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Kurt Ceipek (Öffentlich-rechtlich: Mo, 01.08.2022, 01:36)
Entlarvendes Interview mit ORF-General Roland Weißmann

Es war ein aufschlussreiches Interview, das der Kurier (31. Juli 2022, Seite 33) mit ORF-Generaldirektor Roland Weißmann führte. Und die Antworten des ORF-Führers machten deutlich, dass der ORF-Boss noch nicht durchschaut hat, was man den Zwangsgebührenzahlern, die Weißmann ja gerne als die „Eigentümer des ORF“ bezeichnet, noch zumuten kann und was nicht.

Deutlich wurde in dem Interview, dass der ORF ein alles dominierendes Hauptanliegen hat: den Ausbau der Machtfülle des von der Öffentlichkeit zwangsweise finanzierten öffentlich-rechtlichen Medienriesen. Dass diese Macht weiter an Gewicht gewinnen wird, dazu soll das umstrittene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes entscheidend beitragen, dass in Zukunft alle Lücken geschlossen werden sollen, durch die Leute entkommen könnten, die nicht ORF-Programme sehen wollen.

Weißmann: „Ich verstehe den Gesetzgeber so, dass, wenn der ORF weiter nachhaltig eine Rolle spielen und sein Publikum erreichen soll, man das geänderte Nutzungsverhalten berücksichtigen muss. Die Menschen streamen vermehrt, sie informieren sich zeit- und ortsunabhängig. Darauf wollen wir im ORF reagieren können.“

Damit meint der neue ORF-General aber nicht, dass Menschen, die den ORF nicht konsumieren, auch nicht bezahlen müssen, sondern das Gegenteil. Im Zeitalter von Netflix, Sky, Disney und anderer Anbieter von begehrten Programmen wäre ja für viele ein Abo-Modell die vernünftigste Variante, um die Kritik am ORF zum Schweigen zu bringen. Wer ORF sehen will, der bezahlt. Weißmann dazu lakonisch: „Eine Abo-Variante ist ungeeignet.“ Warum hat er in dem Interview nicht gesagt.

Natürlich bevorzugt man im ORF eine Haushaltsabgabe, der niemand entkommen kann, selbst wenn er oder sie vom ORF-Programm und der Politik-Berichterstattung zutiefst angewidert sind und grundsätzlich verweigert. Der Kurier-Interviewer wollte wissen, welche Pro-Argumente es für eine solche Haushaltsabgabe gebe. Weißmanns Antwort: „Es gibt sie in Deutschland und der Schweiz.“

Sorgen macht man sich in der ORF-Chefetage auf dem Wiener Küniglberg auch über die Inflation und die dadurch für den ORF steigenden Kosten. Weißmann dazu: „Der Unterschied zwischen ORF und manchen Unternehmen ist, dass der ORF die Teuerung ja nicht an seine Kunden weitergeben kann.“ Zuletzt ist das allerdings durch die achtprozentige Gebührenerhöhung ganz gut gelungen und die für die Zwangsgebührenzahler drohende Haushaltsabgabe wird das Einkommen des Milliardenunternehmens ORF voraussichtlich auch eher auffetten als schmälern. Was der General gerne herunterspielen möchte: „Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs bedeutet nicht mehr Geld für den ORF, sondern vor allem eine gesicherte Finanzierung für die Zukunft.“ Viele unzufriedene Betroffene dürften das eher als gefährliche Drohung auffassen.

Zwar wird seit jeher im ORF viel vom Sparen geredet, aber in der Praxis werden bestenfalls Gelder auf der einen Seite eingespart, um sie an anderer Stelle einzusetzen. Die Budgets haben ­– dank immer wieder steigender Zwangsgebühren und wachsender Werbeeinahmen – in den letzten Jahren zugenommen.

Nicht behandelt wurde in dem Interview die Frage, ob nicht eine Abschaffung der Rundfunk-Zwangsgebühr nach französischem Vorbild der zeitgemäße Weg im dritten Jahrzehnt des dritten Jahrtausends wäre. Schließlich ist der TV-Marktanteil des ORF in den letzten Jahren auf unter ein Drittel geschrumpft. Zugleich ist auch der Markt kleiner geworden, denn vor allem jüngere Österreicher sehen kaum noch fern und schon gar keine ORF-Programme und der Großteil der Zuwanderer nach Österreich hat absolut kein Interesse am ORF-Programm.

Als Kritik an den oft viele Grenzen sprengenden täglichen Twitter-Auftritten von ORF-Mitarbeitern wie Armin Wolf oder Stefan Kappacher könnte man als Leser des Interviews Weißmanns folgende Anmerkung verstehen: „Es ist heute nicht mehr trennbar zwischen einer privaten Meinungsäußerung und einer beruflichen. Auf Social Media verschwimmt das völlig.“ Beim ORF gebe es klar festgelegte Grenzen und wer die überschreitet, habe mit Konsequenzen zu rechnen. Um zur Entschärfung der Warnung festzuhalten: „Es ist keine weitere Verschärfung der Social-Media-Guidelines geplant.“ Das heißt, es wird sich gar nichts ändern.

Beunruhigend für ORF-Kunden, die sich eine ausgewogene Politik-Berichterstattung wünschen würden, in der nicht ausschließlich Vertreter bürgerlicher Parteien als Prügelknaben herhalten müssen, war auch Weißmanns Antwort auf die Frage, ob er als für die TV-Information verantwortlicher Ober-Chef nun „allmächtig“ sei. Die Antwort: „Keineswegs!“ Die Begründung war allerdings eher unbefriedigend: „Es gibt nun ein neues Redaktionsstatut, das die Rechte der Redakteurinnen und Redakteure massiv stärkt. Sie sind so unabhängig und frei, wie nie zuvor.“

Das wäre eine gute Nachricht, wenn es in den ORF-Redaktionen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen linken, neutralen und bürgerlich orientierten Journalisten gäbe. Das gibt es aber – wie man aus leidvoller Erfahrung weiß – seit vielen Jahren nicht mehr. Linke und linkslinke Journalisten regieren die Redaktionen und versuchen nicht einmal, ihre politische Orientierung zu verbergen. Da wäre ein Generaldirektor, der zur Ausgewogenheit mahnt, die bessere Variante als völlig entfesselte linke Aktivisten in den Nachrichten- und Magazin-Redaktionen.