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Andreas Unterberger (Formate: Mi, 09.09.2020, 23:37)
Die Angst des Politikers vor der Fernsehkamera

Warum sind eigentlich Politiker immer so hasenfüßig, dass sie seit einiger Zeit ORF-Interviews immer mit dem unterwürfigen Satz beginnen (oder auch beenden): „Danke für die Einladung“? Das ist psychologisch so ziemlich das Dümmste, was man in diesem Moment sagen kann. Denn das bringt den Gast sofort in eine gebückte Underdog-Position, der sich wie vor einem Staatsanwalt von einem halbgebildeten ORF-Redakteur verhören lassen und wie bei der Vorladung zum Schuldirektor heftige Vorwürfe einstecken muss.

Wenn Politiker kein Selbstbewusstsein haben oder ausstrahlen, sind sie für die Zuhörer ganz automatisch schlechte Politiker, für die auch kein Wähler Respekt und damit eine Stimme haben wird.

Die Mode dieser dümmlichen Standardphrase stammt zweifellos von den Medientrainings, bei denen meist abgehalfterte ORF-Menschen viel Geld dafür bekommen, dass sie einem Politiker die Angst vor Fernsehauftritten nehmen sollen. Diese Trainer sind aber im Geist selbst immer Fernsehjournalisten geblieben. Und ein solcher hat es natürlich immer gerne, wenn er einen devoten Typen vor sich hat. Diese „Coaches“ trainieren Politikern daher fatalerweise das notwendige Selbstbewusstsein ab, statt an.

In Wahrheit kommen Politiker immer dann besser weg, wenn sie bereit sind, sofort zum Gegenangriff überzugehen, wenn sich ein Interviewer provozierend verhält. Wer Selbstachtung zeigt, wird auch von anderen geachtet. Warum etwa lässt es sich Außenminister Alexander Schallenberg gefallen, dass ihm der ORF-Linksaußen Armin Wolf gleich zweimal vorhält, „zynisch“ zu sein, weil Österreich nicht wieder die Tore für neue Migrantenströme öffnet? Warum trauen sich Interviewte nicht zu sagen: „Diese Frage ist aber wirklich Unsinn“?

Die einzigen Politiker, die das beherrscht haben, zählten zu den bedeutendsten Nachkriegspersönlichkeiten der österreichischen Politik: Bruno Kreisky, Jörg Haider, Wolfgang Schüssel und Sebastian Kurz (dieser zumindest in früheren Zeiten, als er sich etwa noch zu einer wenig hellen ORF-Dame sagen traute: „Sie haben doch selbst ein Hirn“, oder als er einem ORF-Interviewer noch vorhielt: „Das haben Sie nicht gebracht und das haben Sie nicht gebracht“; zuletzt scheint aber auch er in die Hände schlechter Ratgeber gefallen zu sein, die begonnen haben, ihm die Persönlichkeit abzutrainieren). 

Vielleicht sind die genannten Vier sogar deshalb in die Spitzenkategorie aufgestiegen, weil sie insbesondere auch durch ihre Interview-Auftritte das Wichtigste eines Politikers ausgestrahlt haben: Autorität. Und weil sie wissen, dass ein bestimmter Beruf noch viel unbeliebter ist als der des Politikers – nämlich der des Journalisten …