsschimmel" beweinen, weil er selbst mit dem Leihauto zum Nachtslalom in Schladming anreisen musste.

Der Chauffeur durfte ein Leihauto nämlich laut Vorschrift offenbar nicht pilotieren. Aber der Clou kommt noch: Die im Ministerium sehr wohl vorhandenen Gefährte waren alles Elektroautos mit für eine Fahrt nach Schladming ungenügender Reichweite. Es darf gelacht werden! Denn sind es nicht die GrünInnen selbst, die ständig das Elektroauto propagieren? Und dann müssen sie zugeben, dass diese Gefährte außerhalb von Großstädten absolut nicht alltagstauglich sind? Die GrünInnen als Opfer der eigenen Ideologie - so hätte man das auch formulieren können. Oder zumindest nachfragen, ob das Elektroauto vielleicht doch keine so tolle Lösung ist.

Aber nicht im ORF, nicht auf orf.at. Vermutlich war auch kein Platz mehr in der dafür vorgesehenen Kurzmeldung. So gesehen elegant gelöst - drei für die neue Regierungspartei unangenehme Themenfelder in 15-16 Zeilen abgehandelt. Und niemand kann behaupten, der ORF würde nicht auch die Grünen zwischendurch kritisch betrachten. Oder grüne Unannehmlichkeiten zumindest nicht völlig totschweigen. Nur fast. Denn in der Kürze liegt die Würze - manchmal halt.