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Kurt Ceipek (Ideologie: Do, 07.04.2022, 22:25)
Gesinnungsjournalismus als Wurzel des Übels

Geneigter Leser und ORF-Kenner, verleihen Sie einmal Ihrer Phantasie Flügel und stellen sich folgendes vor: Der ORF-Generaldirektor gewährt dem Kurier oder der Presse oder den Salzburger Nachrichten ein Interview und übt deutliche Kritik am ORF-Programm und am journalistischen Personal des Medienriesen.

Der Senderchef wirft den Journalisten des von ihm geführten Senders vor, „Gesinnungsjournalismus“ zu betreiben und an bestimmten, besonders moralischen, Grundsätzen starr festzuhalten, an die diese Meinungsmacher unbeugsam glauben. Vor allem gelte das für jüngere Journalisten. Der General im Interview: „Wir haben dieses Problem erkannt und werden die Reform in Angriff nehmen. Gesinnung hat im Journalismus nichts zu suchen.“ Zu viele Journalisten seien für den Zuhörer zu leicht als Aktivisten ihrer Gesinnung zu erkennen, seien aber alles andere als objektiv.

Der Generaldirektor geht in dem Interview auch den Ursachen dieser Fehlentwicklung auf den Grund, die immer mehr der Gebührenzahler heftig missfällt. „Unser Beruf zieht viele Idealisten an, die mit ihrer Arbeit die Welt verbessern wollen." Es wäre nichts dagegen einzuwenden, die Welt zu verbessern, aber zu oft werde das Gegenteil erreicht und die Gesellschaft durch Gesinnungsjournalismus gespalten.

Journalisten eines öffentlich-rechtlichen Senders müssten ganz besonders auf Ausgewogenheit achten. Ein Grund dafür, warum diese Fähigkeit verloren gegangen zu sein scheint, liege darin, dass der Journalistenberuf für gut ausgebildete sogenannte Bürgerliche nicht mehr „hyperattraktiv“, aber für linksextreme Studienabsolventen der Journalistenberuf sehr begehr sei.

Ein solches Interview ist unvorstellbar?

Nicht ganz. Ein ganz ähnliches Interview hat die Chefin des führenden deutschen Medienriesen ARD, Patricia Schlesinger, der Wochenzeitung „Die Zeit“ gegeben. Dass diese Vorstellungen von Frau Schlesinger, linke Aktivisten zu ordentlichen Journalisten umzuformen, tatsächlich umsetzbar ist, muss man dennoch als höchst unwahrscheinlich einstufen.

In noch höherem Maße gilt das für Österreich. Man wird nie ein solches Interview mit einem ORF-Oberen in der Zeitung lesen. Dazu fehlt ORF-Chefs der Mut. Selbst bei dezenter Kritik am Gesinnungsjournalismus, den diese Leute gerne als „Haltungsjournalismus“ bezeichnen, würden Legionen von Redakteur-Aktivisten Barrikaden um den Küniglberg und das Funkhaus in der Argentinierstraße errichten, „Pressefreiheit“ und „Anschlag auf die Demokratie“ grölen und beweisen, dass im ORF stets das passiert, was die Seilschaften in den politischen Redaktionen wollen. Solange die Machtverhältnisse im ORF so verteilt sind, ist der zwangsgebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Medienriese nicht reformierbar.