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Werner Reichel (Ideologie: Do, 06.02.2020, 15:31)
Wenn die Demokratie zum Problemfall wird

Deutschland befindet sich im politischen Ausnahmezustand. Es gibt nur ein Thema. Mit den Stimmen der AfD wurde in Thüringen FDP-Kandidat Thomas Kemmerich und nicht Bodo Ramelow von der Linken zum Ministerpräsidenten gewählt. Also ein Kandidat der Mitte und nicht einer vom äußeren linken Rand. Für echte Demokraten ein erfreuliches Ergebnis.

Im ORF ist man geschockt. Macht diese Geschichte zum Aufhänger des Ö1-Mittagsjournals. Der ORF berichtet wie alle deutschen Mainstreammedien. Dieser Vorgang sei ein unerhörter Skandal, ein Dammbruch, eine Zäsur etc. Die linken Meinungsmacher und -hüter empfinden es als unerträglich, wenn jemand von CDU, FDP und der AfD zum Ministerpräsidenten gewählt wird. Immerhin erwähnt die ORF-Korrespondentin in ihrer Analyse in einem Nebensatz, dass Thomas Kemmerich demokratisch gewählt worden sei. Und es folgt sofort das unvermeidliche Aber!

Genau das ist der Punkt. Hier gibt es kein Aber. So wenig wie in Deutschland denkt man auch beim ORF auch nur eine Sekunde darüber nach, wie sehr die nun nach Neuwahlen brüllenden Politiker, Experten und Journalisten die Demokratie und den Willen der Wähler missachten. Die AfD ist in Thüringen zweitstärkste Kraft und vertritt ein Viertel der Wähler. Sie ist eine demokratische Partei – andernfalls wäre sie schon verboten worden – , die sich den Zorn der politischen Mitbewerber vor allem aufgrund ihrer Haltung in der Migrationspolitik zugezogen hat.

Wie verzerrt die Sicht des ORF ist, zeigt, dass man zwar unhinterfragt die Position der linken Meinungsmacher übernimmt, dass diese demokratische Wahl, dieser korrekte Vorgang ein Skandal sei, gleichzeitig hinterfragt der ORF die Haltung der CDU kritisch, die den Linken Bodo Ramelow nicht zum Ministerpräsidenten machen wollte. Woher komme diese „Wut“ der CDU auf die Linke, fragt die Ö1-Moderatorin. Wer einen linksextremen Kandidaten aus politische Überzeugung nicht unterstützt, der ist wütend, sprich emotional bzw. irrational, jedenfalls nicht vernünftig. Diese „Wut“ ist im Gegensatz zu dem, was sich da in wenigen Stunden an Hass, Wut , Geifer und Verachtung über AfD und FDP ergossen hat, nur ein Mailüfterl.

Die Korrespondentin begründet das so: Die Linke gelte als die Nachfolgepartei der SED. Sie gilt nicht nur, die Linke hat in einem Gerichtsverfahren sogar größten Wert daraufgelegt, die Nachfolgerin der mörderischen SED zu sein. In „den Augen der CDU“ seien das „Linksextremisten“ so die ORF-Korrespondentin weiter. Dass die AfD rechtsextrem ist, steht für den ORF außer Zweifel, dass Die Linke linksextremistisch ist, ist hingegen nur die Sichtweise der CDU.

Der ORF ist politisch so weit nach links abgedriftet und begreift sich auch nicht mehr als Berichterstatter, sondern als politische Kraft, als medialer Arm der Linken, dass dieser Meinungsjournalismus, diese Propaganda längst zum Normalfall geworden sind. Das strahlt auch auf die anderen Medien und Journalisten im Land ab. Das Verständnis, das der ORF von Journalismus und Demokratie hat, ist weitaus bedenklicher als das, was gestern in Thüringen passiert ist.

PS: Der gewaltig Druck der Haltungspresse und der Schulterschluss der Linken in Politik, Medien, Kultur und Zivilgesellschaft hat Wirkung gezeigt: Die FDP hat  die Auflösung des Landtags und Neuwahlen beantragt.