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Kurt Ceipek (Monopol: Mi, 01.04.2020, 00:40)
Wie man dem armen ORF zu mehr Gebühren verhelfen könnte

Folgende Gespräche, Analysen und Zukunftspläne könnten dieser Tage bei einer hochrangig besetzten ORF-Strategiebesprechung in einem Sitzungssaal im ORF-Zentrum auf dem Wiener Küniglberg zu hören gewesen sein. Teilnehmer: Spitzenvertreter von ORF und Tochtergesellschaften. Dass viele Herren dabei vertreten waren, machte nichts. Irgendwelche Corona-bedingte Beschränkungen gelten nicht für den ORF, weil der ist ungeheuer wichtig und unverzichtbar für das Land und immun gegen Corona-Vorschriften.

Der Vorsitzende: „Liebe Kolleginnen und Kollegen – oh, keine Kollegin dabei – also geschätzte Genossen. Der ORF durchlebt soeben eine der erfolgreichsten Perioden seiner Unternehmensgeschichte. Die Einschaltquoten schlagen alle Rekorde, davon werden wir noch lange zehren können. Ein Jubeljahr!“

Ein anderer Hochrangiger: „Jawoll! Die Coronaepidemie oder -pandemie oder wie immer das heißt war das Beste was uns passieren konnte. Ein echter Glücksfall.“

Ein anderer: „Bei der Corona-Berichterstattung schlagen wir wirklich weltweit alle Rekorde. Wir bringen jedes Detail aus der ganzen Welt rund um die Uhr. Interviews bis zum Abwinken, Analysen dieser Interviews und Diskussionen über diese Analysen. Einfach Spitze.“

„Und wir haben das auch alles großartig inszeniert! Die Idee mit dem Quarantäne-Pfadfinderlager für die TV-Nachrichtenredaktion – einfach brillant! Das macht uns noch authentischer und noch wichtiger.“

Der Vorsitzende: „Das war wirklich ein genialer Schachzug. Wem ist das eingefallen?“

Mehrere Sitzungsteilnehmer zugleich: „Mir ...!“

Ein Skeptiker (nur halb- bis viertellaut): „Naja, Nachrichten und alles was dazugehört hätten wir vermutlich auch ohne die Isolationsshow zusammengebracht. Leute hätten wir ja genug dafür, selbst wenn der eine oder andere krank wird.“

Der Vorsitzende: „Kollegen, Genossen, der ORF als unentbehrliche Bewegung für Österreich hat jetzt dank Corona ordentlich Rückenwind. Das müssen wir nützen, um den ORF langfristig abzusichern und unser finanzielles Fundament weiter auszubauen. Unser Freund Dr. Petersil, Geschäftsführer unserer Tochtergesellschaft Gierschlund Zwangsgebühren GmbH, also der GISZ, hat dafür ein Konzept entwickeln lassen, das er uns jetzt kurz vorstellen wird. Dr. Petersil, bitte stell uns das Konzept kurz vor.“

Dr. Petersil: „Die GISZ startet jetzt eine Werbekampagne, die aufgrund der Covid19-Ausnahmesituation zusätzliche Relevanz bekommen hat. Das passt alles wunderbar. Ab sofort kommen in kurzen TV-Spots zur besten Sendezeit sechs Gebührenzahler, je drei Frauen und drei Männer, zu Wort, die von den ORF-Gebühren begeistert sind und auch alle übrigen Österreicher dafür begeistern wollen.“

„Und wie soll man ORF-Kunden für die Gebühren begeistern? Sind doch immerhin so um die 300 Euro im Jahr, die jeder zahlen muss. Das ist für Durchschnittsverdiener oder gar Kleinverdiener eine Menge Geld. Und nicht alle sind vom ORF-Programm begeistert.“

Dr. Petersil: „Die Werbeträger, ein 33-jähriger Sozialpädagoge, eine Fotografin und Krankenschwester, eine junge Steinmetzin aus dem Pongau, ein Landwirt und Laienschauspieler, eine 80-jährige Pensionistin und auch ein Beamter aus Wien sprechen über den persönlichen und zugleich gesellschaftlichen Mehrwert der Rundfunkgebühren, der besonders jetzt während der Corona-Krise in den Vordergrund rückt.“

„Und wie macht man das?“

Dr. Petersil (sehr begeistert von seiner anlaufenden Kampagne): „Leute aus dem Volk sagen den TV-Zusehern und den Radiohörern, warum die ORF-Gebühr so gut für die Österreicher und das gesamte Land und den hervorragenden Ruf des ORF in der ganzen Welt ist. Unterstützt wird das durch eine Serie von Plakaten und von Inseraten.“ 

„Und was ist die Kernbotschaft?“

Dr. Petersil: „Die Krankenschwester sagt in die Kamera: ,Ich bin für Sondersendungen jederzeit gerüstet‘ und sagt dann am Schluss ,Mein Beitrag zahlt sich aus!' Damit bestätigt sie das, was die Österreicher jeden Tag seit dem Beginn der Corona-Krise im ORF-TV, -Radio und online erleben. Das wird jetzt monatelang täglich getrommelt. “ 

Der Skeptiker: „Wozu ist eine Krankenschwester für Sondersendungen gerüstet?“

Dr. Petersil: „Damit soll ausgedrückt werden, dass der ORF IHR Medium ist und damit die Bevölkerung weiß, wie großartig und wichtig die ORF-Gebühren auch für sie selber sind. Diese für uns werbenden Mitbürgerinnen und Mitbürger drücken aus, welch enorme Verantwortung der unabhängige, objektive und großartige ORF für unser Land hat und wie wichtig öffentlich-rechtliche Qualität ist, die sie mit ihrem Beitrag ermöglichen. Nur bei uns im ORF gibt es keine Fake News, sondern die pure Wahrheit. Sie werden das jetzt monatelang immer wieder sehen und hören.“

Der Skeptiker: „Na, da werden die Gebührenzahler begeistert sein.“

Der Vorsitzende: „Und wie wird diese gigantische Werbekampagne finanziert?“

Dr. Petersil: „Menschen, die sich bis jetzt um die GIS-Gebühren gedrückt haben, werden sich begeistert bei der GISZ anmelden und zahlen. Damit finanzieren wir die Kampagne. Sind eh nur ein paar Millionen. Kann auch ein bissl mehr sein.“ 

Der Vorsitzende: „Wie heißt die Agentur?“

Dr. Petersil: „Donnerwetterblitz.“

Der Vorsitzende: „No, no, ma wird doch noch fragen dürfen.“

Dr. Petersil: „Nein, die heißen wirklich so. Und die sind ihr Geld wert.“

Der Vorsitzende: „Hoffentlich. Weil es sollten auch für den ORF noch ein paar zusätzliche Millionen herausschauen. Wie viele Gebührenzahler haben wir schon?“

Dr. Petersil: „Das sind knapp 3,4 Millionen, die uns jährlich mehr als 930 Millionen Euro in die Kasse sprudeln lassen. Aber der ORF bekommt davon nur ungefähr 610 Millionen. Den Rest kassieren Bund und Länder.“

Ein Mitdenker: „Kann man dieses Rest-Geld nicht in den ORF umlenken. Das muss doch gehen, wo wir jetzt so wichtig sind wie nie zuvor.“

Der Vorsitzende: „Bist deppert? Die paar Millionen für die Bundesländer san mehr wert als jede Lebensversicherung. Die Länder sind für das Überleben des ORF genau so wichtig wie die Roten und die Grünen.“

Eine weitere Führungskraft: „Trotzdem sollten wir unser Budget kräftig ausbauen. Unsere Personalkosten steigen seit Jahren exorbitant. Und bei den Werbeeinnahmen naschen die verdammten Privaten immer mehr mit.“

„Und wie soll das mit der Einnahmensteigerung gehen?“

„Es sind nur 3,4 Millionen ORF-Gebührenzahler. Aber Österreich hat bald neun Millionen Einwohner. Wie wär's, wenn wir die ORF-Gebühr nicht pro Haushalt, sondern pro Einwohner kassieren würden. Wenn in einem Haushalt zwei oder drei oder noch mehr Personen leben, dann schauen oder hören ja auch mehr Leute. Wir könnten dann die Gebühr um – sagen wir mal – 20 oder 25 Prozent reduzieren. Nur halt pro Person. Kinder unter zwei Jahren könnten wir ja von der Gebühr befreien.“

Ein Begeisterter: „Toll! Wir könnten dann in Presseaussendungen hinausposaunen, dass die ORF-Gebühr um ein Viertel reduziert wird.“

Der Vorsitzende: „Diese Idee sollten wir weiterverfolgen. Und zwar schnell. Ich könnte mir vorstellen, dass so etwas in der jetzigen Corona-Hysterie völlig untergehen würde. An die Arbeit!“